Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie nur bitten wollte, nicht mehr "Frau Commerzienrath" zu nennen.

Martha stand wie auf glühenden Kohlen. Das geführte Gespräch konnte nicht ohne Beobachtung bleiben. So lange sie im Hause war, erst zum zweiten Male hatte Wolny so seine persönliche Lage berührt. Sie suchte nach Fassung und versuchte lächelnd einzufallen: Ei, der Roman erinnert mich an Fräulein Dora! Man wird mich schon lange vermißt haben!

Aber noch hielt sie Wolny aufgeregt zurück. Rabes Anwesenheit, Raimund Ehlerdt, die Vornehmthuerei der Generalin regten ihn auf. Unter den Gästen, die sich zerstreuten, so gut es ging, auch an den Spieltischen, wurde er nicht vermißt. Diese Dora, sagte er, haßt mich! Diese sah nicht nur durch mich ihre Herrschaft im Hause beeinträchtigt, sondern sie fühlte auch den Neid, daß sie ganz ohne Bewerber geblieben war, während ihre Schwester noch in ältern Jahren einen jüngern Mann fand. Ich hörte neuerdings, daß sie Ihnen übel begegnet? Auch meine Frau? Sprechen Sie offen! Ist etwas Wahres daran?

Seit meines Bruders Rückkehr ist Alles besser - Herr Wolny! entgegnete Martha. Ihre Gattin will mich sogar mit nach Italien nehmen -

Sie nur bitten wollte, nicht mehr „Frau Commerzienrath“ zu nennen.

Martha stand wie auf glühenden Kohlen. Das geführte Gespräch konnte nicht ohne Beobachtung bleiben. So lange sie im Hause war, erst zum zweiten Male hatte Wolny so seine persönliche Lage berührt. Sie suchte nach Fassung und versuchte lächelnd einzufallen: Ei, der Roman erinnert mich an Fräulein Dora! Man wird mich schon lange vermißt haben!

Aber noch hielt sie Wolny aufgeregt zurück. Rabes Anwesenheit, Raimund Ehlerdt, die Vornehmthuerei der Generalin regten ihn auf. Unter den Gästen, die sich zerstreuten, so gut es ging, auch an den Spieltischen, wurde er nicht vermißt. Diese Dora, sagte er, haßt mich! Diese sah nicht nur durch mich ihre Herrschaft im Hause beeinträchtigt, sondern sie fühlte auch den Neid, daß sie ganz ohne Bewerber geblieben war, während ihre Schwester noch in ältern Jahren einen jüngern Mann fand. Ich hörte neuerdings, daß sie Ihnen übel begegnet? Auch meine Frau? Sprechen Sie offen! Ist etwas Wahres daran?

Seit meines Bruders Rückkehr ist Alles besser – Herr Wolny! entgegnete Martha. Ihre Gattin will mich sogar mit nach Italien nehmen –

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0252" n="246"/>
Sie nur bitten wollte, nicht mehr &#x201E;Frau Commerzienrath&#x201C; zu nennen. </p>
        <p>Martha stand wie auf glühenden Kohlen. Das geführte Gespräch konnte nicht ohne Beobachtung bleiben. So lange sie im Hause war, erst zum zweiten Male hatte Wolny so seine persönliche Lage berührt. Sie suchte nach Fassung und versuchte lächelnd einzufallen: Ei, der Roman erinnert mich an Fräulein Dora! Man wird mich schon lange vermißt haben! </p>
        <p>Aber noch hielt sie Wolny aufgeregt zurück. Rabes Anwesenheit, Raimund Ehlerdt, die Vornehmthuerei der Generalin regten ihn auf. Unter den Gästen, die sich zerstreuten, so gut es ging, auch an den Spieltischen, wurde er nicht vermißt. Diese Dora, sagte er, haßt mich! Diese sah nicht nur durch mich ihre Herrschaft im Hause beeinträchtigt, sondern sie fühlte auch den Neid, daß sie ganz ohne Bewerber geblieben war, während ihre Schwester noch in ältern Jahren einen jüngern Mann fand. Ich hörte neuerdings, daß sie Ihnen übel begegnet? Auch meine Frau? Sprechen Sie offen! Ist etwas Wahres daran? </p>
        <p>Seit meines Bruders Rückkehr ist Alles besser &#x2013; Herr Wolny! entgegnete Martha. Ihre Gattin will mich sogar mit nach Italien nehmen &#x2013;</p>
        <p>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0252] Sie nur bitten wollte, nicht mehr „Frau Commerzienrath“ zu nennen. Martha stand wie auf glühenden Kohlen. Das geführte Gespräch konnte nicht ohne Beobachtung bleiben. So lange sie im Hause war, erst zum zweiten Male hatte Wolny so seine persönliche Lage berührt. Sie suchte nach Fassung und versuchte lächelnd einzufallen: Ei, der Roman erinnert mich an Fräulein Dora! Man wird mich schon lange vermißt haben! Aber noch hielt sie Wolny aufgeregt zurück. Rabes Anwesenheit, Raimund Ehlerdt, die Vornehmthuerei der Generalin regten ihn auf. Unter den Gästen, die sich zerstreuten, so gut es ging, auch an den Spieltischen, wurde er nicht vermißt. Diese Dora, sagte er, haßt mich! Diese sah nicht nur durch mich ihre Herrschaft im Hause beeinträchtigt, sondern sie fühlte auch den Neid, daß sie ganz ohne Bewerber geblieben war, während ihre Schwester noch in ältern Jahren einen jüngern Mann fand. Ich hörte neuerdings, daß sie Ihnen übel begegnet? Auch meine Frau? Sprechen Sie offen! Ist etwas Wahres daran? Seit meines Bruders Rückkehr ist Alles besser – Herr Wolny! entgegnete Martha. Ihre Gattin will mich sogar mit nach Italien nehmen –

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:27:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>) (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/252
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/252>, abgerufen am 25.11.2024.