Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.und sah sich im Zimmer um. Sie merkte in der Nähe ein Thürschlagen, Aufundablaufen - da irren Sie doch sehr! Ich habe Jahre lang in der Einsamkeit gelebt, falsche Urtheile über mich ertragen, Bücher gelesen, etwas musicirt und bin - wenn ich Ihnen die Wahrheit sagen soll - von einem so phlegmatischen, traumseligen, bequemen Charakter, daß ich zur ersten Gemahlin des Khedive oder zu einer verzauberten Lilie in einem Märchenlande gepaßt haben würde. Kaffeetrinken und Confectessen ist meine einzige Leidenschaft! Nein, Abwechslung sollten Sie mir nicht bringen! Höchstens etwas mehr Muth, mehr Haltung, mehr Trotz gegen die Widerwärtigkeiten des Lebens! Diese Bekenntnisse aus dem Munde der strahlenden Jugend schienen Schaumblasen. Martha sagte: Sie haben ja jeden Abend Soiree und sogar Fürsten zu Besuchern Ihres Salons! Das ist eben das Monotone! entgegnete Edwina. Ich habe eine Dame gefunden, die meinen Ruf deckt. Aber die Duenna hat eine Leidenschaft für den Kothurn. Prinz Rauden könnte den Widerpart halten, aber seine Musik gefällt mir nicht. Und wer ist ewig in der Stimmung, gerade diesen oder jenen Jammer des Herzens aus Gedichten oder Gesängen auf sich wirken zu lassen. Man nennt mich bereits des Fürsten Braut - das sind und sah sich im Zimmer um. Sie merkte in der Nähe ein Thürschlagen, Aufundablaufen – da irren Sie doch sehr! Ich habe Jahre lang in der Einsamkeit gelebt, falsche Urtheile über mich ertragen, Bücher gelesen, etwas musicirt und bin – wenn ich Ihnen die Wahrheit sagen soll – von einem so phlegmatischen, traumseligen, bequemen Charakter, daß ich zur ersten Gemahlin des Khedive oder zu einer verzauberten Lilie in einem Märchenlande gepaßt haben würde. Kaffeetrinken und Confectessen ist meine einzige Leidenschaft! Nein, Abwechslung sollten Sie mir nicht bringen! Höchstens etwas mehr Muth, mehr Haltung, mehr Trotz gegen die Widerwärtigkeiten des Lebens! Diese Bekenntnisse aus dem Munde der strahlenden Jugend schienen Schaumblasen. Martha sagte: Sie haben ja jeden Abend Soirée und sogar Fürsten zu Besuchern Ihres Salons! Das ist eben das Monotone! entgegnete Edwina. Ich habe eine Dame gefunden, die meinen Ruf deckt. Aber die Duenna hat eine Leidenschaft für den Kothurn. Prinz Rauden könnte den Widerpart halten, aber seine Musik gefällt mir nicht. Und wer ist ewig in der Stimmung, gerade diesen oder jenen Jammer des Herzens aus Gedichten oder Gesängen auf sich wirken zu lassen. Man nennt mich bereits des Fürsten Braut – das sind <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0142" n="136"/> und sah sich im Zimmer um. Sie merkte in der Nähe ein Thürschlagen, Aufundablaufen – da irren Sie doch sehr! Ich habe Jahre lang in der Einsamkeit gelebt, falsche Urtheile über mich ertragen, Bücher gelesen, etwas musicirt und bin – wenn ich Ihnen die Wahrheit sagen soll – von einem so phlegmatischen, traumseligen, bequemen Charakter, daß ich zur ersten Gemahlin des <ref xml:id="TEXTKhedive" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLKhedive"> Khedive</ref> oder zu einer verzauberten Lilie in einem Märchenlande gepaßt haben würde. Kaffeetrinken und Confectessen ist meine einzige Leidenschaft! Nein, Abwechslung sollten Sie mir nicht bringen! Höchstens etwas mehr Muth, mehr Haltung, mehr Trotz gegen die Widerwärtigkeiten des Lebens!</p> <p>Diese Bekenntnisse aus dem Munde der strahlenden Jugend schienen Schaumblasen. Martha sagte: Sie haben ja jeden Abend Soirée und sogar Fürsten zu Besuchern Ihres Salons!</p> <p>Das ist eben das Monotone! entgegnete Edwina. Ich habe eine Dame gefunden, die meinen Ruf deckt. Aber die Duenna hat eine Leidenschaft für den <ref xml:id="TEXTKothurn" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLKothurn">Kothurn. </ref> Prinz Rauden könnte den Widerpart halten, aber seine Musik gefällt mir nicht. Und wer ist ewig in der Stimmung, gerade diesen oder jenen Jammer des Herzens aus Gedichten oder Gesängen auf sich wirken zu lassen. Man nennt mich bereits des Fürsten Braut – das sind </p> </div> </body> </text> </TEI> [136/0142]
und sah sich im Zimmer um. Sie merkte in der Nähe ein Thürschlagen, Aufundablaufen – da irren Sie doch sehr! Ich habe Jahre lang in der Einsamkeit gelebt, falsche Urtheile über mich ertragen, Bücher gelesen, etwas musicirt und bin – wenn ich Ihnen die Wahrheit sagen soll – von einem so phlegmatischen, traumseligen, bequemen Charakter, daß ich zur ersten Gemahlin des Khedive oder zu einer verzauberten Lilie in einem Märchenlande gepaßt haben würde. Kaffeetrinken und Confectessen ist meine einzige Leidenschaft! Nein, Abwechslung sollten Sie mir nicht bringen! Höchstens etwas mehr Muth, mehr Haltung, mehr Trotz gegen die Widerwärtigkeiten des Lebens!
Diese Bekenntnisse aus dem Munde der strahlenden Jugend schienen Schaumblasen. Martha sagte: Sie haben ja jeden Abend Soirée und sogar Fürsten zu Besuchern Ihres Salons!
Das ist eben das Monotone! entgegnete Edwina. Ich habe eine Dame gefunden, die meinen Ruf deckt. Aber die Duenna hat eine Leidenschaft für den Kothurn. Prinz Rauden könnte den Widerpart halten, aber seine Musik gefällt mir nicht. Und wer ist ewig in der Stimmung, gerade diesen oder jenen Jammer des Herzens aus Gedichten oder Gesängen auf sich wirken zu lassen. Man nennt mich bereits des Fürsten Braut – das sind
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