Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Mahlo kannte diese Stimmung seines Protectors und respectirte sie in jeder Beziehung. Schweigend zog er Raimunds Pelz aus, ging in's Nebengemach, rumorte dort mit Krügen und Schüsseln nicht unbedenklich für Raimund und hörte leider nicht, daß Stiftchen erstens den Mutterwitz hatte zu sagen: "Na, im Verein, Gartenstraße 819, ist es des Nachts 2 Uhr auch noch nicht still" - dann aber Gelegenheit fand, plötzlich noch als einen Auftrag, den er ganz vergessen, etwas Orthographisches anzubringen. Ja, Herr Jesus, daß ich's ganz vergessen habe! "Henkersmahlzeit" und "Prostemahlzeit" sagt unser Herr Corrector, muß doch noch immer mit 'nem H geschrieben werden. Ohne H ist es noch nicht von oben befohlen! Raimund las in seiner Correctur pathetisch: "Diese kleinen Concessionen der Principale, was sind sie denn anders als die letzten Henkersmahlzeiten, welche der Tyrann, das souveräne Capital -" Nein, mein Junge! unterbrach er sich. Weg mit diesem H! Es ist ein unnützer Schmarotzer in Eurem Letternkasten! Nun, sagte Stift etwas verlegen und zupfte verschmitzt an seinem Tüffelrock, nun, da sagt der Herr Corrector: Warum Sie denn selbst so viel unnütze Buchstaben in Ihrem Namen hätten? Sie hießen doch Ehlerdt und wären das überflüssige H und das D wahrscheinlich Mahlo kannte diese Stimmung seines Protectors und respectirte sie in jeder Beziehung. Schweigend zog er Raimunds Pelz aus, ging in’s Nebengemach, rumorte dort mit Krügen und Schüsseln nicht unbedenklich für Raimund und hörte leider nicht, daß Stiftchen erstens den Mutterwitz hatte zu sagen: „Na, im Verein, Gartenstraße 819, ist es des Nachts 2 Uhr auch noch nicht still“ – dann aber Gelegenheit fand, plötzlich noch als einen Auftrag, den er ganz vergessen, etwas Orthographisches anzubringen. Ja, Herr Jesus, daß ich’s ganz vergessen habe! „Henkersmahlzeit“ und „Prostemahlzeit“ sagt unser Herr Corrector, muß doch noch immer mit ’nem H geschrieben werden. Ohne H ist es noch nicht von oben befohlen! Raimund las in seiner Correctur pathetisch: „Diese kleinen Concessionen der Principale, was sind sie denn anders als die letzten Henkersmahlzeiten, welche der Tyrann, das souveräne Capital –“ Nein, mein Junge! unterbrach er sich. Weg mit diesem H! Es ist ein unnützer Schmarotzer in Eurem Letternkasten! Nun, sagte Stift etwas verlegen und zupfte verschmitzt an seinem Tüffelrock, nun, da sagt der Herr Corrector: Warum Sie denn selbst so viel unnütze Buchstaben in Ihrem Namen hätten? Sie hießen doch Ehlerdt und wären das überflüssige H und das D wahrscheinlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0167" n="161"/> Mahlo kannte diese Stimmung seines Protectors und respectirte sie in jeder Beziehung. Schweigend zog er Raimunds Pelz aus, ging in’s Nebengemach, rumorte dort mit Krügen und Schüsseln nicht unbedenklich für Raimund und hörte leider nicht, daß Stiftchen erstens den Mutterwitz hatte zu sagen: „Na, im Verein, Gartenstraße 819, ist es des Nachts 2 Uhr auch noch nicht still“ – dann aber Gelegenheit fand, plötzlich noch als einen Auftrag, den er ganz vergessen, etwas Orthographisches anzubringen. Ja, Herr Jesus, daß ich’s ganz vergessen habe! „Henkersmahlzeit“ und „Prostemahlzeit“ sagt unser Herr Corrector, <ref xml:id="TEXTmussdochBISbefohlen" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLmussdochBISbefohlen">muß doch noch immer mit ’nem H geschrieben werden. Ohne H ist es noch nicht von oben befohlen</ref>!</p> <p>Raimund las in seiner Correctur pathetisch: „Diese kleinen Concessionen der Principale, was sind sie denn anders als die letzten Henkersmahlzeiten, welche der Tyrann, das souveräne Capital –“ Nein, mein Junge! unterbrach er sich. Weg mit diesem H! Es ist ein unnützer Schmarotzer in Eurem Letternkasten! </p> <p>Nun, sagte Stift etwas verlegen und zupfte verschmitzt an seinem <ref xml:id="TEXTTueffelrock" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLTueffelrock">Tüffelrock</ref>, nun, da sagt der Herr Corrector: Warum Sie denn selbst so viel unnütze Buchstaben in Ihrem Namen hätten? Sie hießen doch Ehlerdt und wären das überflüssige H und das D wahrscheinlich </p> </div> </body> </text> </TEI> [161/0167]
Mahlo kannte diese Stimmung seines Protectors und respectirte sie in jeder Beziehung. Schweigend zog er Raimunds Pelz aus, ging in’s Nebengemach, rumorte dort mit Krügen und Schüsseln nicht unbedenklich für Raimund und hörte leider nicht, daß Stiftchen erstens den Mutterwitz hatte zu sagen: „Na, im Verein, Gartenstraße 819, ist es des Nachts 2 Uhr auch noch nicht still“ – dann aber Gelegenheit fand, plötzlich noch als einen Auftrag, den er ganz vergessen, etwas Orthographisches anzubringen. Ja, Herr Jesus, daß ich’s ganz vergessen habe! „Henkersmahlzeit“ und „Prostemahlzeit“ sagt unser Herr Corrector, muß doch noch immer mit ’nem H geschrieben werden. Ohne H ist es noch nicht von oben befohlen!
Raimund las in seiner Correctur pathetisch: „Diese kleinen Concessionen der Principale, was sind sie denn anders als die letzten Henkersmahlzeiten, welche der Tyrann, das souveräne Capital –“ Nein, mein Junge! unterbrach er sich. Weg mit diesem H! Es ist ein unnützer Schmarotzer in Eurem Letternkasten!
Nun, sagte Stift etwas verlegen und zupfte verschmitzt an seinem Tüffelrock, nun, da sagt der Herr Corrector: Warum Sie denn selbst so viel unnütze Buchstaben in Ihrem Namen hätten? Sie hießen doch Ehlerdt und wären das überflüssige H und das D wahrscheinlich
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder01_1877/167>, abgerufen am 17.07.2024. |