Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Hatte Ottomar auch die Erinnerung an die ungarische Baronin erschüttert, an Edwinas offenbar ersichtliche Weigerung, sich wieder mit ihr in Verbindung zu setzen, so traten diese Bilder doch allmälig in seiner Phantasie zurück und Alles um ihn her rief wieder Ada! Ada! Der Kirchthurm im Halbmondlichte, der ausgediente Friedhof mitten in der Stadt, umgeben von hohen Gebäuden, ein Sängerchor, der noch seine Lieder sang, - ach! er verwünschte den abscheulichen weißen Frankenwein, der ihm zu Kopf gestiegen war. Als er seine Wohnung erreicht hatte, fand er zwei Briefe, deren Inhalt in erschreckender Weise auf ein Betreten von gefahrvollen schwindelerregenden Lebenswegen ging. Der Eine kam vom Grafen Treuenfels. Theils enthielt er für Ottomar die Ueberraschung, daß die alte Gräfin-Wittwe, die seit einiger Zeit angefangen hatte, öfters das Atelier seines Vaters zu besuchen, ein allmälig offen ausgesprochenes fast dringliches Interesse an seiner Schwester nahm. Sie hatte dasselbe durch Helenens Krankheit so weit sich steigern lassen, daß die gute Matrone, die Helenen immer noch kränkelnd fand, von ihr ausdrücklich die Begleitung nach Hochlinden, wohin sie jetzt reisen wollte, verlangte! Und in der That, der zweite Brief, der von Ottomars Vater geschrieben war, sprach von einem langen, aber zur Ueberwindung Hatte Ottomar auch die Erinnerung an die ungarische Baronin erschüttert, an Edwinas offenbar ersichtliche Weigerung, sich wieder mit ihr in Verbindung zu setzen, so traten diese Bilder doch allmälig in seiner Phantasie zurück und Alles um ihn her rief wieder Ada! Ada! Der Kirchthurm im Halbmondlichte, der ausgediente Friedhof mitten in der Stadt, umgeben von hohen Gebäuden, ein Sängerchor, der noch seine Lieder sang, – ach! er verwünschte den abscheulichen weißen Frankenwein, der ihm zu Kopf gestiegen war. Als er seine Wohnung erreicht hatte, fand er zwei Briefe, deren Inhalt in erschreckender Weise auf ein Betreten von gefahrvollen schwindelerregenden Lebenswegen ging. Der Eine kam vom Grafen Treuenfels. Theils enthielt er für Ottomar die Ueberraschung, daß die alte Gräfin-Wittwe, die seit einiger Zeit angefangen hatte, öfters das Atelier seines Vaters zu besuchen, ein allmälig offen ausgesprochenes fast dringliches Interesse an seiner Schwester nahm. Sie hatte dasselbe durch Helenens Krankheit so weit sich steigern lassen, daß die gute Matrone, die Helenen immer noch kränkelnd fand, von ihr ausdrücklich die Begleitung nach Hochlinden, wohin sie jetzt reisen wollte, verlangte! Und in der That, der zweite Brief, der von Ottomars Vater geschrieben war, sprach von einem langen, aber zur Ueberwindung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0189" n="183"/> <p> Hatte Ottomar auch die Erinnerung an die ungarische Baronin erschüttert, an Edwinas offenbar ersichtliche Weigerung, sich wieder mit ihr in Verbindung zu setzen, so traten diese Bilder doch allmälig in seiner Phantasie zurück und Alles um ihn her rief wieder Ada! Ada!</p> <p>Der Kirchthurm im Halbmondlichte, der ausgediente Friedhof mitten in der Stadt, umgeben von hohen Gebäuden, ein Sängerchor, der noch seine Lieder sang, – ach! er verwünschte den abscheulichen <ref xml:id="TEXTweissenFrankenwein" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERL">weißen Frankenwein</ref>, der ihm zu Kopf gestiegen war. Als er seine Wohnung erreicht hatte, fand er zwei Briefe, deren Inhalt in erschreckender Weise auf ein Betreten von gefahrvollen schwindelerregenden Lebenswegen ging.</p> <p>Der Eine kam vom Grafen Treuenfels. Theils enthielt er für Ottomar die Ueberraschung, daß die alte Gräfin-Wittwe, die seit einiger Zeit angefangen hatte, öfters das Atelier seines Vaters zu besuchen, ein allmälig offen ausgesprochenes fast dringliches Interesse an seiner Schwester nahm. Sie hatte dasselbe durch Helenens Krankheit so weit sich steigern lassen, daß die gute Matrone, die Helenen immer noch kränkelnd fand, von ihr ausdrücklich die Begleitung nach Hochlinden, wohin sie jetzt reisen wollte, verlangte! Und in der That, der zweite Brief, der von Ottomars Vater geschrieben war, sprach von einem langen, aber zur Ueberwindung </p> </div> </body> </text> </TEI> [183/0189]
Hatte Ottomar auch die Erinnerung an die ungarische Baronin erschüttert, an Edwinas offenbar ersichtliche Weigerung, sich wieder mit ihr in Verbindung zu setzen, so traten diese Bilder doch allmälig in seiner Phantasie zurück und Alles um ihn her rief wieder Ada! Ada!
Der Kirchthurm im Halbmondlichte, der ausgediente Friedhof mitten in der Stadt, umgeben von hohen Gebäuden, ein Sängerchor, der noch seine Lieder sang, – ach! er verwünschte den abscheulichen weißen Frankenwein, der ihm zu Kopf gestiegen war. Als er seine Wohnung erreicht hatte, fand er zwei Briefe, deren Inhalt in erschreckender Weise auf ein Betreten von gefahrvollen schwindelerregenden Lebenswegen ging.
Der Eine kam vom Grafen Treuenfels. Theils enthielt er für Ottomar die Ueberraschung, daß die alte Gräfin-Wittwe, die seit einiger Zeit angefangen hatte, öfters das Atelier seines Vaters zu besuchen, ein allmälig offen ausgesprochenes fast dringliches Interesse an seiner Schwester nahm. Sie hatte dasselbe durch Helenens Krankheit so weit sich steigern lassen, daß die gute Matrone, die Helenen immer noch kränkelnd fand, von ihr ausdrücklich die Begleitung nach Hochlinden, wohin sie jetzt reisen wollte, verlangte! Und in der That, der zweite Brief, der von Ottomars Vater geschrieben war, sprach von einem langen, aber zur Ueberwindung
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-02-19T12:40:43Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-02-19T12:40:43Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-2<a>)
(2014-02-19T12:40:43Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |