Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.das sich auf den nächsten Sonntag bezog. Seine Voraussetzung war dabei die, daß es von allen seinen Berufsgenossen vielleicht Althing am ehrlichsten mit ihm meinte. Althing wohnte glücklicherweise in seinem Hause so, daß ihm der Wagenlärm nur wie ein fernes Meeresrauschen erscheinen konnte. Seine Zimmer ließen Studien, stille Zwiegespräche, innere Einkehr zu. Die beiden Zimmer verriethen allerdings jenen dürftigen Comfort, den die Wohnungsvermiether dieser Stadt zu bieten pflegen. Es sind meist Zeichen der äußersten Noth. Diese Gegenstände sind vom Trödel, von Auctionen zusammengekauft, manchmal miethweise geliehen. Es war eine Registratorwittwe, eine bejahrte Dame, die sich auf diese Art ernährte. Sie verfehlte nicht, jedes zehn Pfennig kostende zerbrochene Glas in die Monatsrechnung zu bringen. Die Butter, wenn sie genießbar war, schien zum Frühstück auf der Quentchenwaage abgewogen. Die Teppiche ringsum mußten schon irgendwo in einem falliten Hotel als "Läufer" in den Corridoren gedient haben. Dieterici fand den Freund daheim und in Scripturen vertieft. Sie machen sich die Sachen zu schwer, lieber Althing! begann der Besuchende, der die ihm dargebotene das sich auf den nächsten Sonntag bezog. Seine Voraussetzung war dabei die, daß es von allen seinen Berufsgenossen vielleicht Althing am ehrlichsten mit ihm meinte. Althing wohnte glücklicherweise in seinem Hause so, daß ihm der Wagenlärm nur wie ein fernes Meeresrauschen erscheinen konnte. Seine Zimmer ließen Studien, stille Zwiegespräche, innere Einkehr zu. Die beiden Zimmer verriethen allerdings jenen dürftigen Comfort, den die Wohnungsvermiether dieser Stadt zu bieten pflegen. Es sind meist Zeichen der äußersten Noth. Diese Gegenstände sind vom Trödel, von Auctionen zusammengekauft, manchmal miethweise geliehen. Es war eine Registratorwittwe, eine bejahrte Dame, die sich auf diese Art ernährte. Sie verfehlte nicht, jedes zehn Pfennig kostende zerbrochene Glas in die Monatsrechnung zu bringen. Die Butter, wenn sie genießbar war, schien zum Frühstück auf der Quentchenwaage abgewogen. Die Teppiche ringsum mußten schon irgendwo in einem falliten Hôtel als „Läufer“ in den Corridoren gedient haben. Dieterici fand den Freund daheim und in Scripturen vertieft. Sie machen sich die Sachen zu schwer, lieber Althing! begann der Besuchende, der die ihm dargebotene <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0155" n="149"/> das sich auf den nächsten Sonntag bezog. Seine Voraussetzung war dabei die, daß es von allen seinen Berufsgenossen vielleicht Althing am ehrlichsten mit ihm meinte. </p> <p>Althing wohnte glücklicherweise in seinem Hause so, daß ihm der Wagenlärm nur wie ein fernes Meeresrauschen erscheinen konnte. Seine Zimmer ließen Studien, stille Zwiegespräche, innere Einkehr zu. Die beiden Zimmer verriethen allerdings jenen dürftigen Comfort, den die Wohnungsvermiether dieser Stadt zu bieten pflegen. Es sind meist Zeichen der äußersten Noth. Diese Gegenstände sind vom Trödel, von Auctionen zusammengekauft, manchmal miethweise geliehen. Es war eine <ref xml:id="TEXTRegistratorwittwe" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLRegistratorwittwe">Registratorwittwe, </ref> eine bejahrte Dame, die sich auf diese Art ernährte. Sie verfehlte nicht, jedes zehn Pfennig kostende zerbrochene Glas in die Monatsrechnung zu bringen. Die Butter, wenn sie genießbar war, schien zum Frühstück auf der <ref xml:id="TEXTQuentchenwaage" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLQuentchenwaage">Quentchenwaage</ref> abgewogen. Die Teppiche ringsum mußten schon irgendwo in einem <ref xml:id="TEXTfallitenHôtel" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLfallitenHôtel">falliten Hôtel</ref> als <ref xml:id="TEXTLaeuferBISCorridoren" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLLaeuferBISCorridoren"> „Läufer“ in den Corridoren</ref> gedient haben. </p> <p>Dieterici fand den Freund daheim und in Scripturen vertieft. </p> <p>Sie machen sich die Sachen zu schwer, lieber Althing! begann der Besuchende, der die ihm dargebotene </p> </div> </body> </text> </TEI> [149/0155]
das sich auf den nächsten Sonntag bezog. Seine Voraussetzung war dabei die, daß es von allen seinen Berufsgenossen vielleicht Althing am ehrlichsten mit ihm meinte.
Althing wohnte glücklicherweise in seinem Hause so, daß ihm der Wagenlärm nur wie ein fernes Meeresrauschen erscheinen konnte. Seine Zimmer ließen Studien, stille Zwiegespräche, innere Einkehr zu. Die beiden Zimmer verriethen allerdings jenen dürftigen Comfort, den die Wohnungsvermiether dieser Stadt zu bieten pflegen. Es sind meist Zeichen der äußersten Noth. Diese Gegenstände sind vom Trödel, von Auctionen zusammengekauft, manchmal miethweise geliehen. Es war eine Registratorwittwe, eine bejahrte Dame, die sich auf diese Art ernährte. Sie verfehlte nicht, jedes zehn Pfennig kostende zerbrochene Glas in die Monatsrechnung zu bringen. Die Butter, wenn sie genießbar war, schien zum Frühstück auf der Quentchenwaage abgewogen. Die Teppiche ringsum mußten schon irgendwo in einem falliten Hôtel als „Läufer“ in den Corridoren gedient haben.
Dieterici fand den Freund daheim und in Scripturen vertieft.
Sie machen sich die Sachen zu schwer, lieber Althing! begann der Besuchende, der die ihm dargebotene
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/155 |
Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/155>, abgerufen am 23.07.2024. |