Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Die peinlichste Sorge, die Ottomar auf dem Herzen lag, galt dem heutigen Abend. Ada wollte erscheinen! Die Generalin hatte zwar Umstände gemacht; man würde auf Krethi und Plethi stoßen! Ada aber verlangte die Zusage, die natürlich Graf Udo, wenn er zugegen gewesen wäre, der Trauer wegen für sich nicht hätte geben können. Die Trauer bindet ja auch Dich! hatte die Generalin rücksichtslos in Gegenwart des jungen, alle Augenblicke von ihr zu einer Recherche entbotenen Vereinssecretärs gesagt. Aber die kecke Antwort lautete: Nach oben, aber nicht nach unten! Ottomar verstand diese Erklärung, die Ada selbst hinterher ihm heimlich in's Ohr als "unsinnig" bekannte, vollkommen und erklärte sie für eine Beleidigung seines Freundes Wolny; er würde nicht mit ihr tanzen, sagte er, zur Strafe für diese Aeußerung. Tanzen werde ich überhaupt nicht! hatte dann wieder Ada gesagt, geärgert durch seinen "Demokratendünkel". Darin hat die Mutter Recht! trotzte Ada. Ottomar hörte im Geist seinen Vater poltern. Da hast Du das aristokratische Volk! Diese Bettelbagage, die den Staat ausnagt! Auch Ottomar mußte sich sagen: Sie will eigentlich nur mit der Lorgnette von einer Estrade aus zusehen, wie sich dergleichen beim Bürgerpack ausnimmt! Auf die Generalin paßte das vollkommen. Längst hatte der junge Vereinssecretär Vornehmthuerei und wahre Die peinlichste Sorge, die Ottomar auf dem Herzen lag, galt dem heutigen Abend. Ada wollte erscheinen! Die Generalin hatte zwar Umstände gemacht; man würde auf Krethi und Plethi stoßen! Ada aber verlangte die Zusage, die natürlich Graf Udo, wenn er zugegen gewesen wäre, der Trauer wegen für sich nicht hätte geben können. Die Trauer bindet ja auch Dich! hatte die Generalin rücksichtslos in Gegenwart des jungen, alle Augenblicke von ihr zu einer Recherche entbotenen Vereinssecretärs gesagt. Aber die kecke Antwort lautete: Nach oben, aber nicht nach unten! Ottomar verstand diese Erklärung, die Ada selbst hinterher ihm heimlich in’s Ohr als „unsinnig“ bekannte, vollkommen und erklärte sie für eine Beleidigung seines Freundes Wolny; er würde nicht mit ihr tanzen, sagte er, zur Strafe für diese Aeußerung. Tanzen werde ich überhaupt nicht! hatte dann wieder Ada gesagt, geärgert durch seinen „Demokratendünkel“. Darin hat die Mutter Recht! trotzte Ada. Ottomar hörte im Geist seinen Vater poltern. Da hast Du das aristokratische Volk! Diese Bettelbagage, die den Staat ausnagt! Auch Ottomar mußte sich sagen: Sie will eigentlich nur mit der Lorgnette von einer Estrade aus zusehen, wie sich dergleichen beim Bürgerpack ausnimmt! Auf die Generalin paßte das vollkommen. Längst hatte der junge Vereinssecretär Vornehmthuerei und wahre <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0224" n="218"/> Die peinlichste Sorge, die Ottomar auf dem Herzen lag, galt dem heutigen Abend. Ada wollte erscheinen! Die Generalin hatte zwar Umstände gemacht; man würde auf Krethi und Plethi stoßen! Ada aber verlangte die Zusage, die natürlich Graf Udo, wenn er zugegen gewesen wäre, der Trauer wegen für sich nicht hätte geben können. Die Trauer bindet ja auch Dich! hatte die Generalin rücksichtslos in Gegenwart des jungen, alle Augenblicke von ihr zu einer Recherche entbotenen Vereinssecretärs gesagt. Aber die kecke Antwort lautete: Nach oben, aber nicht nach unten! Ottomar verstand diese Erklärung, die Ada selbst hinterher ihm heimlich in’s Ohr als „unsinnig“ bekannte, vollkommen und erklärte sie für eine Beleidigung seines Freundes Wolny; er würde nicht mit ihr tanzen, sagte er, zur Strafe für diese Aeußerung. Tanzen werde ich überhaupt nicht! hatte dann wieder Ada gesagt, geärgert durch seinen „Demokratendünkel“. Darin hat die Mutter Recht! trotzte Ada. Ottomar hörte im Geist seinen Vater poltern. Da hast Du das aristokratische Volk! Diese Bettelbagage, die den Staat ausnagt! Auch Ottomar mußte sich sagen: Sie will eigentlich nur mit der Lorgnette von einer Estrade aus zusehen, wie sich dergleichen beim Bürgerpack ausnimmt! Auf die Generalin paßte das vollkommen. Längst hatte der junge Vereinssecretär Vornehmthuerei und wahre </p> </div> </body> </text> </TEI> [218/0224]
Die peinlichste Sorge, die Ottomar auf dem Herzen lag, galt dem heutigen Abend. Ada wollte erscheinen! Die Generalin hatte zwar Umstände gemacht; man würde auf Krethi und Plethi stoßen! Ada aber verlangte die Zusage, die natürlich Graf Udo, wenn er zugegen gewesen wäre, der Trauer wegen für sich nicht hätte geben können. Die Trauer bindet ja auch Dich! hatte die Generalin rücksichtslos in Gegenwart des jungen, alle Augenblicke von ihr zu einer Recherche entbotenen Vereinssecretärs gesagt. Aber die kecke Antwort lautete: Nach oben, aber nicht nach unten! Ottomar verstand diese Erklärung, die Ada selbst hinterher ihm heimlich in’s Ohr als „unsinnig“ bekannte, vollkommen und erklärte sie für eine Beleidigung seines Freundes Wolny; er würde nicht mit ihr tanzen, sagte er, zur Strafe für diese Aeußerung. Tanzen werde ich überhaupt nicht! hatte dann wieder Ada gesagt, geärgert durch seinen „Demokratendünkel“. Darin hat die Mutter Recht! trotzte Ada. Ottomar hörte im Geist seinen Vater poltern. Da hast Du das aristokratische Volk! Diese Bettelbagage, die den Staat ausnagt! Auch Ottomar mußte sich sagen: Sie will eigentlich nur mit der Lorgnette von einer Estrade aus zusehen, wie sich dergleichen beim Bürgerpack ausnimmt! Auf die Generalin paßte das vollkommen. Längst hatte der junge Vereinssecretär Vornehmthuerei und wahre
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