Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Foyers der Theater, die er gern besuchte, stärkte er sich durch irgend eine Lectüre zum Kampf gegen die Gedankenlosigkeit der Zeit. Er vermißte eben überall das Streben nach den Urproblemen der Menschheit. Dies Wort hatte er nur zweimal in Gegenwart Jean Voglers fallen lassen und der cynische, selten nüchterne College brachte es in alle Dicasterien und Notarstuben. Theodorich der Ostgothe war der Sucher des Urproblems. Manche, die ihn auf die Frage, die sie erstaunt an ihn richteten, mit einer gewissen großartigen Verachtung schweigen sahen, glaubten wirklich, daß sich der blonde Mann mit den Schnurrbartspitzen diese hohe philosophische Aufgabe gestellt hätte. Sie werden heute Abend meinen neuen Frack bewundern! war auch jetzt seine ganze gelassene Antwort, als er neben Ottomar herschritt. Der Schneider wohnt hier nebenan. Das verlockte mich, etwas zu frühstücken. Der Kragen meines Fracks ist von Seide. Was sagen Sie dazu? Es ist die neuste Mode! Von Seide? Da wird man ja glauben, der frühere Kragen sei abgenutzt gewesen. Sie hätten ihn doch lieber von Sammet nehmen sollen. Frack mit Seidenkragen und Seidenrabatten! wiederholte Dieterici fest und bestimmt, ohne auf Einreden zu hören, ich sah's im Modejournal! Imperialistische Foyers der Theater, die er gern besuchte, stärkte er sich durch irgend eine Lectüre zum Kampf gegen die Gedankenlosigkeit der Zeit. Er vermißte eben überall das Streben nach den Urproblemen der Menschheit. Dies Wort hatte er nur zweimal in Gegenwart Jean Voglers fallen lassen und der cynische, selten nüchterne College brachte es in alle Dicasterien und Notarstuben. Theodorich der Ostgothe war der Sucher des Urproblems. Manche, die ihn auf die Frage, die sie erstaunt an ihn richteten, mit einer gewissen großartigen Verachtung schweigen sahen, glaubten wirklich, daß sich der blonde Mann mit den Schnurrbartspitzen diese hohe philosophische Aufgabe gestellt hätte. Sie werden heute Abend meinen neuen Frack bewundern! war auch jetzt seine ganze gelassene Antwort, als er neben Ottomar herschritt. Der Schneider wohnt hier nebenan. Das verlockte mich, etwas zu frühstücken. Der Kragen meines Fracks ist von Seide. Was sagen Sie dazu? Es ist die neuste Mode! Von Seide? Da wird man ja glauben, der frühere Kragen sei abgenutzt gewesen. Sie hätten ihn doch lieber von Sammet nehmen sollen. Frack mit Seidenkragen und Seidenrabatten! wiederholte Dieterici fest und bestimmt, ohne auf Einreden zu hören, ich sah’s im Modejournal! Imperialistische <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0219" n="213"/> Foyers der Theater, die er gern besuchte, stärkte er sich durch irgend eine Lectüre zum Kampf gegen die Gedankenlosigkeit der Zeit. Er vermißte eben überall das Streben nach den Urproblemen der Menschheit. Dies Wort hatte er nur zweimal in Gegenwart Jean Voglers fallen lassen und der cynische, selten nüchterne College brachte es in alle <ref xml:id="TEXTDicasterien" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLDicasterien">Dicasterien</ref> und Notarstuben. Theodorich der Ostgothe war der Sucher des Urproblems. Manche, die ihn auf die Frage, die sie erstaunt an ihn richteten, mit einer gewissen großartigen Verachtung schweigen sahen, glaubten wirklich, daß sich der blonde Mann mit den Schnurrbartspitzen diese hohe philosophische Aufgabe gestellt hätte. </p> <p>Sie werden heute Abend meinen neuen Frack bewundern! war auch jetzt seine ganze gelassene Antwort, als er neben Ottomar herschritt. Der Schneider wohnt hier nebenan. Das verlockte mich, etwas zu frühstücken. Der Kragen meines Fracks ist von Seide. Was sagen Sie dazu? Es ist die neuste Mode! </p> <p>Von Seide? Da wird man ja glauben, der frühere Kragen sei abgenutzt gewesen. Sie hätten ihn doch lieber von Sammet nehmen sollen. </p> <p>Frack mit Seidenkragen und <ref xml:id="TEXTSeidenrabatten" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLSeidenrabatten">Seidenrabatten</ref>! wiederholte Dieterici fest und bestimmt, ohne auf Einreden zu hören, ich sah’s im Modejournal! <ref xml:id="TEXTImperialistischePariserMode" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLImperialistischePariserMode">Imperialistische </ref></p> </div> </body> </text> </TEI> [213/0219]
Foyers der Theater, die er gern besuchte, stärkte er sich durch irgend eine Lectüre zum Kampf gegen die Gedankenlosigkeit der Zeit. Er vermißte eben überall das Streben nach den Urproblemen der Menschheit. Dies Wort hatte er nur zweimal in Gegenwart Jean Voglers fallen lassen und der cynische, selten nüchterne College brachte es in alle Dicasterien und Notarstuben. Theodorich der Ostgothe war der Sucher des Urproblems. Manche, die ihn auf die Frage, die sie erstaunt an ihn richteten, mit einer gewissen großartigen Verachtung schweigen sahen, glaubten wirklich, daß sich der blonde Mann mit den Schnurrbartspitzen diese hohe philosophische Aufgabe gestellt hätte.
Sie werden heute Abend meinen neuen Frack bewundern! war auch jetzt seine ganze gelassene Antwort, als er neben Ottomar herschritt. Der Schneider wohnt hier nebenan. Das verlockte mich, etwas zu frühstücken. Der Kragen meines Fracks ist von Seide. Was sagen Sie dazu? Es ist die neuste Mode!
Von Seide? Da wird man ja glauben, der frühere Kragen sei abgenutzt gewesen. Sie hätten ihn doch lieber von Sammet nehmen sollen.
Frack mit Seidenkragen und Seidenrabatten! wiederholte Dieterici fest und bestimmt, ohne auf Einreden zu hören, ich sah’s im Modejournal! Imperialistische
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/219>, abgerufen am 16.07.2024. |