Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Wo kein Kläger ist, kann auch keine Anklage stattfinden! fiel Ottomar sinnend ein. Ein innerer Familienvorfall! Causa interna! Aber Zeugen wären genug vorhanden, wenn Wolny klagbar auftritt! Die Ueberwindung, die es ihn gekostet haben muß, so den Schaden und die Schande der Seinigen zuzudecken, war groß, hält aber vielleicht nicht an. Ottomar war der ganze Vorfall dunkel. Aber er sagte, Wolnys Consequenz rühmend: Der Gedanke an seine leidende Gattin bestimmte ihn -! Im Stillen grübelte er allmälig anders. Ein Kreuzweg trennte Beide. Die Luft an der Straßenecke, wo noch eine Gaslaterne brannte, ging scharf. Ein längeres Gespräch ließ sich nicht ermöglichen. Ottomar war entschlossen, am folgenden Morgen zu Wolny zu gehen, um zu hören, was über diesen Vorfall wirklich des Freundes Meinung war. Vielleicht schonte er Raimund Ehlerdt um Marthas Willen - vielleicht sogar - der Gedanke fiel ihm wie ein Wetterschlag in's Herz - Forbeck um Adas willen und - um Dich -?! Betrifft man Dich schon über dem Schein der Untreue an Deinem Freunde, dem Grafen? Unter solchen mächtig sich auf einander wälzenden Combinationen war Ottomar in die Gegend gekommen, wo Edwina Marloff wohnte. Die schönsten Häuserreihen Wo kein Kläger ist, kann auch keine Anklage stattfinden! fiel Ottomar sinnend ein. Ein innerer Familienvorfall! Causa interna! Aber Zeugen wären genug vorhanden, wenn Wolny klagbar auftritt! Die Ueberwindung, die es ihn gekostet haben muß, so den Schaden und die Schande der Seinigen zuzudecken, war groß, hält aber vielleicht nicht an. Ottomar war der ganze Vorfall dunkel. Aber er sagte, Wolnys Consequenz rühmend: Der Gedanke an seine leidende Gattin bestimmte ihn –! Im Stillen grübelte er allmälig anders. Ein Kreuzweg trennte Beide. Die Luft an der Straßenecke, wo noch eine Gaslaterne brannte, ging scharf. Ein längeres Gespräch ließ sich nicht ermöglichen. Ottomar war entschlossen, am folgenden Morgen zu Wolny zu gehen, um zu hören, was über diesen Vorfall wirklich des Freundes Meinung war. Vielleicht schonte er Raimund Ehlerdt um Marthas Willen – vielleicht sogar – der Gedanke fiel ihm wie ein Wetterschlag in’s Herz – Forbeck um Adas willen und – um Dich –?! Betrifft man Dich schon über dem Schein der Untreue an Deinem Freunde, dem Grafen? Unter solchen mächtig sich auf einander wälzenden Combinationen war Ottomar in die Gegend gekommen, wo Edwina Marloff wohnte. Die schönsten Häuserreihen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0275" n="269"/> Wo kein Kläger ist, kann auch keine Anklage stattfinden! fiel Ottomar sinnend ein. </p> <p>Ein innerer Familienvorfall! <hi rendition="#aq">Causa interna!</hi> Aber Zeugen wären genug vorhanden, wenn Wolny klagbar auftritt! Die Ueberwindung, die es ihn gekostet haben muß, so den Schaden und die Schande der Seinigen zuzudecken, war groß, hält aber vielleicht nicht an. </p> <p>Ottomar war der ganze Vorfall dunkel. Aber er sagte, Wolnys Consequenz rühmend: Der Gedanke an seine leidende Gattin bestimmte ihn –! Im Stillen grübelte er allmälig anders. </p> <p>Ein Kreuzweg trennte Beide. Die Luft an der Straßenecke, wo noch eine Gaslaterne brannte, ging scharf. Ein längeres Gespräch ließ sich nicht ermöglichen. </p> <p>Ottomar war entschlossen, am folgenden Morgen zu Wolny zu gehen, um zu hören, was über diesen Vorfall wirklich des Freundes Meinung war. Vielleicht schonte er Raimund Ehlerdt um Marthas Willen – vielleicht sogar – der Gedanke fiel ihm wie ein Wetterschlag in’s Herz – Forbeck um Adas willen und – um Dich –?! Betrifft man Dich schon über dem Schein der Untreue an Deinem Freunde, dem Grafen? </p> <p>Unter solchen mächtig sich auf einander wälzenden Combinationen war Ottomar in die Gegend gekommen, wo Edwina Marloff wohnte. Die schönsten Häuserreihen </p> </div> </body> </text> </TEI> [269/0275]
Wo kein Kläger ist, kann auch keine Anklage stattfinden! fiel Ottomar sinnend ein.
Ein innerer Familienvorfall! Causa interna! Aber Zeugen wären genug vorhanden, wenn Wolny klagbar auftritt! Die Ueberwindung, die es ihn gekostet haben muß, so den Schaden und die Schande der Seinigen zuzudecken, war groß, hält aber vielleicht nicht an.
Ottomar war der ganze Vorfall dunkel. Aber er sagte, Wolnys Consequenz rühmend: Der Gedanke an seine leidende Gattin bestimmte ihn –! Im Stillen grübelte er allmälig anders.
Ein Kreuzweg trennte Beide. Die Luft an der Straßenecke, wo noch eine Gaslaterne brannte, ging scharf. Ein längeres Gespräch ließ sich nicht ermöglichen.
Ottomar war entschlossen, am folgenden Morgen zu Wolny zu gehen, um zu hören, was über diesen Vorfall wirklich des Freundes Meinung war. Vielleicht schonte er Raimund Ehlerdt um Marthas Willen – vielleicht sogar – der Gedanke fiel ihm wie ein Wetterschlag in’s Herz – Forbeck um Adas willen und – um Dich –?! Betrifft man Dich schon über dem Schein der Untreue an Deinem Freunde, dem Grafen?
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/275>, abgerufen am 18.07.2024. |