Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877."einzelnen Dame" diente und vor Allem den hochintelligenten Zimmerherrn, den Referendar Dieterici. Ein wunderbares Talent für das Vornehme verband dieser Einmiether mit allerlei kleinen Neigungen für Volksthümliches. Sein Bedürfniß, Abends, wenn er nicht irgendwo zum Thee oder Ball war, zu Hause zu soupiren und zwar "warm", zog Frau Blaumeißel ganz von dem abendlichen socialen Schwindel, dem Besuch der Vereinslocale ab. Auch war Blaumeißel weniger frivol als sonst. Er meinte, ihr Professor käme ihm manchmal erhaben vor, besonders wenn er im Atelier das Sopha abräumte, sich legte und an die Decke "stierte" oder die Hände vor die Augen hielte. Mit einem Male stünde er dann auf und sagte blos: Wer hat denn die Bürste da wieder hingelegt? Oder: Das Petroleum ist, glaube ich, Thränenwasser aus der Hölle! oder dergleichen und dabei hat doch der Mann eben die Jacobsleiter erstiegen und mit dem Erzengel Michael gesprochen! Plümicke fuhr förmlich zurück über diese Stylwendungen. Micheline und Josefa waren katholisch, diese konnten wohl Bücher mit Erzengeln und Jacobsleitern besitzen. Aber beide Frauen neigten durch den Verein zu freisinnigen Anschauungen. Die Deutschkatholiken machten zuweilen so gemüthliche Ausflüge! „einzelnen Dame“ diente und vor Allem den hochintelligenten Zimmerherrn, den Referendar Dieterici. Ein wunderbares Talent für das Vornehme verband dieser Einmiether mit allerlei kleinen Neigungen für Volksthümliches. Sein Bedürfniß, Abends, wenn er nicht irgendwo zum Thee oder Ball war, zu Hause zu soupiren und zwar „warm“, zog Frau Blaumeißel ganz von dem abendlichen socialen Schwindel, dem Besuch der Vereinslocale ab. Auch war Blaumeißel weniger frivol als sonst. Er meinte, ihr Professor käme ihm manchmal erhaben vor, besonders wenn er im Atelier das Sopha abräumte, sich legte und an die Decke „stierte“ oder die Hände vor die Augen hielte. Mit einem Male stünde er dann auf und sagte blos: Wer hat denn die Bürste da wieder hingelegt? Oder: Das Petroleum ist, glaube ich, Thränenwasser aus der Hölle! oder dergleichen und dabei hat doch der Mann eben die Jacobsleiter erstiegen und mit dem Erzengel Michael gesprochen! Plümicke fuhr förmlich zurück über diese Stylwendungen. Micheline und Josefa waren katholisch, diese konnten wohl Bücher mit Erzengeln und Jacobsleitern besitzen. Aber beide Frauen neigten durch den Verein zu freisinnigen Anschauungen. Die Deutschkatholiken machten zuweilen so gemüthliche Ausflüge! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0188" n="182"/> „einzelnen Dame“ diente und vor Allem den hochintelligenten Zimmerherrn, den Referendar Dieterici. Ein wunderbares Talent für das Vornehme verband dieser Einmiether mit allerlei kleinen Neigungen für Volksthümliches. Sein Bedürfniß, Abends, wenn er nicht irgendwo zum Thee oder Ball war, zu Hause zu soupiren und zwar „warm“, zog Frau Blaumeißel ganz von dem abendlichen socialen Schwindel, dem Besuch der Vereinslocale ab. </p> <p>Auch war Blaumeißel weniger frivol als sonst. Er meinte, ihr Professor käme ihm manchmal erhaben vor, besonders wenn er im Atelier das Sopha abräumte, sich legte und an die Decke „stierte“ oder die Hände vor die Augen hielte. Mit einem Male stünde er dann auf und sagte blos: Wer hat denn die Bürste da wieder hingelegt? Oder: Das Petroleum ist, glaube ich, Thränenwasser aus der Hölle! oder dergleichen und dabei hat doch der Mann eben die <ref xml:id="TEXTJacobsleiter" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLJacobsleiter">Jacobsleiter</ref> erstiegen und mit dem Erzengel Michael gesprochen! </p> <p>Plümicke fuhr förmlich zurück über diese Stylwendungen. Micheline und Josefa waren katholisch, diese konnten wohl Bücher mit Erzengeln und Jacobsleitern besitzen. Aber beide Frauen neigten durch den Verein zu freisinnigen Anschauungen. Die <ref xml:id="TEXTDeutschkatholiken" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLDeutschkatholiken">Deutschkatholiken</ref> machten zuweilen so gemüthliche Ausflüge! </p> </div> </body> </text> </TEI> [182/0188]
„einzelnen Dame“ diente und vor Allem den hochintelligenten Zimmerherrn, den Referendar Dieterici. Ein wunderbares Talent für das Vornehme verband dieser Einmiether mit allerlei kleinen Neigungen für Volksthümliches. Sein Bedürfniß, Abends, wenn er nicht irgendwo zum Thee oder Ball war, zu Hause zu soupiren und zwar „warm“, zog Frau Blaumeißel ganz von dem abendlichen socialen Schwindel, dem Besuch der Vereinslocale ab.
Auch war Blaumeißel weniger frivol als sonst. Er meinte, ihr Professor käme ihm manchmal erhaben vor, besonders wenn er im Atelier das Sopha abräumte, sich legte und an die Decke „stierte“ oder die Hände vor die Augen hielte. Mit einem Male stünde er dann auf und sagte blos: Wer hat denn die Bürste da wieder hingelegt? Oder: Das Petroleum ist, glaube ich, Thränenwasser aus der Hölle! oder dergleichen und dabei hat doch der Mann eben die Jacobsleiter erstiegen und mit dem Erzengel Michael gesprochen!
Plümicke fuhr förmlich zurück über diese Stylwendungen. Micheline und Josefa waren katholisch, diese konnten wohl Bücher mit Erzengeln und Jacobsleitern besitzen. Aber beide Frauen neigten durch den Verein zu freisinnigen Anschauungen. Die Deutschkatholiken machten zuweilen so gemüthliche Ausflüge!
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/188>, abgerufen am 16.02.2025. |