Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.nimmt Theil daran! Tausende verschlingt der elende Verkauf, den jenes Weib mit ihren Reizen anstellt! Wenn die trauernde alte Gräfin diese Frevel eines unwürdigen Erben erführe -! Wolny brach in den Ausdruck der schmerzlichsten Entrüstung aus. Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen. O daß diese große Stadt, rief er wehklagend, ein so jammervolles System befolgt, die weibliche Preisgebung nicht einzupferchen in die entlegensten Gassen und Häuser, sondern sie frei am Tage vor aller Welt, mitten unter den Behausungen der Tugend und Unschuld wohnen zu lassen! Daher diese Frechheit ihrer Umtriebe! Daher diese Lügen, daß sie diesen oder jenen Mann kenne! Mit ihm Verkehr gepflogen hätte! Daher das namenlose Unglück, das sie in die Familien bringt! Wo ist da der Spaziergang eines Mannes in den Straßen, auf einsamer Promenade, das Betreten eines Hauses noch sicher und harmlos? Immer größer wächst die Schrankenlosigkeit dieser Geschöpfe und zieht durch Rache, wenn man sie ignorirt, wenn die Tochter eines Vaters vielleicht ihre Nähe an einem Vergnügungsorte lästig findet, unbescholtene Namen in's Verderben! Denn unsere Stadt ist kleinlich durch und durch! Alle ihre Verhältnisse sind auf ein stetes Sehen in die Fenster der Nachbarn gerichtet! Mich ruft die Arbeit! schloß er endlich zornig. nimmt Theil daran! Tausende verschlingt der elende Verkauf, den jenes Weib mit ihren Reizen anstellt! Wenn die trauernde alte Gräfin diese Frevel eines unwürdigen Erben erführe –! Wolny brach in den Ausdruck der schmerzlichsten Entrüstung aus. Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen. O daß diese große Stadt, rief er wehklagend, ein so jammervolles System befolgt, die weibliche Preisgebung nicht einzupferchen in die entlegensten Gassen und Häuser, sondern sie frei am Tage vor aller Welt, mitten unter den Behausungen der Tugend und Unschuld wohnen zu lassen! Daher diese Frechheit ihrer Umtriebe! Daher diese Lügen, daß sie diesen oder jenen Mann kenne! Mit ihm Verkehr gepflogen hätte! Daher das namenlose Unglück, das sie in die Familien bringt! Wo ist da der Spaziergang eines Mannes in den Straßen, auf einsamer Promenade, das Betreten eines Hauses noch sicher und harmlos? Immer größer wächst die Schrankenlosigkeit dieser Geschöpfe und zieht durch Rache, wenn man sie ignorirt, wenn die Tochter eines Vaters vielleicht ihre Nähe an einem Vergnügungsorte lästig findet, unbescholtene Namen in’s Verderben! Denn unsere Stadt ist kleinlich durch und durch! Alle ihre Verhältnisse sind auf ein stetes Sehen in die Fenster der Nachbarn gerichtet! Mich ruft die Arbeit! schloß er endlich zornig. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0029" n="23"/> nimmt Theil daran! Tausende verschlingt der elende Verkauf, den jenes Weib mit ihren Reizen anstellt! Wenn die trauernde alte Gräfin diese Frevel eines unwürdigen Erben erführe –!</p> <p>Wolny brach in den Ausdruck der schmerzlichsten Entrüstung aus. Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen. O daß diese große Stadt, rief er wehklagend, ein so jammervolles System befolgt, <ref xml:id="TEXTdieweiblicheBISUnschuld" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLdieweiblicheBISUnschuld">die weibliche Preisgebung nicht einzupferchen in die entlegensten Gassen und Häuser, sondern sie frei am Tage vor aller Welt, mitten unter den Behausungen der Tugend und Unschuld</ref> wohnen zu lassen! Daher diese Frechheit ihrer Umtriebe! Daher diese Lügen, daß sie diesen oder jenen Mann kenne! Mit ihm Verkehr gepflogen hätte! Daher das namenlose Unglück, das sie in die Familien bringt! Wo ist da der Spaziergang eines Mannes in den Straßen, auf einsamer Promenade, das Betreten eines Hauses noch sicher und harmlos? Immer größer wächst die Schrankenlosigkeit dieser Geschöpfe und zieht durch Rache, wenn man sie ignorirt, wenn die Tochter eines Vaters vielleicht ihre Nähe an einem Vergnügungsorte lästig findet, unbescholtene Namen in’s Verderben! Denn unsere Stadt ist kleinlich durch und durch! Alle ihre Verhältnisse sind auf ein stetes Sehen in die Fenster der Nachbarn gerichtet! Mich ruft die Arbeit! schloß er endlich zornig. </p> </div> </body> </text> </TEI> [23/0029]
nimmt Theil daran! Tausende verschlingt der elende Verkauf, den jenes Weib mit ihren Reizen anstellt! Wenn die trauernde alte Gräfin diese Frevel eines unwürdigen Erben erführe –!
Wolny brach in den Ausdruck der schmerzlichsten Entrüstung aus. Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen. O daß diese große Stadt, rief er wehklagend, ein so jammervolles System befolgt, die weibliche Preisgebung nicht einzupferchen in die entlegensten Gassen und Häuser, sondern sie frei am Tage vor aller Welt, mitten unter den Behausungen der Tugend und Unschuld wohnen zu lassen! Daher diese Frechheit ihrer Umtriebe! Daher diese Lügen, daß sie diesen oder jenen Mann kenne! Mit ihm Verkehr gepflogen hätte! Daher das namenlose Unglück, das sie in die Familien bringt! Wo ist da der Spaziergang eines Mannes in den Straßen, auf einsamer Promenade, das Betreten eines Hauses noch sicher und harmlos? Immer größer wächst die Schrankenlosigkeit dieser Geschöpfe und zieht durch Rache, wenn man sie ignorirt, wenn die Tochter eines Vaters vielleicht ihre Nähe an einem Vergnügungsorte lästig findet, unbescholtene Namen in’s Verderben! Denn unsere Stadt ist kleinlich durch und durch! Alle ihre Verhältnisse sind auf ein stetes Sehen in die Fenster der Nachbarn gerichtet! Mich ruft die Arbeit! schloß er endlich zornig.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/29>, abgerufen am 16.02.2025. |