Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Sie, Althing, verlassen Sie mich nicht! hauchte Dieterici wie ein Sterbender. Wenn Frau Marloff diese Scene erfährt, erliege ich dem Gelächter der Welt! Und wissen Sie, Freund, das Wohl der arbeitenden Klassen, Ihr unseliger Damen-Verein hat mir das angethan, daß ich milde von der Sache dachte. Aber wo ich hinsehe, tanzen vor meiner Phantasie die von unserem Verein Empfohlenen! Ich sehe nichts, als Unglückliche in Theatergarderobe! Die Beamtenwittwe, die gestern weinte, da schwingt sie sich im Walzer dahin! Der Blinde mit dem grünen Schirm - er hat eine Brille auf der Nase und silberne Knöpfe am Frack! Es ist ein Heuchler - das Elend ist Verstellung -! Sie sind krank, Bester! unterbrach Ottomar mit wirklicher Besorgniß. Sie überreizen Ihre Phantasie! Sie konnten das ja Alles voraussehen! Ich muß die Wohnung kündigen, ächzte Dieterici. Sie zieht mich abwärts! Ich ziehe zur Marloff! Ich erobere sie mit meinen Sonetten! Ich steche den Prinzen aus. Gott sei Dank! lachte Ottomar. So bekommen Sie doch wieder etwas Humor! Das ist ein Geizhals! sagte Josefa, die von einem Tanze mit einem der stürmischsten Agitatoren ausruhte. Der giebt keinen Kreuzer Trinkgeld; ich habe noch nicht einen Thaler von ihm besehen! Nur Noten schenkt er, Sie, Althing, verlassen Sie mich nicht! hauchte Dieterici wie ein Sterbender. Wenn Frau Marloff diese Scene erfährt, erliege ich dem Gelächter der Welt! Und wissen Sie, Freund, das Wohl der arbeitenden Klassen, Ihr unseliger Damen-Verein hat mir das angethan, daß ich milde von der Sache dachte. Aber wo ich hinsehe, tanzen vor meiner Phantasie die von unserem Verein Empfohlenen! Ich sehe nichts, als Unglückliche in Theatergarderobe! Die Beamtenwittwe, die gestern weinte, da schwingt sie sich im Walzer dahin! Der Blinde mit dem grünen Schirm – er hat eine Brille auf der Nase und silberne Knöpfe am Frack! Es ist ein Heuchler – das Elend ist Verstellung –! Sie sind krank, Bester! unterbrach Ottomar mit wirklicher Besorgniß. Sie überreizen Ihre Phantasie! Sie konnten das ja Alles voraussehen! Ich muß die Wohnung kündigen, ächzte Dieterici. Sie zieht mich abwärts! Ich ziehe zur Marloff! Ich erobere sie mit meinen Sonetten! Ich steche den Prinzen aus. Gott sei Dank! lachte Ottomar. So bekommen Sie doch wieder etwas Humor! Das ist ein Geizhals! sagte Josefa, die von einem Tanze mit einem der stürmischsten Agitatoren ausruhte. Der giebt keinen Kreuzer Trinkgeld; ich habe noch nicht einen Thaler von ihm besehen! Nur Noten schenkt er, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0184" n="178"/> Sie, Althing, verlassen Sie mich nicht! hauchte Dieterici wie ein Sterbender. Wenn Frau Marloff diese Scene erfährt, erliege ich dem Gelächter der Welt! Und wissen Sie, Freund, das Wohl der arbeitenden Klassen, Ihr unseliger Damen-Verein hat mir das angethan, daß ich milde von der Sache dachte. Aber wo ich hinsehe, tanzen vor meiner Phantasie die von unserem Verein Empfohlenen! Ich sehe nichts, als Unglückliche in Theatergarderobe! Die Beamtenwittwe, die gestern weinte, da schwingt sie sich im Walzer dahin! Der Blinde mit dem grünen Schirm – er hat eine Brille auf der Nase und silberne Knöpfe am Frack! Es ist ein Heuchler – das Elend ist Verstellung –!</p> <p>Sie sind krank, Bester! unterbrach Ottomar mit wirklicher Besorgniß. Sie überreizen Ihre Phantasie! Sie konnten das ja Alles voraussehen!</p> <p>Ich muß die Wohnung kündigen, ächzte Dieterici. Sie zieht mich abwärts! Ich ziehe zur Marloff! Ich erobere sie mit meinen Sonetten! Ich steche den Prinzen aus.</p> <p>Gott sei Dank! lachte Ottomar. So bekommen Sie doch wieder etwas Humor!</p> <p>Das ist ein Geizhals! sagte Josefa, die von einem Tanze mit einem der stürmischsten Agitatoren ausruhte. Der giebt keinen Kreuzer Trinkgeld; ich habe noch nicht einen Thaler von ihm besehen! Nur Noten schenkt er, </p> </div> </body> </text> </TEI> [178/0184]
Sie, Althing, verlassen Sie mich nicht! hauchte Dieterici wie ein Sterbender. Wenn Frau Marloff diese Scene erfährt, erliege ich dem Gelächter der Welt! Und wissen Sie, Freund, das Wohl der arbeitenden Klassen, Ihr unseliger Damen-Verein hat mir das angethan, daß ich milde von der Sache dachte. Aber wo ich hinsehe, tanzen vor meiner Phantasie die von unserem Verein Empfohlenen! Ich sehe nichts, als Unglückliche in Theatergarderobe! Die Beamtenwittwe, die gestern weinte, da schwingt sie sich im Walzer dahin! Der Blinde mit dem grünen Schirm – er hat eine Brille auf der Nase und silberne Knöpfe am Frack! Es ist ein Heuchler – das Elend ist Verstellung –!
Sie sind krank, Bester! unterbrach Ottomar mit wirklicher Besorgniß. Sie überreizen Ihre Phantasie! Sie konnten das ja Alles voraussehen!
Ich muß die Wohnung kündigen, ächzte Dieterici. Sie zieht mich abwärts! Ich ziehe zur Marloff! Ich erobere sie mit meinen Sonetten! Ich steche den Prinzen aus.
Gott sei Dank! lachte Ottomar. So bekommen Sie doch wieder etwas Humor!
Das ist ein Geizhals! sagte Josefa, die von einem Tanze mit einem der stürmischsten Agitatoren ausruhte. Der giebt keinen Kreuzer Trinkgeld; ich habe noch nicht einen Thaler von ihm besehen! Nur Noten schenkt er,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/184 |
Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/184>, abgerufen am 23.07.2024. |