Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Da schieden denn freilich beide seltsam Verbundenen mit einem unaufgelösten Accord, aber doch mit einem aufrichtigen Handdruck von Seiten Ottomars. Der hagere Mann, dessen Gesichtszüge schon dadurch würden gezeichnet gewesen sein, daß er gewohnt war, oft in Sturm und Wetter zu arbeiten, hatte gewissermaßen zum Grafen Udo gesprochen. Beide, der schwarzsehende Vater und der Abgesandte des Grafen hatten jeder seinen Weg nach entgegengesetzten Richtungen. Ottomar versprach, sich wieder bei ihm einzufinden, und inzwischen dem "Fortsetzung folgt" des Märchens der gräflichen Erziehung durch ein Schachbrett, durch die Cigarre, durch die Plaudereien in französischer Sprache über Kunst und Alterthum nachzudenken - Vergessen Sie die Küche nicht! Edwina versteht sich darauf! Der Graf nahm jeden Abend dort sein Souper - Und trank dazu Ungarwein -? rief Ottomar aus voller Brust in einem Ton, der die Voraussetzungen der Reinheit eines solchen Verhältnisses wieder bezweifelte, ihm nach. Der Alte hatte sich zum Gehen gewendet und hörte nicht mehr. Beide trennte die Nacht, des uralten Chaos sternenschleierverhüllte Tochter. Alles blieb still. Da schieden denn freilich beide seltsam Verbundenen mit einem unaufgelösten Accord, aber doch mit einem aufrichtigen Handdruck von Seiten Ottomars. Der hagere Mann, dessen Gesichtszüge schon dadurch würden gezeichnet gewesen sein, daß er gewohnt war, oft in Sturm und Wetter zu arbeiten, hatte gewissermaßen zum Grafen Udo gesprochen. Beide, der schwarzsehende Vater und der Abgesandte des Grafen hatten jeder seinen Weg nach entgegengesetzten Richtungen. Ottomar versprach, sich wieder bei ihm einzufinden, und inzwischen dem „Fortsetzung folgt“ des Märchens der gräflichen Erziehung durch ein Schachbrett, durch die Cigarre, durch die Plaudereien in französischer Sprache über Kunst und Alterthum nachzudenken – Vergessen Sie die Küche nicht! Edwina versteht sich darauf! Der Graf nahm jeden Abend dort sein Souper – Und trank dazu Ungarwein –? rief Ottomar aus voller Brust in einem Ton, der die Voraussetzungen der Reinheit eines solchen Verhältnisses wieder bezweifelte, ihm nach. Der Alte hatte sich zum Gehen gewendet und hörte nicht mehr. Beide trennte die Nacht, des uralten Chaos sternenschleierverhüllte Tochter. Alles blieb still. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0018" n="12"/> Da schieden denn freilich beide seltsam Verbundenen mit einem unaufgelösten Accord, aber doch mit einem aufrichtigen Handdruck von Seiten Ottomars. Der hagere Mann, dessen Gesichtszüge schon dadurch würden gezeichnet gewesen sein, daß er gewohnt war, oft in Sturm und Wetter zu arbeiten, hatte gewissermaßen zum Grafen Udo gesprochen.</p> <p>Beide, der schwarzsehende Vater und der Abgesandte des Grafen hatten jeder seinen Weg nach entgegengesetzten Richtungen. Ottomar versprach, sich wieder bei ihm einzufinden, und inzwischen dem „Fortsetzung folgt“ des Märchens der gräflichen Erziehung durch ein Schachbrett, durch die Cigarre, durch die Plaudereien in französischer Sprache über Kunst und Alterthum nachzudenken –</p> <p>Vergessen Sie die Küche nicht! Edwina versteht sich darauf! Der Graf nahm jeden Abend dort sein Souper –</p> <p>Und trank dazu Ungarwein –? rief Ottomar aus voller Brust in einem Ton, der die Voraussetzungen der Reinheit eines solchen Verhältnisses wieder bezweifelte, ihm nach.</p> <p>Der Alte hatte sich zum Gehen gewendet und hörte nicht mehr. Beide trennte <ref xml:id="TEXTdieNachtBISTochter" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLdieNachtBISTochter">die Nacht, des uralten Chaos sternenschleierverhüllte Tochter</ref>. Alles blieb still.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [12/0018]
Da schieden denn freilich beide seltsam Verbundenen mit einem unaufgelösten Accord, aber doch mit einem aufrichtigen Handdruck von Seiten Ottomars. Der hagere Mann, dessen Gesichtszüge schon dadurch würden gezeichnet gewesen sein, daß er gewohnt war, oft in Sturm und Wetter zu arbeiten, hatte gewissermaßen zum Grafen Udo gesprochen.
Beide, der schwarzsehende Vater und der Abgesandte des Grafen hatten jeder seinen Weg nach entgegengesetzten Richtungen. Ottomar versprach, sich wieder bei ihm einzufinden, und inzwischen dem „Fortsetzung folgt“ des Märchens der gräflichen Erziehung durch ein Schachbrett, durch die Cigarre, durch die Plaudereien in französischer Sprache über Kunst und Alterthum nachzudenken –
Vergessen Sie die Küche nicht! Edwina versteht sich darauf! Der Graf nahm jeden Abend dort sein Souper –
Und trank dazu Ungarwein –? rief Ottomar aus voller Brust in einem Ton, der die Voraussetzungen der Reinheit eines solchen Verhältnisses wieder bezweifelte, ihm nach.
Der Alte hatte sich zum Gehen gewendet und hörte nicht mehr. Beide trennte die Nacht, des uralten Chaos sternenschleierverhüllte Tochter. Alles blieb still.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/18>, abgerufen am 16.02.2025. |