Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Zukunftsmalers, einer in der Bayreuther Rheingoldschule gebildeten Phantasie angehören mögen. Zwei Jahre war sie bei jener Frau! - sagte der Geometer kleinlaut. Ugarti! Natürlich - Baronin! Und eigentlich nicht zwei Jahre, sondern drei, lieber Herr! Denn Edwina lief zu ihr wieder zurück! Nach den ersten zwei Jahren dankte ich noch der "guten Dame" für die lange Pflege auf ihrem Schloß, wo mir die große Zahl von Kindern nicht auffiel. Sie behauptete, keine Anzeige gelesen zu haben. Das Kind hätte hartnäckig seine Herkunft verschwiegen. Man hätte sie Maruzza geheißen. Als ich Edwina wieder zu mir genommen hatte und vorläufig in der Gegend von Pest zu thun hatte, entlief sie, wie gesagt, entweder auf's Neue oder wurde durch Abgesandte der Ugarti entführt. Ich hatte einst dem Grafen Wilhelm geloben müssen, Edwina als mein Kind zu betrachten, es um eine hohe Summe, die der Graf der Mutter noch bei Lebzeiten schenkte, die aber auf die vielen Kosten hinging, die mir eine so regellose Aufführung des Kindes verursachte, für immer zu erziehen. Der treffliche Mann glaubte aller Sorge und des weitern Denkens an diese Episode eines Aufenthalts in Hochlinden entrückt zu sein. Da vertraute ich ihm Edwinens Entwickelung, das erneuerte Verschwinden des noch nicht zwölfjährigen Mädchens und bat um seine Hülfe. Zukunftsmalers, einer in der Bayreuther Rheingoldschule gebildeten Phantasie angehören mögen. Zwei Jahre war sie bei jener Frau! – sagte der Geometer kleinlaut. Ugarti! Natürlich – Baronin! Und eigentlich nicht zwei Jahre, sondern drei, lieber Herr! Denn Edwina lief zu ihr wieder zurück! Nach den ersten zwei Jahren dankte ich noch der „guten Dame“ für die lange Pflege auf ihrem Schloß, wo mir die große Zahl von Kindern nicht auffiel. Sie behauptete, keine Anzeige gelesen zu haben. Das Kind hätte hartnäckig seine Herkunft verschwiegen. Man hätte sie Maruzza geheißen. Als ich Edwina wieder zu mir genommen hatte und vorläufig in der Gegend von Pest zu thun hatte, entlief sie, wie gesagt, entweder auf’s Neue oder wurde durch Abgesandte der Ugarti entführt. Ich hatte einst dem Grafen Wilhelm geloben müssen, Edwina als mein Kind zu betrachten, es um eine hohe Summe, die der Graf der Mutter noch bei Lebzeiten schenkte, die aber auf die vielen Kosten hinging, die mir eine so regellose Aufführung des Kindes verursachte, für immer zu erziehen. Der treffliche Mann glaubte aller Sorge und des weitern Denkens an diese Episode eines Aufenthalts in Hochlinden entrückt zu sein. Da vertraute ich ihm Edwinens Entwickelung, das erneuerte Verschwinden des noch nicht zwölfjährigen Mädchens und bat um seine Hülfe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0015" n="9"/><ref xml:id="TEXTZukunftsmalersBISPhantasie" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLZukunftsmalersBISPhantasie">Zukunftsmalers, einer in der Bayreuther Rheingoldschule gebildeten Phantasie</ref> angehören mögen.</p> <p>Zwei Jahre war sie bei jener Frau! – sagte der Geometer kleinlaut. Ugarti! Natürlich – Baronin! Und eigentlich nicht zwei Jahre, sondern drei, lieber Herr! Denn Edwina lief zu ihr wieder zurück! Nach den ersten zwei Jahren dankte ich noch der „guten Dame“ für die lange Pflege auf ihrem Schloß, wo mir die große Zahl von Kindern nicht auffiel. Sie behauptete, keine Anzeige gelesen zu haben. Das Kind hätte hartnäckig seine Herkunft verschwiegen. Man hätte sie Maruzza geheißen. Als ich Edwina wieder zu mir genommen hatte und vorläufig in der Gegend von Pest zu thun hatte, entlief sie, wie gesagt, entweder auf’s Neue oder wurde durch Abgesandte der Ugarti entführt. Ich hatte einst dem Grafen Wilhelm geloben müssen, Edwina als mein Kind zu betrachten, es um eine hohe Summe, die der Graf der Mutter noch bei Lebzeiten schenkte, die aber auf die vielen Kosten hinging, die mir eine so regellose Aufführung des Kindes verursachte, für immer zu erziehen. Der treffliche Mann glaubte aller Sorge und des weitern Denkens an diese Episode eines Aufenthalts in Hochlinden entrückt zu sein. Da vertraute ich ihm Edwinens Entwickelung, das erneuerte Verschwinden des noch nicht zwölfjährigen Mädchens und bat um seine Hülfe. </p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0015]
Zukunftsmalers, einer in der Bayreuther Rheingoldschule gebildeten Phantasie angehören mögen.
Zwei Jahre war sie bei jener Frau! – sagte der Geometer kleinlaut. Ugarti! Natürlich – Baronin! Und eigentlich nicht zwei Jahre, sondern drei, lieber Herr! Denn Edwina lief zu ihr wieder zurück! Nach den ersten zwei Jahren dankte ich noch der „guten Dame“ für die lange Pflege auf ihrem Schloß, wo mir die große Zahl von Kindern nicht auffiel. Sie behauptete, keine Anzeige gelesen zu haben. Das Kind hätte hartnäckig seine Herkunft verschwiegen. Man hätte sie Maruzza geheißen. Als ich Edwina wieder zu mir genommen hatte und vorläufig in der Gegend von Pest zu thun hatte, entlief sie, wie gesagt, entweder auf’s Neue oder wurde durch Abgesandte der Ugarti entführt. Ich hatte einst dem Grafen Wilhelm geloben müssen, Edwina als mein Kind zu betrachten, es um eine hohe Summe, die der Graf der Mutter noch bei Lebzeiten schenkte, die aber auf die vielen Kosten hinging, die mir eine so regellose Aufführung des Kindes verursachte, für immer zu erziehen. Der treffliche Mann glaubte aller Sorge und des weitern Denkens an diese Episode eines Aufenthalts in Hochlinden entrückt zu sein. Da vertraute ich ihm Edwinens Entwickelung, das erneuerte Verschwinden des noch nicht zwölfjährigen Mädchens und bat um seine Hülfe.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/15>, abgerufen am 16.02.2025. |