Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Er achtete sie und hatte sie gern. Das kommt ja tausendfach bei Männern vor: die eheliche Verbindung ist bei ihnen eine andere Frage. Wolny las: "Besuchen Sie zuweilen mein Grab, so denken Sie, wenn sich ein Schmetterling auf eine der Blumen niederläßt, die hoffentlich noch auf ihm blühen werden, daß auch ich die bunten Farben des Lebens und den heitern Sonnenschein des Glücks nur darum geliebt habe, weil ich früh erkannte, wie flüchtig der Genuß aller Erdenfreuden ist! Gabriele Wolny." Wolny schrieb in der That nur einfach seinen Namen darunter, nachdem er einen Augenblick mit sich gekämpft hatte, ob er nicht sagen sollte: Nein, sie zweifelt sogar, ob sich an ihrem Grabe der Blumenschmuck erneuern wird? Ich sollte eigentlich - doch er unterließ den Protest gegen diese Voraussetzung, warf Streusand auf seine einfache Aufzeichnung und entließ Martha mit den Worten: Alles, was Ihre berechtigten Ansprüche auf Geld und Zeugnisse sind und was Sie sonst begehren dürfen, wird Herr Wehlisch besorgen. Gehe es Ihnen wohl auf Ihrer Lebensbahn! Martha wandte sich und ging. Das Hausgesinde gab ihr das Geleite bis an den Wagen. Jedermann dachte an einen Zusammenhang dieser plötzlichen Entfernung mit den Platzpatronen und dem Aufbrechen des Er achtete sie und hatte sie gern. Das kommt ja tausendfach bei Männern vor: die eheliche Verbindung ist bei ihnen eine andere Frage. Wolny las: „Besuchen Sie zuweilen mein Grab, so denken Sie, wenn sich ein Schmetterling auf eine der Blumen niederläßt, die hoffentlich noch auf ihm blühen werden, daß auch ich die bunten Farben des Lebens und den heitern Sonnenschein des Glücks nur darum geliebt habe, weil ich früh erkannte, wie flüchtig der Genuß aller Erdenfreuden ist! Gabriele Wolny.“ Wolny schrieb in der That nur einfach seinen Namen darunter, nachdem er einen Augenblick mit sich gekämpft hatte, ob er nicht sagen sollte: Nein, sie zweifelt sogar, ob sich an ihrem Grabe der Blumenschmuck erneuern wird? Ich sollte eigentlich – doch er unterließ den Protest gegen diese Voraussetzung, warf Streusand auf seine einfache Aufzeichnung und entließ Martha mit den Worten: Alles, was Ihre berechtigten Ansprüche auf Geld und Zeugnisse sind und was Sie sonst begehren dürfen, wird Herr Wehlisch besorgen. Gehe es Ihnen wohl auf Ihrer Lebensbahn! Martha wandte sich und ging. Das Hausgesinde gab ihr das Geleite bis an den Wagen. Jedermann dachte an einen Zusammenhang dieser plötzlichen Entfernung mit den Platzpatronen und dem Aufbrechen des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0034" n="28"/> Er achtete sie und hatte sie gern. Das kommt ja tausendfach bei Männern vor: die eheliche Verbindung ist bei ihnen eine andere Frage.</p> <p>Wolny las: „Besuchen Sie zuweilen mein Grab, so denken Sie, wenn sich ein Schmetterling auf eine der Blumen niederläßt, die hoffentlich noch auf ihm blühen werden, daß auch ich die bunten Farben des Lebens und den heitern Sonnenschein des Glücks nur darum geliebt habe, weil ich früh erkannte, wie flüchtig der Genuß aller Erdenfreuden ist! Gabriele Wolny.“</p> <p>Wolny schrieb in der That nur einfach seinen Namen darunter, nachdem er einen Augenblick mit sich gekämpft hatte, ob er nicht sagen sollte: Nein, sie zweifelt sogar, ob sich an ihrem Grabe der Blumenschmuck erneuern wird? Ich sollte eigentlich – doch er unterließ den Protest gegen diese Voraussetzung, warf Streusand auf seine einfache Aufzeichnung und entließ Martha mit den Worten: Alles, was Ihre berechtigten Ansprüche auf Geld und Zeugnisse sind und was Sie sonst begehren dürfen, wird Herr Wehlisch besorgen. Gehe es Ihnen wohl auf Ihrer Lebensbahn!</p> <p>Martha wandte sich und ging. Das Hausgesinde gab ihr das Geleite bis an den Wagen. Jedermann dachte an einen Zusammenhang dieser plötzlichen Entfernung mit den Platzpatronen und dem Aufbrechen des </p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0034]
Er achtete sie und hatte sie gern. Das kommt ja tausendfach bei Männern vor: die eheliche Verbindung ist bei ihnen eine andere Frage.
Wolny las: „Besuchen Sie zuweilen mein Grab, so denken Sie, wenn sich ein Schmetterling auf eine der Blumen niederläßt, die hoffentlich noch auf ihm blühen werden, daß auch ich die bunten Farben des Lebens und den heitern Sonnenschein des Glücks nur darum geliebt habe, weil ich früh erkannte, wie flüchtig der Genuß aller Erdenfreuden ist! Gabriele Wolny.“
Wolny schrieb in der That nur einfach seinen Namen darunter, nachdem er einen Augenblick mit sich gekämpft hatte, ob er nicht sagen sollte: Nein, sie zweifelt sogar, ob sich an ihrem Grabe der Blumenschmuck erneuern wird? Ich sollte eigentlich – doch er unterließ den Protest gegen diese Voraussetzung, warf Streusand auf seine einfache Aufzeichnung und entließ Martha mit den Worten: Alles, was Ihre berechtigten Ansprüche auf Geld und Zeugnisse sind und was Sie sonst begehren dürfen, wird Herr Wehlisch besorgen. Gehe es Ihnen wohl auf Ihrer Lebensbahn!
Martha wandte sich und ging. Das Hausgesinde gab ihr das Geleite bis an den Wagen. Jedermann dachte an einen Zusammenhang dieser plötzlichen Entfernung mit den Platzpatronen und dem Aufbrechen des
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/34>, abgerufen am 16.02.2025. |