Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.läßt, wenn sie ihre Wäsche sortirt, aufführt! Denn Sie müssen wissen, was Edwina auch weiß, es geschieht etwas, wenn sie in ihrer Emancipationsraserei bis auf die Straße geräth - Um Gotteswillen! rief Ottomar entsetzt. Die Züge des Alten waren verzerrt. Seine mit starken Gichtknoten bezeichneten Hände krümmten sich. Zwischen den Zähnen, die noch in stattlichen Reihen standen, zog er gleichsam die Worte: Sie hat uns schon zu schaffen gemacht! Aber es ist wahr, Sonne der Nacht, zeuge Du! Ich hasse den Grafen, aber das muß ich ihm doch nachsagen: er hatte seine Tochter nur bessern, nur erziehen, zum Guten führen wollen! Warum mußte er sterben! Er würde sie anständig verheirathet haben! Ottomar ließ in blitzschneller Beleuchtung alle Personen vor seinem geistigen Auge vorüberziehen, auf welche da wohl die Wahl des Grafen Wilhelm hätte fallen können. Es entsetzte ihn, dabei an sich selbst zu denken. Inzwischen warf sich der räthselhafte Mann mit ausbrechenden Thränen und mit dem ganzen Haupte, den untergebreiteten Armen auf die uns wohlbekannte wachstuchne Tischdecke. Ottomar sah den Ausbruch starker, berechtigter Gefühle, aber auch krankhafter, vielleicht fixer Ideen. läßt, wenn sie ihre Wäsche sortirt, aufführt! Denn Sie müssen wissen, was Edwina auch weiß, es geschieht etwas, wenn sie in ihrer Emancipationsraserei bis auf die Straße geräth – Um Gotteswillen! rief Ottomar entsetzt. Die Züge des Alten waren verzerrt. Seine mit starken Gichtknoten bezeichneten Hände krümmten sich. Zwischen den Zähnen, die noch in stattlichen Reihen standen, zog er gleichsam die Worte: Sie hat uns schon zu schaffen gemacht! Aber es ist wahr, Sonne der Nacht, zeuge Du! Ich hasse den Grafen, aber das muß ich ihm doch nachsagen: er hatte seine Tochter nur bessern, nur erziehen, zum Guten führen wollen! Warum mußte er sterben! Er würde sie anständig verheirathet haben! Ottomar ließ in blitzschneller Beleuchtung alle Personen vor seinem geistigen Auge vorüberziehen, auf welche da wohl die Wahl des Grafen Wilhelm hätte fallen können. Es entsetzte ihn, dabei an sich selbst zu denken. Inzwischen warf sich der räthselhafte Mann mit ausbrechenden Thränen und mit dem ganzen Haupte, den untergebreiteten Armen auf die uns wohlbekannte wachstuchne Tischdecke. Ottomar sah den Ausbruch starker, berechtigter Gefühle, aber auch krankhafter, vielleicht fixer Ideen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="4"/> läßt, wenn sie ihre Wäsche sortirt, aufführt! Denn Sie müssen wissen, was Edwina auch weiß, es geschieht etwas, wenn sie in ihrer Emancipationsraserei bis auf die Straße geräth –</p> <p>Um Gotteswillen! rief Ottomar entsetzt. Die Züge des Alten waren verzerrt. Seine mit starken Gichtknoten bezeichneten Hände krümmten sich. Zwischen den Zähnen, die noch in stattlichen Reihen standen, zog er gleichsam die Worte: Sie hat uns schon zu schaffen gemacht! Aber es ist wahr, Sonne der Nacht, zeuge Du! Ich hasse den Grafen, aber das muß ich ihm doch nachsagen: er hatte seine Tochter nur bessern, nur erziehen, zum Guten führen wollen! Warum mußte er sterben! Er würde sie anständig verheirathet haben!</p> <p>Ottomar ließ in blitzschneller Beleuchtung alle Personen vor seinem geistigen Auge vorüberziehen, auf welche da wohl die Wahl des Grafen Wilhelm hätte fallen können. Es entsetzte ihn, dabei an sich selbst zu denken.</p> <p>Inzwischen warf sich der räthselhafte Mann mit ausbrechenden Thränen und mit dem ganzen Haupte, den untergebreiteten Armen auf die uns wohlbekannte wachstuchne Tischdecke.</p> <p>Ottomar sah den Ausbruch starker, berechtigter Gefühle, aber auch krankhafter, vielleicht fixer Ideen. </p> </div> </body> </text> </TEI> [4/0010]
läßt, wenn sie ihre Wäsche sortirt, aufführt! Denn Sie müssen wissen, was Edwina auch weiß, es geschieht etwas, wenn sie in ihrer Emancipationsraserei bis auf die Straße geräth –
Um Gotteswillen! rief Ottomar entsetzt. Die Züge des Alten waren verzerrt. Seine mit starken Gichtknoten bezeichneten Hände krümmten sich. Zwischen den Zähnen, die noch in stattlichen Reihen standen, zog er gleichsam die Worte: Sie hat uns schon zu schaffen gemacht! Aber es ist wahr, Sonne der Nacht, zeuge Du! Ich hasse den Grafen, aber das muß ich ihm doch nachsagen: er hatte seine Tochter nur bessern, nur erziehen, zum Guten führen wollen! Warum mußte er sterben! Er würde sie anständig verheirathet haben!
Ottomar ließ in blitzschneller Beleuchtung alle Personen vor seinem geistigen Auge vorüberziehen, auf welche da wohl die Wahl des Grafen Wilhelm hätte fallen können. Es entsetzte ihn, dabei an sich selbst zu denken.
Inzwischen warf sich der räthselhafte Mann mit ausbrechenden Thränen und mit dem ganzen Haupte, den untergebreiteten Armen auf die uns wohlbekannte wachstuchne Tischdecke.
Ottomar sah den Ausbruch starker, berechtigter Gefühle, aber auch krankhafter, vielleicht fixer Ideen.
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