Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

O, erzählen Sie doch! begann Dieterici. Doch nicht die Verlobung mit dem Fürsten? Das wäre ja schrecklich!

Ihr Tod käme noch vor dem von Jean Vogler! spottete Ottomar.

Ich habe mich losgemacht! fuhr Josefa, die auf die Antworten nur halb hörte, fort, sie sind Alle im Theater! Mit der Ungarin.

Ungarin?

Welcher Ungarin? fragte Ottomar. Es überlief ihn ein Grauen der Erinnerung an die Ugarti, deren Name ihm so oft wieder eingefallen war.

Das frohlebige Mädchen war schon davongesprungen, um trotz ihrer brillanten Toilette der Schwester beim Anordnen der Tafel zu helfen. Auch verstand sich von selbst, daß sie immer einen Schwarm von Anbetern mit brennenden Cigarren und Pfeifen um sich hatte. Beide Deutsch-Polackinnen waren in der That von dieser quecksilbernen Frauennatur, die ein unbedingtes Beglücken der Männer für ihren Lebensberuf halten, nie an sich zuerst denken, nie den Putz, das Vergnügen, Alles, was in erster Reihe ihnen selbst zu Gute kommen sollte, genießen, wenn sie nicht dabei vorbedacht haben, daß sie damit den Männern Freude machen wollten. "Das Weib an sich" Edwinens oder ihres Vaters befand sich hier leider in ganz niedrer Sphäre.

O, erzählen Sie doch! begann Dieterici. Doch nicht die Verlobung mit dem Fürsten? Das wäre ja schrecklich!

Ihr Tod käme noch vor dem von Jean Vogler! spottete Ottomar.

Ich habe mich losgemacht! fuhr Josefa, die auf die Antworten nur halb hörte, fort, sie sind Alle im Theater! Mit der Ungarin.

Ungarin?

Welcher Ungarin? fragte Ottomar. Es überlief ihn ein Grauen der Erinnerung an die Ugarti, deren Name ihm so oft wieder eingefallen war.

Das frohlebige Mädchen war schon davongesprungen, um trotz ihrer brillanten Toilette der Schwester beim Anordnen der Tafel zu helfen. Auch verstand sich von selbst, daß sie immer einen Schwarm von Anbetern mit brennenden Cigarren und Pfeifen um sich hatte. Beide Deutsch-Polackinnen waren in der That von dieser quecksilbernen Frauennatur, die ein unbedingtes Beglücken der Männer für ihren Lebensberuf halten, nie an sich zuerst denken, nie den Putz, das Vergnügen, Alles, was in erster Reihe ihnen selbst zu Gute kommen sollte, genießen, wenn sie nicht dabei vorbedacht haben, daß sie damit den Männern Freude machen wollten. „Das Weib an sich“ Edwinens oder ihres Vaters befand sich hier leider in ganz niedrer Sphäre.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0179" n="173"/>
        <p> O, erzählen Sie doch! begann Dieterici. Doch nicht die Verlobung mit dem Fürsten? Das wäre ja schrecklich! </p>
        <p>Ihr Tod käme noch vor dem von Jean Vogler! spottete Ottomar.</p>
        <p>Ich habe mich losgemacht! fuhr Josefa, die auf die Antworten nur halb hörte, fort, sie sind Alle im Theater! Mit der Ungarin.</p>
        <p>Ungarin?</p>
        <p>Welcher Ungarin? fragte Ottomar. Es überlief ihn ein Grauen der Erinnerung an die Ugarti, deren Name ihm so oft wieder eingefallen war.</p>
        <p>Das frohlebige Mädchen war schon davongesprungen, um trotz ihrer brillanten Toilette der Schwester beim Anordnen der Tafel zu helfen. Auch verstand sich von selbst, daß sie immer einen Schwarm von Anbetern mit brennenden Cigarren und Pfeifen um sich hatte. Beide Deutsch-Polackinnen waren in der That von dieser quecksilbernen Frauennatur, die ein unbedingtes Beglücken der Männer für ihren Lebensberuf halten, nie an sich zuerst denken, nie den Putz, das Vergnügen, Alles, was in erster Reihe ihnen selbst zu Gute kommen sollte, genießen, wenn sie nicht dabei vorbedacht haben, daß sie damit den Männern Freude machen wollten. &#x201E;Das Weib an sich&#x201C; Edwinens oder ihres Vaters befand sich hier leider in ganz niedrer Sphäre.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0179] O, erzählen Sie doch! begann Dieterici. Doch nicht die Verlobung mit dem Fürsten? Das wäre ja schrecklich! Ihr Tod käme noch vor dem von Jean Vogler! spottete Ottomar. Ich habe mich losgemacht! fuhr Josefa, die auf die Antworten nur halb hörte, fort, sie sind Alle im Theater! Mit der Ungarin. Ungarin? Welcher Ungarin? fragte Ottomar. Es überlief ihn ein Grauen der Erinnerung an die Ugarti, deren Name ihm so oft wieder eingefallen war. Das frohlebige Mädchen war schon davongesprungen, um trotz ihrer brillanten Toilette der Schwester beim Anordnen der Tafel zu helfen. Auch verstand sich von selbst, daß sie immer einen Schwarm von Anbetern mit brennenden Cigarren und Pfeifen um sich hatte. Beide Deutsch-Polackinnen waren in der That von dieser quecksilbernen Frauennatur, die ein unbedingtes Beglücken der Männer für ihren Lebensberuf halten, nie an sich zuerst denken, nie den Putz, das Vergnügen, Alles, was in erster Reihe ihnen selbst zu Gute kommen sollte, genießen, wenn sie nicht dabei vorbedacht haben, daß sie damit den Männern Freude machen wollten. „Das Weib an sich“ Edwinens oder ihres Vaters befand sich hier leider in ganz niedrer Sphäre.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:40:43Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:40:43Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-2<a>) (2014-02-19T12:40:43Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/179
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/179>, abgerufen am 24.11.2024.