Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Der hübsche Referendar war natürlich der Mittelpunkt des Abends. Wie saßen ihm auch Weste und Frack so zierlich! Die goldne Uhrkette glänzte auf der schwarzen Weste! Das Haar des edelgeformten Kopfes war von jener bräunlichen Färbung, die gegen das Licht scheinend heller aussieht. Die Hände waren Anfangs gantirt. Später, als er die Handschuhe auszog, wie schön geformt und wie weich für den, dem er die Hand gab! Der Bart hielt die Mitte zwischen dem Stutzerhaften und den bärtigen Wappenhaltern der Thalerstücke. Und der Nimbus umgab ihn: Er hatte das Kind gerettet! Plümicke hatte eben mit jener biedermännischen Erhabenheit über allen gemeinen Erdendunst, der sich so natürlich nicht nur bei einem an sich "gediegenen Charakter", sondern auch bei einem vorzugsweise mit dem Tode beschäftigten Bildhauer erzeugt, dem jungen Assessor Dieterici, dem Pathen, dem Einwohner des Hauses, Worte der Beruhigung, der innigsten Theilnahme ausgesprochen und in der That nur immer Acht gehabt, daß Keiner im Gedränge der sich allmälig regsamer fühlenden Mannen seine lange thönerne Pfeife zerbrach, die er besonders behaglich rauchte, als mit den zunehmenden Zwiebelgerüchen, dieser Versuchung der Küche an seiner Brahminenseele, auch seine Liebe, Josefa Ziporovius, eintrat. Der hübsche Referendar war natürlich der Mittelpunkt des Abends. Wie saßen ihm auch Weste und Frack so zierlich! Die goldne Uhrkette glänzte auf der schwarzen Weste! Das Haar des edelgeformten Kopfes war von jener bräunlichen Färbung, die gegen das Licht scheinend heller aussieht. Die Hände waren Anfangs gantirt. Später, als er die Handschuhe auszog, wie schön geformt und wie weich für den, dem er die Hand gab! Der Bart hielt die Mitte zwischen dem Stutzerhaften und den bärtigen Wappenhaltern der Thalerstücke. Und der Nimbus umgab ihn: Er hatte das Kind gerettet! Plümicke hatte eben mit jener biedermännischen Erhabenheit über allen gemeinen Erdendunst, der sich so natürlich nicht nur bei einem an sich „gediegenen Charakter“, sondern auch bei einem vorzugsweise mit dem Tode beschäftigten Bildhauer erzeugt, dem jungen Assessor Dieterici, dem Pathen, dem Einwohner des Hauses, Worte der Beruhigung, der innigsten Theilnahme ausgesprochen und in der That nur immer Acht gehabt, daß Keiner im Gedränge der sich allmälig regsamer fühlenden Mannen seine lange thönerne Pfeife zerbrach, die er besonders behaglich rauchte, als mit den zunehmenden Zwiebelgerüchen, dieser Versuchung der Küche an seiner Brahminenseele, auch seine Liebe, Josefa Ziporovius, eintrat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0177" n="171"/> Der hübsche Referendar war natürlich der Mittelpunkt des Abends. Wie saßen ihm auch Weste und Frack so zierlich! Die goldne Uhrkette glänzte auf der schwarzen Weste! Das Haar des edelgeformten Kopfes war von jener bräunlichen Färbung, die gegen das Licht scheinend heller aussieht. Die Hände waren Anfangs <ref xml:id="TEXTgantirt" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLgantirt">gantirt. </ref> Später, als er die Handschuhe auszog, wie schön geformt und wie weich für den, dem er die Hand gab! Der Bart hielt die Mitte zwischen dem Stutzerhaften und <ref xml:id="TEXTdenbaertigenBISThalerstuecke" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLdenbaertigenBISThalerstuecke">den bärtigen Wappenhaltern der Thalerstücke</ref>. Und der Nimbus umgab ihn: Er hatte das Kind gerettet! </p> <p>Plümicke hatte eben mit jener biedermännischen Erhabenheit über allen gemeinen Erdendunst, der sich so natürlich nicht nur bei einem an sich „gediegenen Charakter“, sondern auch bei einem vorzugsweise mit dem Tode beschäftigten Bildhauer erzeugt, dem jungen Assessor Dieterici, dem Pathen, dem Einwohner des Hauses, Worte der Beruhigung, der innigsten Theilnahme ausgesprochen und in der That nur immer Acht gehabt, daß Keiner im Gedränge der sich allmälig regsamer fühlenden Mannen seine lange thönerne Pfeife zerbrach, die er besonders behaglich rauchte, als mit den zunehmenden Zwiebelgerüchen, dieser Versuchung der Küche an seiner Brahminenseele, auch seine Liebe, Josefa Ziporovius, eintrat.</p> </div> </body> </text> </TEI> [171/0177]
Der hübsche Referendar war natürlich der Mittelpunkt des Abends. Wie saßen ihm auch Weste und Frack so zierlich! Die goldne Uhrkette glänzte auf der schwarzen Weste! Das Haar des edelgeformten Kopfes war von jener bräunlichen Färbung, die gegen das Licht scheinend heller aussieht. Die Hände waren Anfangs gantirt. Später, als er die Handschuhe auszog, wie schön geformt und wie weich für den, dem er die Hand gab! Der Bart hielt die Mitte zwischen dem Stutzerhaften und den bärtigen Wappenhaltern der Thalerstücke. Und der Nimbus umgab ihn: Er hatte das Kind gerettet!
Plümicke hatte eben mit jener biedermännischen Erhabenheit über allen gemeinen Erdendunst, der sich so natürlich nicht nur bei einem an sich „gediegenen Charakter“, sondern auch bei einem vorzugsweise mit dem Tode beschäftigten Bildhauer erzeugt, dem jungen Assessor Dieterici, dem Pathen, dem Einwohner des Hauses, Worte der Beruhigung, der innigsten Theilnahme ausgesprochen und in der That nur immer Acht gehabt, daß Keiner im Gedränge der sich allmälig regsamer fühlenden Mannen seine lange thönerne Pfeife zerbrach, die er besonders behaglich rauchte, als mit den zunehmenden Zwiebelgerüchen, dieser Versuchung der Küche an seiner Brahminenseele, auch seine Liebe, Josefa Ziporovius, eintrat.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/177>, abgerufen am 23.07.2024. |