Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Der Fürst nahm die Erklärung für einen Schreckschuß, war aber doch so wenig entschlossen, Edwina, wenn auch unter dem Titel einer Baronin, zu seiner Fürstin zu machen, daß ihm vielleicht in der verheiratheten und natürlich in der Koketterie sich vollkommen gleich bleibenden Edwina neue Perspectiven des Vertändelns seiner Zeit aufgingen. Ich bin überrascht - sagte er vorläufig kühl. Anfangs schwieg Edwina, stützte den Kopf mit lauernd seitwärts gerichteten Augen auf die Lehne des Sophas, dann sprang sie auf und rief: Wie? Das empört Sie nicht? Nun habe ich es satt mit Ihnen! Ihre Indolenz ist unerträglich! Aber Sie wissen ja, Angebetete, stotterte der Fürst, der nun das Ungewitter und die Analyse seines Charakters sah, was mich verhindert, mich zum Beneidenswerthesten der Sterblichen zu machen! Denn nach Allem, was die Welt doch versichert, sind Sie - erlauben Sie - erstens (er dämpfte die Stimme) die natürliche Tochter des Grafen Wilhelm von Treuenfels -! Wer sagt das? rief sie. Ich bin die Tochter des Geometers Marloff -! Die Ausflüchte sind unerträglich! Aber Sie werden doch gestehen - versuchte der Verzweifelnde, der das ihm schreckliche Wort von seiner Der Fürst nahm die Erklärung für einen Schreckschuß, war aber doch so wenig entschlossen, Edwina, wenn auch unter dem Titel einer Baronin, zu seiner Fürstin zu machen, daß ihm vielleicht in der verheiratheten und natürlich in der Koketterie sich vollkommen gleich bleibenden Edwina neue Perspectiven des Vertändelns seiner Zeit aufgingen. Ich bin überrascht – sagte er vorläufig kühl. Anfangs schwieg Edwina, stützte den Kopf mit lauernd seitwärts gerichteten Augen auf die Lehne des Sophas, dann sprang sie auf und rief: Wie? Das empört Sie nicht? Nun habe ich es satt mit Ihnen! Ihre Indolenz ist unerträglich! Aber Sie wissen ja, Angebetete, stotterte der Fürst, der nun das Ungewitter und die Analyse seines Charakters sah, was mich verhindert, mich zum Beneidenswerthesten der Sterblichen zu machen! Denn nach Allem, was die Welt doch versichert, sind Sie – erlauben Sie – erstens (er dämpfte die Stimme) die natürliche Tochter des Grafen Wilhelm von Treuenfels –! Wer sagt das? rief sie. Ich bin die Tochter des Geometers Marloff –! Die Ausflüchte sind unerträglich! Aber Sie werden doch gestehen – versuchte der Verzweifelnde, der das ihm schreckliche Wort von seiner <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0245" n="239"/> <p> Der Fürst nahm die Erklärung für einen Schreckschuß, war aber doch so wenig entschlossen, Edwina, wenn auch unter dem Titel einer Baronin, zu seiner Fürstin zu machen, daß ihm vielleicht in der verheiratheten und natürlich in der Koketterie sich vollkommen gleich bleibenden Edwina neue Perspectiven des Vertändelns seiner Zeit aufgingen.</p> <p>Ich bin überrascht – sagte er vorläufig kühl.</p> <p>Anfangs schwieg Edwina, stützte den Kopf mit lauernd seitwärts gerichteten Augen auf die Lehne des Sophas, dann sprang sie auf und rief: Wie? Das empört Sie nicht? Nun habe ich es satt mit Ihnen! Ihre Indolenz ist unerträglich!</p> <p>Aber Sie wissen ja, Angebetete, stotterte der Fürst, der nun das Ungewitter und die Analyse seines Charakters sah, was mich verhindert, mich zum Beneidenswerthesten der Sterblichen zu machen! Denn nach Allem, was die Welt doch versichert, sind Sie – erlauben Sie – erstens (er dämpfte die Stimme) die natürliche Tochter des Grafen Wilhelm von Treuenfels –!</p> <p>Wer sagt das? rief sie. Ich bin die Tochter des Geometers Marloff –! Die Ausflüchte sind unerträglich!</p> <p>Aber Sie werden doch gestehen – versuchte der Verzweifelnde, der das ihm schreckliche Wort von seiner </p> </div> </body> </text> </TEI> [239/0245]
Der Fürst nahm die Erklärung für einen Schreckschuß, war aber doch so wenig entschlossen, Edwina, wenn auch unter dem Titel einer Baronin, zu seiner Fürstin zu machen, daß ihm vielleicht in der verheiratheten und natürlich in der Koketterie sich vollkommen gleich bleibenden Edwina neue Perspectiven des Vertändelns seiner Zeit aufgingen.
Ich bin überrascht – sagte er vorläufig kühl.
Anfangs schwieg Edwina, stützte den Kopf mit lauernd seitwärts gerichteten Augen auf die Lehne des Sophas, dann sprang sie auf und rief: Wie? Das empört Sie nicht? Nun habe ich es satt mit Ihnen! Ihre Indolenz ist unerträglich!
Aber Sie wissen ja, Angebetete, stotterte der Fürst, der nun das Ungewitter und die Analyse seines Charakters sah, was mich verhindert, mich zum Beneidenswerthesten der Sterblichen zu machen! Denn nach Allem, was die Welt doch versichert, sind Sie – erlauben Sie – erstens (er dämpfte die Stimme) die natürliche Tochter des Grafen Wilhelm von Treuenfels –!
Wer sagt das? rief sie. Ich bin die Tochter des Geometers Marloff –! Die Ausflüchte sind unerträglich!
Aber Sie werden doch gestehen – versuchte der Verzweifelnde, der das ihm schreckliche Wort von seiner
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/245>, abgerufen am 16.02.2025. |