Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

meine Nervenschwäche - die Spritze ließ mich so erschrecken - ich hätte das Kind fallen lassen! Mein Entschluß ist gefaßt: Vogler muß ich auf Pistolen fordern!

Sind Sie nicht recht gescheidt? wiederholte Ottomar schon zum fünften Male. Verachten Sie doch den ganzen dummen Scherz! Das Kind wäre ja auch ganz weich gefallen!

Nein, nein, es ist die Selbstgenügsamkeit der absoluten Trivialität, die mich principiell an dem Act so empört! rief Dieterici aus. Die Selbstgenügsamkeit, die sich mit dem stolzen Namen des Realismus, der Reichstreue und wer weiß, was Alles jetzt brüstet und die doch nur der alte sattsam bekannte Uebermuth, die Rohheit, die Unbildung von ehemals ist! Die Kränkungen, die Verhöhnungen, die Vogler unausgesetzt gegen mich bereit hält - ich habe sie nachgrade satt! Pistolen! Nur Blut kann hier die Entscheidung bringen!

Lassen Sie einfach den Geistlichen auf Störung einer gottesdienstlichen Handlung klagen - Vogler bekommt dann seine vierzehn Tage Arrest und eine Geldstrafe noch dazu, die seinem schadhaften Portemonnaie wehe thun wird. Verlassen Sie sich darauf! beruhigte Ottomar.

Aber überall wird man von meiner Spritzenpathenschaft erzählen! jammerte Dieterici. Durch Zufall hätte

meine Nervenschwäche – die Spritze ließ mich so erschrecken – ich hätte das Kind fallen lassen! Mein Entschluß ist gefaßt: Vogler muß ich auf Pistolen fordern!

Sind Sie nicht recht gescheidt? wiederholte Ottomar schon zum fünften Male. Verachten Sie doch den ganzen dummen Scherz! Das Kind wäre ja auch ganz weich gefallen!

Nein, nein, es ist die Selbstgenügsamkeit der absoluten Trivialität, die mich principiell an dem Act so empört! rief Dieterici aus. Die Selbstgenügsamkeit, die sich mit dem stolzen Namen des Realismus, der Reichstreue und wer weiß, was Alles jetzt brüstet und die doch nur der alte sattsam bekannte Uebermuth, die Rohheit, die Unbildung von ehemals ist! Die Kränkungen, die Verhöhnungen, die Vogler unausgesetzt gegen mich bereit hält – ich habe sie nachgrade satt! Pistolen! Nur Blut kann hier die Entscheidung bringen!

Lassen Sie einfach den Geistlichen auf Störung einer gottesdienstlichen Handlung klagen – Vogler bekommt dann seine vierzehn Tage Arrest und eine Geldstrafe noch dazu, die seinem schadhaften Portemonnaie wehe thun wird. Verlassen Sie sich darauf! beruhigte Ottomar.

Aber überall wird man von meiner Spritzenpathenschaft erzählen! jammerte Dieterici. Durch Zufall hätte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0175" n="169"/>
meine Nervenschwäche &#x2013; die Spritze ließ mich so erschrecken &#x2013; ich hätte das Kind fallen lassen! Mein Entschluß ist gefaßt: Vogler muß ich auf Pistolen fordern!</p>
        <p>Sind Sie nicht recht gescheidt? wiederholte Ottomar schon zum fünften Male. Verachten Sie doch den ganzen dummen Scherz! Das Kind wäre ja auch ganz weich gefallen!</p>
        <p>Nein, nein, es ist die Selbstgenügsamkeit der absoluten Trivialität, die mich principiell an dem Act so empört! rief Dieterici aus. Die Selbstgenügsamkeit, die sich mit dem stolzen Namen des Realismus, der Reichstreue und wer weiß, was Alles jetzt brüstet und die doch nur der alte sattsam bekannte Uebermuth, die Rohheit, die Unbildung von ehemals ist! Die Kränkungen, die Verhöhnungen, die Vogler unausgesetzt gegen mich bereit hält &#x2013; ich habe sie nachgrade satt! Pistolen! Nur Blut kann hier die Entscheidung bringen!</p>
        <p>Lassen Sie einfach den Geistlichen auf Störung einer gottesdienstlichen Handlung klagen &#x2013; Vogler bekommt dann seine vierzehn Tage Arrest und eine Geldstrafe noch dazu, die seinem schadhaften Portemonnaie wehe thun wird. Verlassen Sie sich darauf! beruhigte Ottomar.</p>
        <p>Aber überall wird man von meiner Spritzenpathenschaft erzählen! jammerte Dieterici. Durch Zufall hätte
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0175] meine Nervenschwäche – die Spritze ließ mich so erschrecken – ich hätte das Kind fallen lassen! Mein Entschluß ist gefaßt: Vogler muß ich auf Pistolen fordern! Sind Sie nicht recht gescheidt? wiederholte Ottomar schon zum fünften Male. Verachten Sie doch den ganzen dummen Scherz! Das Kind wäre ja auch ganz weich gefallen! Nein, nein, es ist die Selbstgenügsamkeit der absoluten Trivialität, die mich principiell an dem Act so empört! rief Dieterici aus. Die Selbstgenügsamkeit, die sich mit dem stolzen Namen des Realismus, der Reichstreue und wer weiß, was Alles jetzt brüstet und die doch nur der alte sattsam bekannte Uebermuth, die Rohheit, die Unbildung von ehemals ist! Die Kränkungen, die Verhöhnungen, die Vogler unausgesetzt gegen mich bereit hält – ich habe sie nachgrade satt! Pistolen! Nur Blut kann hier die Entscheidung bringen! Lassen Sie einfach den Geistlichen auf Störung einer gottesdienstlichen Handlung klagen – Vogler bekommt dann seine vierzehn Tage Arrest und eine Geldstrafe noch dazu, die seinem schadhaften Portemonnaie wehe thun wird. Verlassen Sie sich darauf! beruhigte Ottomar. Aber überall wird man von meiner Spritzenpathenschaft erzählen! jammerte Dieterici. Durch Zufall hätte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:40:43Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:40:43Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-2<a>) (2014-02-19T12:40:43Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/175
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/175>, abgerufen am 24.11.2024.