Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.mit gefalteten Händen in die Knie, sie gelobte, sich von jetzt ab aller Tugenden, die es nur gäbe, zu befleißigen! Ich mußte mich abwenden vor Rührung. Der Graf, allerdings entzückt von ihrer Schönheit, nahm ihr das Gelöbniß ab, noch einmal in ein Pensionat einer kleinen Stadt zu gehen. Dort verhielt sie sich ohne Tadel, nur erwartungsvoll, daß sie nicht in meine und der alten Großmama Sphäre geriethe, sondern auf der Höhe der gräflichen Protection blieb. Als sie zurückkehren sollte, erwartete sie denn auch die Wohnung, die Sie kennen, und ein Verkehr, der seinesgleichen sucht. Aber der Tod des Grafen hat uns auf einen Punkt geführt, wo drei, vier Wege sich kreuzen und es steht kein Wegweiser da, als - die alte Großmama, die mir Bericht erstattet -! Der Erzähler beeilte sich jetzt. Denn in diesem Augenblicke löschte der Wirth wieder eine der noch brennenden Gaslampen und mahnte mit einem zweideutigen Guten Abend! und der höflichsten Verbeugung, sich jedoch die Augen reibend, an Thoresschluß. Der Wächter hatte Drei gerufen. Die Sitte, von Bällen noch in eine "Kneipe" zu "stürzen" und einen oft vom zu langsamservirten Souper erst recht hervorgerufenen Jähhunger durch zwei Beefsteaks mit vier Eiern in einem Keller oder sonstwo zu befriedigen, hatte die volle Gelegenheit gehabt, andrerseits auch hier noch befriedigt zu werden. mit gefalteten Händen in die Knie, sie gelobte, sich von jetzt ab aller Tugenden, die es nur gäbe, zu befleißigen! Ich mußte mich abwenden vor Rührung. Der Graf, allerdings entzückt von ihrer Schönheit, nahm ihr das Gelöbniß ab, noch einmal in ein Pensionat einer kleinen Stadt zu gehen. Dort verhielt sie sich ohne Tadel, nur erwartungsvoll, daß sie nicht in meine und der alten Großmama Sphäre geriethe, sondern auf der Höhe der gräflichen Protection blieb. Als sie zurückkehren sollte, erwartete sie denn auch die Wohnung, die Sie kennen, und ein Verkehr, der seinesgleichen sucht. Aber der Tod des Grafen hat uns auf einen Punkt geführt, wo drei, vier Wege sich kreuzen und es steht kein Wegweiser da, als – die alte Großmama, die mir Bericht erstattet –! Der Erzähler beeilte sich jetzt. Denn in diesem Augenblicke löschte der Wirth wieder eine der noch brennenden Gaslampen und mahnte mit einem zweideutigen Guten Abend! und der höflichsten Verbeugung, sich jedoch die Augen reibend, an Thoresschluß. Der Wächter hatte Drei gerufen. Die Sitte, von Bällen noch in eine „Kneipe“ zu „stürzen“ und einen oft vom zu langsamservirten Souper erst recht hervorgerufenen Jähhunger durch zwei Beefsteaks mit vier Eiern in einem Keller oder sonstwo zu befriedigen, hatte die volle Gelegenheit gehabt, andrerseits auch hier noch befriedigt zu werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017" n="11"/> mit gefalteten Händen in die Knie, sie gelobte, sich von jetzt ab aller Tugenden, die es nur gäbe, zu befleißigen! Ich mußte mich abwenden vor Rührung. Der Graf, allerdings entzückt von ihrer Schönheit, nahm ihr das Gelöbniß ab, noch einmal in ein Pensionat einer kleinen Stadt zu gehen. Dort verhielt sie sich ohne Tadel, nur erwartungsvoll, daß sie nicht in meine und der alten Großmama Sphäre geriethe, sondern auf der Höhe der gräflichen Protection blieb. Als sie zurückkehren sollte, erwartete sie denn auch die Wohnung, die Sie kennen, und ein Verkehr, der seinesgleichen sucht. Aber der Tod des Grafen hat uns auf einen Punkt geführt, wo drei, vier Wege sich kreuzen und es steht kein Wegweiser da, als – die alte Großmama, die mir Bericht erstattet –!</p> <p>Der Erzähler beeilte sich jetzt. Denn in diesem Augenblicke löschte der Wirth wieder eine der noch brennenden Gaslampen und mahnte mit einem zweideutigen Guten Abend! und der höflichsten Verbeugung, sich jedoch die Augen reibend, an Thoresschluß. Der Wächter hatte Drei gerufen. Die Sitte, von Bällen noch in eine „Kneipe“ zu „stürzen“ und einen oft vom zu langsamservirten Souper erst recht hervorgerufenen Jähhunger durch zwei Beefsteaks mit vier Eiern in einem Keller oder sonstwo zu befriedigen, hatte die volle Gelegenheit gehabt, andrerseits auch hier noch befriedigt zu werden. </p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0017]
mit gefalteten Händen in die Knie, sie gelobte, sich von jetzt ab aller Tugenden, die es nur gäbe, zu befleißigen! Ich mußte mich abwenden vor Rührung. Der Graf, allerdings entzückt von ihrer Schönheit, nahm ihr das Gelöbniß ab, noch einmal in ein Pensionat einer kleinen Stadt zu gehen. Dort verhielt sie sich ohne Tadel, nur erwartungsvoll, daß sie nicht in meine und der alten Großmama Sphäre geriethe, sondern auf der Höhe der gräflichen Protection blieb. Als sie zurückkehren sollte, erwartete sie denn auch die Wohnung, die Sie kennen, und ein Verkehr, der seinesgleichen sucht. Aber der Tod des Grafen hat uns auf einen Punkt geführt, wo drei, vier Wege sich kreuzen und es steht kein Wegweiser da, als – die alte Großmama, die mir Bericht erstattet –!
Der Erzähler beeilte sich jetzt. Denn in diesem Augenblicke löschte der Wirth wieder eine der noch brennenden Gaslampen und mahnte mit einem zweideutigen Guten Abend! und der höflichsten Verbeugung, sich jedoch die Augen reibend, an Thoresschluß. Der Wächter hatte Drei gerufen. Die Sitte, von Bällen noch in eine „Kneipe“ zu „stürzen“ und einen oft vom zu langsamservirten Souper erst recht hervorgerufenen Jähhunger durch zwei Beefsteaks mit vier Eiern in einem Keller oder sonstwo zu befriedigen, hatte die volle Gelegenheit gehabt, andrerseits auch hier noch befriedigt zu werden.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/17>, abgerufen am 16.02.2025. |