Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Ja, was ist denn? Was ist denn? fragte Wolny wie unbefangen und that erstaunt. O verstellen Sie sich nicht! fuhr Martha die Stimme zu mäßigen fort. Hemmen Sie nicht die rasende Flucht der Gedanken, die mir durch die Seele schießen! Habe ich es doch mit lichten Augen gesehen, was Alle sahen, Alle begriffen, und was Sie, Sie, der empört hätte sein sollen, mit dem Mantel der Liebe bedeckten! Mein Bruder im Bunde mit Ihren Feinden! Seine Besserung nur Verstellung! Ich durchschaue Alles! Man suchte Mittel, um Sie zu verderben! Denn wenn man gar - ihre Stimme steigerte sich - nach Werthpapieren, nach Geld gesucht hätte - Bewahre, bewahre, liebes Fräulein! Nein, nein! unterbrach Wolny. Unterdrücken Sie solche Vorstellungen! Ich bin allerdings empört, innerlich rase ich - aber - warum ich der Sache den Schein gegeben - In demselben Augenblicke, wo Martha vor Wolnys schmelzendem Ton, den er in seine Worte gelegt hatte, in die Erde hätte sinken mögen, hörten sie von einer Person, die hinter ihnen wegschlich, die Treppe herauf höhnisch lachen. Das Hi! Hi! kam von der eben erst als großmüthig von Martha gepriesenen "Tante Dora". Nun, nennen Sie das gutmüthig? sagte Wolny, als die Lauscherin, die lautlos die Treppe heraufgekommen, verschwunden sein konnte. Ja, was ist denn? Was ist denn? fragte Wolny wie unbefangen und that erstaunt. O verstellen Sie sich nicht! fuhr Martha die Stimme zu mäßigen fort. Hemmen Sie nicht die rasende Flucht der Gedanken, die mir durch die Seele schießen! Habe ich es doch mit lichten Augen gesehen, was Alle sahen, Alle begriffen, und was Sie, Sie, der empört hätte sein sollen, mit dem Mantel der Liebe bedeckten! Mein Bruder im Bunde mit Ihren Feinden! Seine Besserung nur Verstellung! Ich durchschaue Alles! Man suchte Mittel, um Sie zu verderben! Denn wenn man gar – ihre Stimme steigerte sich – nach Werthpapieren, nach Geld gesucht hätte – Bewahre, bewahre, liebes Fräulein! Nein, nein! unterbrach Wolny. Unterdrücken Sie solche Vorstellungen! Ich bin allerdings empört, innerlich rase ich – aber – warum ich der Sache den Schein gegeben – In demselben Augenblicke, wo Martha vor Wolnys schmelzendem Ton, den er in seine Worte gelegt hatte, in die Erde hätte sinken mögen, hörten sie von einer Person, die hinter ihnen wegschlich, die Treppe herauf höhnisch lachen. Das Hi! Hi! kam von der eben erst als großmüthig von Martha gepriesenen „Tante Dora“. Nun, nennen Sie das gutmüthig? sagte Wolny, als die Lauscherin, die lautlos die Treppe heraufgekommen, verschwunden sein konnte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0264" n="258"/> Ja, was ist denn? Was ist denn? fragte Wolny wie unbefangen und that erstaunt. </p> <p>O verstellen Sie sich nicht! fuhr Martha die Stimme zu mäßigen fort. Hemmen Sie nicht die rasende Flucht der Gedanken, die mir durch die Seele schießen! Habe ich es doch mit lichten Augen gesehen, was Alle sahen, Alle begriffen, und was Sie, Sie, der empört hätte sein sollen, mit dem Mantel der Liebe bedeckten! Mein Bruder im Bunde mit Ihren Feinden! Seine Besserung nur Verstellung! Ich durchschaue Alles! Man suchte Mittel, um Sie zu verderben! Denn wenn man gar – ihre Stimme steigerte sich – nach Werthpapieren, nach Geld gesucht hätte –</p> <p>Bewahre, bewahre, liebes Fräulein! Nein, nein! unterbrach Wolny. Unterdrücken Sie solche Vorstellungen! Ich bin allerdings empört, innerlich rase ich – aber – warum ich der Sache den Schein gegeben –</p> <p>In demselben Augenblicke, wo Martha vor Wolnys schmelzendem Ton, den er in seine Worte gelegt hatte, in die Erde hätte sinken mögen, hörten sie von einer Person, die hinter ihnen wegschlich, die Treppe herauf höhnisch lachen. Das Hi! Hi! kam von der eben erst als großmüthig von Martha gepriesenen „Tante Dora“. </p> <p>Nun, nennen Sie das gutmüthig? sagte Wolny, als die Lauscherin, die lautlos die Treppe heraufgekommen, verschwunden sein konnte. </p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [258/0264]
Ja, was ist denn? Was ist denn? fragte Wolny wie unbefangen und that erstaunt.
O verstellen Sie sich nicht! fuhr Martha die Stimme zu mäßigen fort. Hemmen Sie nicht die rasende Flucht der Gedanken, die mir durch die Seele schießen! Habe ich es doch mit lichten Augen gesehen, was Alle sahen, Alle begriffen, und was Sie, Sie, der empört hätte sein sollen, mit dem Mantel der Liebe bedeckten! Mein Bruder im Bunde mit Ihren Feinden! Seine Besserung nur Verstellung! Ich durchschaue Alles! Man suchte Mittel, um Sie zu verderben! Denn wenn man gar – ihre Stimme steigerte sich – nach Werthpapieren, nach Geld gesucht hätte –
Bewahre, bewahre, liebes Fräulein! Nein, nein! unterbrach Wolny. Unterdrücken Sie solche Vorstellungen! Ich bin allerdings empört, innerlich rase ich – aber – warum ich der Sache den Schein gegeben –
In demselben Augenblicke, wo Martha vor Wolnys schmelzendem Ton, den er in seine Worte gelegt hatte, in die Erde hätte sinken mögen, hörten sie von einer Person, die hinter ihnen wegschlich, die Treppe herauf höhnisch lachen. Das Hi! Hi! kam von der eben erst als großmüthig von Martha gepriesenen „Tante Dora“.
Nun, nennen Sie das gutmüthig? sagte Wolny, als die Lauscherin, die lautlos die Treppe heraufgekommen, verschwunden sein konnte.
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