Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Lästre nicht, Elender! rief die Schwester. Na, wer hat Dir denn den Auftrag gegeben? Papa, Mama, sie selbst? Ihr Bruder: Lieutenant Althing! sagte Martha mit Entschiedenheit. Das machte ihn schweigen. Aber dennoch wollte er obenauf bleiben und sagte frech: Doch in keiner Kosestunde das abgemacht -? Ja so, unterbrach er sich, Du sollst ja schon im Geheimen verlobt sein. Mäßige Deine lose Zunge! sagte die Schwester mit erstickter Stimme. Nun, Du wirst doch nicht leugnen wollen - fuhr der Bruder mit zweideutigem gemeinem Lächeln fort. Leugne Du nicht, unterbrach ihn die empörte Schwester, daß Du Dich mit Deinem Kranksein als Lügner verstellst, daß Du zu einem Congreß nach Leipzig reist und die Arbeiter der Fabrik wieder aufgewiegelt hast. Neulich hast Du im Verein Satz für Satz eine Rede, die Wolny gehalten, lächerlich gemacht! Widerlegt habe ich sie! wallte Raimund auf. Ansicht gegen Ansicht ausgetauscht! Seine Tiraden hätten einige Gimpel gefangen nehmen können. Uebrigens kann ich thun, was ich will. Mir steht die Welt offen. Der alte Wehlisch sagt - meinte jetzt ebenfalls bitter lachend die Schwester: Dir steht entweder noch Lästre nicht, Elender! rief die Schwester. Na, wer hat Dir denn den Auftrag gegeben? Papa, Mama, sie selbst? Ihr Bruder: Lieutenant Althing! sagte Martha mit Entschiedenheit. Das machte ihn schweigen. Aber dennoch wollte er obenauf bleiben und sagte frech: Doch in keiner Kosestunde das abgemacht –? Ja so, unterbrach er sich, Du sollst ja schon im Geheimen verlobt sein. Mäßige Deine lose Zunge! sagte die Schwester mit erstickter Stimme. Nun, Du wirst doch nicht leugnen wollen – fuhr der Bruder mit zweideutigem gemeinem Lächeln fort. Leugne Du nicht, unterbrach ihn die empörte Schwester, daß Du Dich mit Deinem Kranksein als Lügner verstellst, daß Du zu einem Congreß nach Leipzig reist und die Arbeiter der Fabrik wieder aufgewiegelt hast. Neulich hast Du im Verein Satz für Satz eine Rede, die Wolny gehalten, lächerlich gemacht! Widerlegt habe ich sie! wallte Raimund auf. Ansicht gegen Ansicht ausgetauscht! Seine Tiraden hätten einige Gimpel gefangen nehmen können. Uebrigens kann ich thun, was ich will. Mir steht die Welt offen. Der alte Wehlisch sagt – meinte jetzt ebenfalls bitter lachend die Schwester: Dir steht entweder noch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0171" n="165"/> Lästre nicht, Elender! rief die Schwester. </p> <p>Na, wer hat Dir denn den Auftrag gegeben? Papa, Mama, sie selbst? </p> <p>Ihr Bruder: Lieutenant Althing! sagte Martha mit Entschiedenheit. </p> <p>Das machte ihn schweigen. Aber dennoch wollte er obenauf bleiben und sagte frech: Doch in keiner Kosestunde das abgemacht –? Ja so, unterbrach er sich, Du sollst ja schon im Geheimen verlobt sein. </p> <p>Mäßige Deine lose Zunge! sagte die Schwester mit erstickter Stimme. </p> <p>Nun, Du wirst doch nicht leugnen wollen – fuhr der Bruder mit zweideutigem gemeinem Lächeln fort. </p> <p>Leugne Du nicht, unterbrach ihn die empörte Schwester, daß Du Dich mit Deinem Kranksein als Lügner verstellst, daß Du zu einem Congreß nach Leipzig reist und die Arbeiter der Fabrik wieder aufgewiegelt hast. Neulich hast Du im Verein Satz für Satz eine Rede, die Wolny gehalten, lächerlich gemacht! </p> <p>Widerlegt habe ich sie! wallte Raimund auf. Ansicht gegen Ansicht ausgetauscht! Seine Tiraden hätten einige Gimpel gefangen nehmen können. Uebrigens kann ich thun, was ich will. Mir steht die Welt offen. </p> <p>Der alte Wehlisch sagt – meinte jetzt ebenfalls bitter lachend die Schwester: Dir steht entweder noch </p> </div> </body> </text> </TEI> [165/0171]
Lästre nicht, Elender! rief die Schwester.
Na, wer hat Dir denn den Auftrag gegeben? Papa, Mama, sie selbst?
Ihr Bruder: Lieutenant Althing! sagte Martha mit Entschiedenheit.
Das machte ihn schweigen. Aber dennoch wollte er obenauf bleiben und sagte frech: Doch in keiner Kosestunde das abgemacht –? Ja so, unterbrach er sich, Du sollst ja schon im Geheimen verlobt sein.
Mäßige Deine lose Zunge! sagte die Schwester mit erstickter Stimme.
Nun, Du wirst doch nicht leugnen wollen – fuhr der Bruder mit zweideutigem gemeinem Lächeln fort.
Leugne Du nicht, unterbrach ihn die empörte Schwester, daß Du Dich mit Deinem Kranksein als Lügner verstellst, daß Du zu einem Congreß nach Leipzig reist und die Arbeiter der Fabrik wieder aufgewiegelt hast. Neulich hast Du im Verein Satz für Satz eine Rede, die Wolny gehalten, lächerlich gemacht!
Widerlegt habe ich sie! wallte Raimund auf. Ansicht gegen Ansicht ausgetauscht! Seine Tiraden hätten einige Gimpel gefangen nehmen können. Uebrigens kann ich thun, was ich will. Mir steht die Welt offen.
Der alte Wehlisch sagt – meinte jetzt ebenfalls bitter lachend die Schwester: Dir steht entweder noch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/171 |
Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/171>, abgerufen am 16.02.2025. |