Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.halten konnte, einer neuern Zuthat zu dem zopfig imposanten Eintritt, waren Flöre und schwarze Bänder gewunden. Der Portier trug die Abzeichen der Trauer am Hut und Bandelier. Der Diener, der soeben den jungen Referendar Ottomar Althing begleitete, um ihn beim Grafen Udo anzumelden, nicht minder auf der Achsel. Ueber einigen der hohen Thüren hingen Immortellenkränze. Ist sie noch sehr traurik die Excellenza Madame, sagte der Diener im gebrochenen Deutsch. Der zu Meldende wußte schon, daß sich sein ehemaliger Universitätsgenosse während des großen Krieges zur See befand. Graf Udo, Neffe des Grafen Wilhelm, wollte die Marinecarriere einschlagen. Aber das gelbe Fieber befiel ihn in Valparaiso. Sein Oheim untersagte dem Genesenen die Fortsetzung seiner gefahrvollen Laufbahn und veranlaßte, daß Graf Udo, der die Rückreise noch nicht wagen durfte, in Valparaiso als Consul blieb und somit in die diplomatische Carriere trat. Seitdem kam er an größere Plätze, war schon öfter wieder in Europa in der Residenz, und eben erst von Lissabon gekommen, wo er dem Gesandten als erster Attache beigegeben war. Er hatte sich einen Franzosen, ein Factotum der Legation, der seit Jahren in ausländischen Anschauungen leben mußte, einen Kosmopoliten ohne alle halten konnte, einer neuern Zuthat zu dem zopfig imposanten Eintritt, waren Flöre und schwarze Bänder gewunden. Der Portier trug die Abzeichen der Trauer am Hut und Bandelier. Der Diener, der soeben den jungen Referendar Ottomar Althing begleitete, um ihn beim Grafen Udo anzumelden, nicht minder auf der Achsel. Ueber einigen der hohen Thüren hingen Immortellenkränze. Ist sie noch sehr traurik die Excellenza Madame, sagte der Diener im gebrochenen Deutsch. Der zu Meldende wußte schon, daß sich sein ehemaliger Universitätsgenosse während des großen Krieges zur See befand. Graf Udo, Neffe des Grafen Wilhelm, wollte die Marinecarriere einschlagen. Aber das gelbe Fieber befiel ihn in Valparaiso. Sein Oheim untersagte dem Genesenen die Fortsetzung seiner gefahrvollen Laufbahn und veranlaßte, daß Graf Udo, der die Rückreise noch nicht wagen durfte, in Valparaiso als Consul blieb und somit in die diplomatische Carriere trat. Seitdem kam er an größere Plätze, war schon öfter wieder in Europa in der Residenz, und eben erst von Lissabon gekommen, wo er dem Gesandten als erster Attaché beigegeben war. Er hatte sich einen Franzosen, ein Factotum der Legation, der seit Jahren in ausländischen Anschauungen leben mußte, einen Kosmopoliten ohne alle <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0028" n="22"/> halten konnte, einer neuern Zuthat zu dem zopfig imposanten Eintritt, waren Flöre und schwarze Bänder gewunden. Der Portier trug die Abzeichen der Trauer am Hut und <ref xml:id="TEXTBandelier" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLBandelier">Bandelier</ref>. Der Diener, der soeben den jungen Referendar Ottomar Althing begleitete, um ihn beim Grafen Udo anzumelden, nicht minder auf der Achsel. Ueber einigen der hohen Thüren hingen <ref xml:id="TEXTImmortellenkraenze" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLImmortellenkraenze">Immortellenkränze</ref>.</p> <p>Ist sie noch sehr traurik die Excellenza Madame, sagte der Diener im gebrochenen Deutsch. </p> <p>Der zu Meldende wußte schon, daß sich sein ehemaliger Universitätsgenosse <ref xml:id="TEXTwaehrendBISKrieges" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLwaehrendBISKrieges">während des großen Krieges</ref> zur See befand. Graf Udo, Neffe des Grafen Wilhelm, wollte die Marinecarriere einschlagen. Aber das gelbe Fieber befiel ihn in Valparaiso. Sein Oheim untersagte dem Genesenen die Fortsetzung seiner gefahrvollen Laufbahn und veranlaßte, daß Graf Udo, der die Rückreise noch nicht wagen durfte, in Valparaiso als Consul blieb und somit in die diplomatische Carriere trat. Seitdem kam er an größere Plätze, war schon öfter wieder in Europa in der Residenz, und eben erst von Lissabon gekommen, wo er dem Gesandten als erster Attaché beigegeben war. Er hatte sich einen Franzosen, ein Factotum der <ref xml:id="TEXTLegation" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLLegation">Legation</ref>, der seit Jahren in ausländischen Anschauungen leben mußte, einen Kosmopoliten ohne alle </p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0028]
halten konnte, einer neuern Zuthat zu dem zopfig imposanten Eintritt, waren Flöre und schwarze Bänder gewunden. Der Portier trug die Abzeichen der Trauer am Hut und Bandelier. Der Diener, der soeben den jungen Referendar Ottomar Althing begleitete, um ihn beim Grafen Udo anzumelden, nicht minder auf der Achsel. Ueber einigen der hohen Thüren hingen Immortellenkränze.
Ist sie noch sehr traurik die Excellenza Madame, sagte der Diener im gebrochenen Deutsch.
Der zu Meldende wußte schon, daß sich sein ehemaliger Universitätsgenosse während des großen Krieges zur See befand. Graf Udo, Neffe des Grafen Wilhelm, wollte die Marinecarriere einschlagen. Aber das gelbe Fieber befiel ihn in Valparaiso. Sein Oheim untersagte dem Genesenen die Fortsetzung seiner gefahrvollen Laufbahn und veranlaßte, daß Graf Udo, der die Rückreise noch nicht wagen durfte, in Valparaiso als Consul blieb und somit in die diplomatische Carriere trat. Seitdem kam er an größere Plätze, war schon öfter wieder in Europa in der Residenz, und eben erst von Lissabon gekommen, wo er dem Gesandten als erster Attaché beigegeben war. Er hatte sich einen Franzosen, ein Factotum der Legation, der seit Jahren in ausländischen Anschauungen leben mußte, einen Kosmopoliten ohne alle
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/28>, abgerufen am 16.07.2024. |