Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Sie müssen's errathen! Bleiben Sie einfach bei dem Bericht über Ihren Kummer! Ich verstehe Ihren Schmerz, daß Sie nicht mehr reiten sollen, auch ohne Schiller! Mir fällt kein Schiller'sches Citat über die Aerzte ein. Meine Mutter ärgert sich über Alles; ich ärgre mich aber nur über einen Menschen in der Welt, nämlich über Sie! Warum soll ich nicht auch Schillern citiren? Das dürfen wohl nur Sascha und Zerline? Beim Citiren von Klassikern muß man sich nicht helfen lassen! hatte Ottomar entgegnet. Nun folgte keineswegs eine neue scharfe Replik, sondern (abweichend von Beatrice und Benedict) ein träumerisches Nachdenken über alles Vernommene. War das vorüber, wobei ein offenbares Talent zur Demuth die Hauptrolle spielte, so kam bei Ada ein wie aufgeseufztes, fast kindisches Na ja! heraus. Heute kam nach obigem Gespräch ein ganz vom Zaune gebrochenes: Hören Sie 'mal, warum dichten Sie denn eigentlich nicht? Dieser Dieterici da thut so dick damit! Manche der Damen beißen auch wirklich an, wenn er Gedichte auf sie macht! Und doch ist der Mensch ein Schaf! Ottomar fuhr scheinbar empört empor. Innerlich mußte er über die Wahrheit des Urtheils lachen. Man Sie müssen’s errathen! Bleiben Sie einfach bei dem Bericht über Ihren Kummer! Ich verstehe Ihren Schmerz, daß Sie nicht mehr reiten sollen, auch ohne Schiller! Mir fällt kein Schiller’sches Citat über die Aerzte ein. Meine Mutter ärgert sich über Alles; ich ärgre mich aber nur über einen Menschen in der Welt, nämlich über Sie! Warum soll ich nicht auch Schillern citiren? Das dürfen wohl nur Sascha und Zerline? Beim Citiren von Klassikern muß man sich nicht helfen lassen! hatte Ottomar entgegnet. Nun folgte keineswegs eine neue scharfe Replik, sondern (abweichend von Beatrice und Benedict) ein träumerisches Nachdenken über alles Vernommene. War das vorüber, wobei ein offenbares Talent zur Demuth die Hauptrolle spielte, so kam bei Ada ein wie aufgeseufztes, fast kindisches Na ja! heraus. Heute kam nach obigem Gespräch ein ganz vom Zaune gebrochenes: Hören Sie ’mal, warum dichten Sie denn eigentlich nicht? Dieser Dieterici da thut so dick damit! Manche der Damen beißen auch wirklich an, wenn er Gedichte auf sie macht! Und doch ist der Mensch ein Schaf! Ottomar fuhr scheinbar empört empor. Innerlich mußte er über die Wahrheit des Urtheils lachen. Man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0269" n="263"/> Sie müssen’s errathen! </p> <p>Bleiben Sie einfach bei dem Bericht über Ihren Kummer! Ich verstehe Ihren Schmerz, daß Sie nicht mehr reiten sollen, auch ohne Schiller! Mir fällt kein Schiller’sches Citat über die Aerzte ein. </p> <p>Meine Mutter ärgert sich über Alles; ich ärgre mich aber nur über einen Menschen in der Welt, nämlich über Sie! Warum soll ich nicht auch Schillern citiren? Das dürfen wohl nur Sascha und Zerline? </p> <p>Beim Citiren von Klassikern muß man sich nicht helfen lassen! hatte Ottomar entgegnet. </p> <p>Nun folgte keineswegs eine neue scharfe Replik, sondern (abweichend von <ref xml:id="TEXTBeatriceundBenedict" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLBeatriceundBenedict">Beatrice und Benedict</ref>) ein träumerisches Nachdenken über alles Vernommene. War das vorüber, wobei ein offenbares Talent zur Demuth die Hauptrolle spielte, so kam bei Ada ein wie aufgeseufztes, fast kindisches Na ja! heraus. </p> <p>Heute kam nach obigem Gespräch ein ganz vom Zaune gebrochenes: Hören Sie ’mal, warum dichten Sie denn eigentlich nicht? Dieser Dieterici da thut so dick damit! Manche der Damen beißen auch wirklich an, wenn er Gedichte auf sie macht! Und doch ist der Mensch ein Schaf! </p> <p>Ottomar fuhr scheinbar empört empor. Innerlich mußte er über die Wahrheit des Urtheils lachen. Man </p> </div> </body> </text> </TEI> [263/0269]
Sie müssen’s errathen!
Bleiben Sie einfach bei dem Bericht über Ihren Kummer! Ich verstehe Ihren Schmerz, daß Sie nicht mehr reiten sollen, auch ohne Schiller! Mir fällt kein Schiller’sches Citat über die Aerzte ein.
Meine Mutter ärgert sich über Alles; ich ärgre mich aber nur über einen Menschen in der Welt, nämlich über Sie! Warum soll ich nicht auch Schillern citiren? Das dürfen wohl nur Sascha und Zerline?
Beim Citiren von Klassikern muß man sich nicht helfen lassen! hatte Ottomar entgegnet.
Nun folgte keineswegs eine neue scharfe Replik, sondern (abweichend von Beatrice und Benedict) ein träumerisches Nachdenken über alles Vernommene. War das vorüber, wobei ein offenbares Talent zur Demuth die Hauptrolle spielte, so kam bei Ada ein wie aufgeseufztes, fast kindisches Na ja! heraus.
Heute kam nach obigem Gespräch ein ganz vom Zaune gebrochenes: Hören Sie ’mal, warum dichten Sie denn eigentlich nicht? Dieser Dieterici da thut so dick damit! Manche der Damen beißen auch wirklich an, wenn er Gedichte auf sie macht! Und doch ist der Mensch ein Schaf!
Ottomar fuhr scheinbar empört empor. Innerlich mußte er über die Wahrheit des Urtheils lachen. Man
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