Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Dieterici schwärmt dafür. Auch ich kannte die heinisirenden Ergüsse aus einzelnen Stellen, die meine Collegen bei Luzius recitirten. Der Eine spricht davon ganz wie von der Wagner'schen Musik, immer mit einem Aufschlag seiner leider meist vom Wein angelaufenen Augen - Jean Vogler sein Name - der Andre, Dieterici, faßt die Sache ernster. Er möchte das Problem lösen, wie sich hier Sentimentalität mit dem Hörselberg vereinigen konnten. Er ist doch in Heinrich Heine, denk' ich, längst gelöst! schaltete der Graf ein. Man baut hier die Poesie auf Reminiscenzen! Ein Gedicht von dem Modell auf der Kunstausstellung las ich und fand es in der That ergreifend, fuhr Ottomar fort. Ich erinnerte mich freilich, etwas Aehnliches schon bei einem Franzosen, vielleicht Musset, gelesen zu haben. Ueberhaupt, ich hatte Zeit zum Grübeln und kam bei jener Lectüre auf den Gedanken, daß ich mich anheischig mache - mit einem Würfel gewisse Redensarten und Lieblingssituationen des Tages zusammenzusetzen und meine beiden Fräulein Luzius sollen die Resultate "göttlich" finden. Der Graf blieb verstimmt. "Reizend" ist Adas Ausdruck, schaltete er ein. Und die übrigen Bücher? Vielleicht sogar Kupferwerke? Dieterici schwärmt dafür. Auch ich kannte die heinisirenden Ergüsse aus einzelnen Stellen, die meine Collegen bei Luzius recitirten. Der Eine spricht davon ganz wie von der Wagner’schen Musik, immer mit einem Aufschlag seiner leider meist vom Wein angelaufenen Augen – Jean Vogler sein Name – der Andre, Dieterici, faßt die Sache ernster. Er möchte das Problem lösen, wie sich hier Sentimentalität mit dem Hörselberg vereinigen konnten. Er ist doch in Heinrich Heine, denk’ ich, längst gelöst! schaltete der Graf ein. Man baut hier die Poesie auf Reminiscenzen! Ein Gedicht von dem Modell auf der Kunstausstellung las ich und fand es in der That ergreifend, fuhr Ottomar fort. Ich erinnerte mich freilich, etwas Aehnliches schon bei einem Franzosen, vielleicht Musset, gelesen zu haben. Ueberhaupt, ich hatte Zeit zum Grübeln und kam bei jener Lectüre auf den Gedanken, daß ich mich anheischig mache – mit einem Würfel gewisse Redensarten und Lieblingssituationen des Tages zusammenzusetzen und meine beiden Fräulein Luzius sollen die Resultate „göttlich“ finden. Der Graf blieb verstimmt. „Reizend“ ist Adas Ausdruck, schaltete er ein. Und die übrigen Bücher? Vielleicht sogar Kupferwerke? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0195" n="189"/> Dieterici schwärmt dafür. Auch ich kannte <ref xml:id="TEXTdieheinisirendenErguesse" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLdieheinisirendenErguesse">die heinisirenden Ergüsse</ref> aus einzelnen Stellen, die meine Collegen bei Luzius recitirten. Der Eine spricht davon ganz wie von der Wagner’schen Musik, immer mit einem Aufschlag seiner leider meist vom Wein angelaufenen Augen – Jean Vogler sein Name – der Andre, Dieterici, faßt die Sache ernster. Er möchte das Problem lösen, wie sich hier <ref xml:id="TEXTSentimentalitaetBISvereinigen" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLSentimentalitaetBISvereinigen">Sentimentalität mit dem Hörselberg vereinigen</ref> konnten. </p> <p>Er ist doch in Heinrich Heine, denk’ ich, längst gelöst! schaltete der Graf ein. Man baut hier die Poesie auf Reminiscenzen! </p> <p><ref xml:id="TEXTEinGedichtBISKunstausstellung" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLEinGedichtBISKunstausstellung">Ein Gedicht von dem Modell auf der Kunstausstellung</ref> las ich und fand es in der That ergreifend, fuhr Ottomar fort. Ich erinnerte mich freilich, <ref xml:id="TEXTetwasAehnlichesBIShaben" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLetwasAehnlichesBIShaben">etwas Aehnliches schon bei einem Franzosen, vielleicht Musset, gelesen zu haben</ref>. Ueberhaupt, ich hatte Zeit zum Grübeln und kam bei jener Lectüre auf den Gedanken, daß ich mich anheischig mache – mit einem Würfel gewisse Redensarten und Lieblingssituationen des Tages zusammenzusetzen und meine beiden Fräulein Luzius sollen die Resultate „göttlich“ finden. </p> <p>Der Graf blieb verstimmt. „Reizend“ ist Adas Ausdruck, schaltete er ein. Und die übrigen Bücher? Vielleicht sogar <ref xml:id="TEXTKupferwerke" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLKupferwerke">Kupferwerke</ref>? </p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [189/0195]
Dieterici schwärmt dafür. Auch ich kannte die heinisirenden Ergüsse aus einzelnen Stellen, die meine Collegen bei Luzius recitirten. Der Eine spricht davon ganz wie von der Wagner’schen Musik, immer mit einem Aufschlag seiner leider meist vom Wein angelaufenen Augen – Jean Vogler sein Name – der Andre, Dieterici, faßt die Sache ernster. Er möchte das Problem lösen, wie sich hier Sentimentalität mit dem Hörselberg vereinigen konnten.
Er ist doch in Heinrich Heine, denk’ ich, längst gelöst! schaltete der Graf ein. Man baut hier die Poesie auf Reminiscenzen!
Ein Gedicht von dem Modell auf der Kunstausstellung las ich und fand es in der That ergreifend, fuhr Ottomar fort. Ich erinnerte mich freilich, etwas Aehnliches schon bei einem Franzosen, vielleicht Musset, gelesen zu haben. Ueberhaupt, ich hatte Zeit zum Grübeln und kam bei jener Lectüre auf den Gedanken, daß ich mich anheischig mache – mit einem Würfel gewisse Redensarten und Lieblingssituationen des Tages zusammenzusetzen und meine beiden Fräulein Luzius sollen die Resultate „göttlich“ finden.
Der Graf blieb verstimmt. „Reizend“ ist Adas Ausdruck, schaltete er ein. Und die übrigen Bücher? Vielleicht sogar Kupferwerke?
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/195>, abgerufen am 16.02.2025. |