Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.unten an seiner Kasse nach dem Tagescourse realisirt werden sollten. Aber Meyer Cohn war ein wunderbarer Menschenkenner! Er hatte nicht umsonst den größten Monarchen ihre Schwächen abgelauscht und kam frühe zu ihnen, wenn sie noch in ihren Unterbeinkleidern liefen! Er ließ sich nicht weis machen, daß Mahlo die Feder führen oder irgendwo, selbst im untersten Volksblatt, für seine Actiengesellschaften agitiren würde. Nein, sagte er ihm kurz und bündig, gehen Sie in die besuchtesten Kellerwirthschaften! Wirken Sie durch geschickte Ansprachen an das gemeine Volk für die Anlage von Capitalien in unsern Actien! Die Spiegelfenster-Fabrik Union hat's am meisten nöthig, weil seltsamerweise der verdammte deutsche Charakter vermöge seines Phlegmas noch immer nicht in die rechte Bauwuth hat gerathen können! Alle die neuen Gebäude, deren unausstehlicher Kalkgeruch die Atmosphäre verpestet, sind im Grunde nur Lockvögel, die wir selbst aussetzen! Wollen Sie für die "Rabe-Actien" wirken - fuhr er mit naheliegenden Ideenassociationen fort - so können Sie's auch und mit dem besten Gewissen! Denn diese stehen noch gut und werden sich auch halten! Prahlen Sie mit Ihren Anlagen! Der Bürger hört dann still zu und geht nach Hause und sagt: Mutter, schließ die Commode auf, wir nehmen hundert Thaler aus dem Strumpf und kaufen Rabe-Actien! unten an seiner Kasse nach dem Tagescourse realisirt werden sollten. Aber Meyer Cohn war ein wunderbarer Menschenkenner! Er hatte nicht umsonst den größten Monarchen ihre Schwächen abgelauscht und kam frühe zu ihnen, wenn sie noch in ihren Unterbeinkleidern liefen! Er ließ sich nicht weis machen, daß Mahlo die Feder führen oder irgendwo, selbst im untersten Volksblatt, für seine Actiengesellschaften agitiren würde. Nein, sagte er ihm kurz und bündig, gehen Sie in die besuchtesten Kellerwirthschaften! Wirken Sie durch geschickte Ansprachen an das gemeine Volk für die Anlage von Capitalien in unsern Actien! Die Spiegelfenster-Fabrik Union hat’s am meisten nöthig, weil seltsamerweise der verdammte deutsche Charakter vermöge seines Phlegmas noch immer nicht in die rechte Bauwuth hat gerathen können! Alle die neuen Gebäude, deren unausstehlicher Kalkgeruch die Atmosphäre verpestet, sind im Grunde nur Lockvögel, die wir selbst aussetzen! Wollen Sie für die „Rabe-Actien“ wirken – fuhr er mit naheliegenden Ideenassociationen fort – so können Sie’s auch und mit dem besten Gewissen! Denn diese stehen noch gut und werden sich auch halten! Prahlen Sie mit Ihren Anlagen! Der Bürger hört dann still zu und geht nach Hause und sagt: Mutter, schließ die Commode auf, wir nehmen hundert Thaler aus dem Strumpf und kaufen Rabe-Actien! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0124" n="118"/> unten an seiner Kasse nach dem Tagescourse realisirt werden sollten. Aber Meyer Cohn war ein wunderbarer Menschenkenner! Er hatte nicht umsonst den größten Monarchen ihre Schwächen abgelauscht und kam frühe zu ihnen, wenn sie noch in ihren Unterbeinkleidern liefen! Er ließ sich nicht weis machen, daß Mahlo die Feder führen oder irgendwo, selbst im untersten Volksblatt, für seine Actiengesellschaften agitiren würde. Nein, sagte er ihm kurz und bündig, gehen Sie in die besuchtesten Kellerwirthschaften! Wirken Sie durch geschickte Ansprachen an das gemeine Volk für die Anlage von Capitalien in unsern Actien! Die Spiegelfenster-Fabrik Union hat’s am meisten nöthig, weil seltsamerweise der verdammte deutsche Charakter vermöge seines Phlegmas noch immer nicht in die rechte Bauwuth hat gerathen können! Alle die neuen Gebäude, deren unausstehlicher Kalkgeruch die Atmosphäre verpestet, sind im Grunde nur Lockvögel, die wir selbst aussetzen! Wollen Sie für die „Rabe-Actien“ wirken – fuhr er mit naheliegenden Ideenassociationen fort – so können Sie’s auch und mit dem besten Gewissen! Denn diese stehen noch gut und werden sich auch halten! Prahlen Sie mit Ihren Anlagen! Der Bürger hört dann still zu und geht nach Hause und sagt: Mutter, schließ die Commode auf, wir nehmen hundert Thaler aus dem Strumpf und kaufen Rabe-Actien!</p> </div> </body> </text> </TEI> [118/0124]
unten an seiner Kasse nach dem Tagescourse realisirt werden sollten. Aber Meyer Cohn war ein wunderbarer Menschenkenner! Er hatte nicht umsonst den größten Monarchen ihre Schwächen abgelauscht und kam frühe zu ihnen, wenn sie noch in ihren Unterbeinkleidern liefen! Er ließ sich nicht weis machen, daß Mahlo die Feder führen oder irgendwo, selbst im untersten Volksblatt, für seine Actiengesellschaften agitiren würde. Nein, sagte er ihm kurz und bündig, gehen Sie in die besuchtesten Kellerwirthschaften! Wirken Sie durch geschickte Ansprachen an das gemeine Volk für die Anlage von Capitalien in unsern Actien! Die Spiegelfenster-Fabrik Union hat’s am meisten nöthig, weil seltsamerweise der verdammte deutsche Charakter vermöge seines Phlegmas noch immer nicht in die rechte Bauwuth hat gerathen können! Alle die neuen Gebäude, deren unausstehlicher Kalkgeruch die Atmosphäre verpestet, sind im Grunde nur Lockvögel, die wir selbst aussetzen! Wollen Sie für die „Rabe-Actien“ wirken – fuhr er mit naheliegenden Ideenassociationen fort – so können Sie’s auch und mit dem besten Gewissen! Denn diese stehen noch gut und werden sich auch halten! Prahlen Sie mit Ihren Anlagen! Der Bürger hört dann still zu und geht nach Hause und sagt: Mutter, schließ die Commode auf, wir nehmen hundert Thaler aus dem Strumpf und kaufen Rabe-Actien!
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