Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.Ueber dieser Recapitulation von Dingen, die Raimund durch seine neuen Champagnerfreunde in Erfahrung gebracht hatte, vergaß er seine Schwester zu benachrichtigen und ihr rasch die Karte zu schicken. Ich komme wie Orsina, sagte die elegante junge Dame, der seit einiger Zeit eine Reihe von Theatererinnerungen im Kopfe schwirrte und die gerade diese Rolle von der ihr so unausstehlich gewordenen Frau Brenna, wie diese sich statt Brennicke nennen ließ, unendlich oft hatte vortragen hören und sprach beim Eintreten: Bin ich denn nicht gemeldet worden? Eine Dienstmagd hatte auf das Zimmer gedeutet, während Raimund noch versteckt stand und seinen berühmten geistesgegenwärtigen Kopf vollständig über die reizende Blondine verloren hatte. Sein Aeußeres schien ihm nicht im Augenblick vortheilhaft genug für die Herausstellung seiner vollen Genialität. Kennen Sie mich nicht mehr? fragte Edwina die endlich erscheinende Martha mit Leutseligkeit und an ihren Locken bindend und ordnend, während der Diener den Shawl nahm und das kleine Zimmer verließ. Wie niedlich Sie hier wohnen? Aber eng? Und in den Hof hinein? Jetzt erst orientirte sich Martha vollkommen und erschrak nicht wenig. Doch hatte auch sie seit ihrer Ueber dieser Recapitulation von Dingen, die Raimund durch seine neuen Champagnerfreunde in Erfahrung gebracht hatte, vergaß er seine Schwester zu benachrichtigen und ihr rasch die Karte zu schicken. Ich komme wie Orsina, sagte die elegante junge Dame, der seit einiger Zeit eine Reihe von Theatererinnerungen im Kopfe schwirrte und die gerade diese Rolle von der ihr so unausstehlich gewordenen Frau Brenna, wie diese sich statt Brennicke nennen ließ, unendlich oft hatte vortragen hören und sprach beim Eintreten: Bin ich denn nicht gemeldet worden? Eine Dienstmagd hatte auf das Zimmer gedeutet, während Raimund noch versteckt stand und seinen berühmten geistesgegenwärtigen Kopf vollständig über die reizende Blondine verloren hatte. Sein Aeußeres schien ihm nicht im Augenblick vortheilhaft genug für die Herausstellung seiner vollen Genialität. Kennen Sie mich nicht mehr? fragte Edwina die endlich erscheinende Martha mit Leutseligkeit und an ihren Locken bindend und ordnend, während der Diener den Shawl nahm und das kleine Zimmer verließ. Wie niedlich Sie hier wohnen? Aber eng? Und in den Hof hinein? Jetzt erst orientirte sich Martha vollkommen und erschrak nicht wenig. Doch hatte auch sie seit ihrer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0140" n="134"/> <p> Ueber dieser Recapitulation von Dingen, die Raimund durch seine neuen Champagnerfreunde in Erfahrung gebracht hatte, vergaß er seine Schwester zu benachrichtigen und ihr rasch die Karte zu schicken.</p> <p>Ich komme <ref xml:id="TEXTwieOrsina" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLwieOrsina">wie Orsina</ref>, sagte die elegante junge Dame, der seit einiger Zeit eine Reihe von Theatererinnerungen im Kopfe schwirrte und die gerade diese Rolle von der ihr so unausstehlich gewordenen Frau Brenna, wie diese sich statt Brennicke nennen ließ, unendlich oft hatte vortragen hören und sprach beim Eintreten: Bin ich denn nicht gemeldet worden?</p> <p>Eine Dienstmagd hatte auf das Zimmer gedeutet, während Raimund noch versteckt stand und seinen berühmten geistesgegenwärtigen Kopf vollständig über die reizende Blondine verloren hatte. Sein Aeußeres schien ihm nicht im Augenblick vortheilhaft genug für die Herausstellung seiner vollen Genialität.</p> <p>Kennen Sie mich nicht mehr? fragte Edwina die endlich erscheinende Martha mit Leutseligkeit und an ihren Locken bindend und ordnend, während der Diener den Shawl nahm und das kleine Zimmer verließ. Wie niedlich Sie hier wohnen? Aber eng? Und in den Hof hinein?</p> <p>Jetzt erst orientirte sich Martha vollkommen und erschrak nicht wenig. Doch hatte auch sie seit ihrer </p> </div> </body> </text> </TEI> [134/0140]
Ueber dieser Recapitulation von Dingen, die Raimund durch seine neuen Champagnerfreunde in Erfahrung gebracht hatte, vergaß er seine Schwester zu benachrichtigen und ihr rasch die Karte zu schicken.
Ich komme wie Orsina, sagte die elegante junge Dame, der seit einiger Zeit eine Reihe von Theatererinnerungen im Kopfe schwirrte und die gerade diese Rolle von der ihr so unausstehlich gewordenen Frau Brenna, wie diese sich statt Brennicke nennen ließ, unendlich oft hatte vortragen hören und sprach beim Eintreten: Bin ich denn nicht gemeldet worden?
Eine Dienstmagd hatte auf das Zimmer gedeutet, während Raimund noch versteckt stand und seinen berühmten geistesgegenwärtigen Kopf vollständig über die reizende Blondine verloren hatte. Sein Aeußeres schien ihm nicht im Augenblick vortheilhaft genug für die Herausstellung seiner vollen Genialität.
Kennen Sie mich nicht mehr? fragte Edwina die endlich erscheinende Martha mit Leutseligkeit und an ihren Locken bindend und ordnend, während der Diener den Shawl nahm und das kleine Zimmer verließ. Wie niedlich Sie hier wohnen? Aber eng? Und in den Hof hinein?
Jetzt erst orientirte sich Martha vollkommen und erschrak nicht wenig. Doch hatte auch sie seit ihrer
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/140>, abgerufen am 23.07.2024. |