Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 1. Breslau, 1877.Hof auf die Straße. Schlackenreste aus den Oefen bezeichneten ringsum die Wege, so sauber es auch im Innern des Hauses aussah. Er war der Wohnung der Marloff ziemlich nahe, Pallisadenstraße 13. Er wollte vigiliren, ob er es wagen konnte, sie bei Tage zu besuchen - - - Inzwischen war um die Commerzienräthin schon jene Lebendigkeit eingetreten, die um sie her herrschen mußte, um sie in dem Glauben an die Unzerstörbarkeit ihres Lebens zu erhalten. Wenn sie nur Menschen sah, wenn ihr nur prächtige Kleiderstoffe entgegen lachten, Carossen der Aristokratie vorfuhren, dann hatte sie Anhalt an die Welt, von welcher die grausame Wirklichkeit ihres Leidens ausgeschlossen war. Dann konnte sie dem Arzte Versicherungen geben, daß sie keinen Ball besuche, dem Justizrath Luzius ein baldiges Testament versprechen, dem Sohn einen ernsten Vorhalt machen und zuletzt ihren "geliebten Mann" umarmen und liebkosen. War sie aber allein, ohne Anregung und versagte ihr die Kraft, sich aufzuschwingen, Gesellschaft zu sehen, dann traten alle Schreckgestalten vor ihr Auge. Dann waren Wolny und Martha bereits verbunden! Dann verkaufte jener die Fabrik, zog in glücklichere Gegenden, in wonnige Gefilde, in die Schweiz, schwelgte mit der schönen schlanken Geliebten in Italien - während sie im Grabe moderte - ha! dann hätte nur ein Beweis geführt Hof auf die Straße. Schlackenreste aus den Oefen bezeichneten ringsum die Wege, so sauber es auch im Innern des Hauses aussah. Er war der Wohnung der Marloff ziemlich nahe, Pallisadenstraße 13. Er wollte vigiliren, ob er es wagen konnte, sie bei Tage zu besuchen – – – Inzwischen war um die Commerzienräthin schon jene Lebendigkeit eingetreten, die um sie her herrschen mußte, um sie in dem Glauben an die Unzerstörbarkeit ihres Lebens zu erhalten. Wenn sie nur Menschen sah, wenn ihr nur prächtige Kleiderstoffe entgegen lachten, Carossen der Aristokratie vorfuhren, dann hatte sie Anhalt an die Welt, von welcher die grausame Wirklichkeit ihres Leidens ausgeschlossen war. Dann konnte sie dem Arzte Versicherungen geben, daß sie keinen Ball besuche, dem Justizrath Luzius ein baldiges Testament versprechen, dem Sohn einen ernsten Vorhalt machen und zuletzt ihren „geliebten Mann“ umarmen und liebkosen. War sie aber allein, ohne Anregung und versagte ihr die Kraft, sich aufzuschwingen, Gesellschaft zu sehen, dann traten alle Schreckgestalten vor ihr Auge. Dann waren Wolny und Martha bereits verbunden! Dann verkaufte jener die Fabrik, zog in glücklichere Gegenden, in wonnige Gefilde, in die Schweiz, schwelgte mit der schönen schlanken Geliebten in Italien – während sie im Grabe moderte – ha! dann hätte nur ein Beweis geführt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0149" n="143"/> Hof auf die Straße. Schlackenreste aus den Oefen bezeichneten ringsum die Wege, so sauber es auch im Innern des Hauses aussah. Er war der Wohnung der Marloff ziemlich nahe, <ref xml:id="TEXTPallisadenstrasse13" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLPallisadenstrasse13">Pallisadenstraße 13</ref>. Er wollte <ref xml:id="TEXTvigiliren" type="editorialNote" target="NSer2E.htm#ERLvigiliren">vigiliren</ref>, ob er es wagen konnte, sie bei Tage zu besuchen – – – </p> <p>Inzwischen war um die Commerzienräthin schon jene Lebendigkeit eingetreten, die um sie her herrschen mußte, um sie in dem Glauben an die Unzerstörbarkeit ihres Lebens zu erhalten. Wenn sie nur Menschen sah, wenn ihr nur prächtige Kleiderstoffe entgegen lachten, Carossen der Aristokratie vorfuhren, dann hatte sie Anhalt an die Welt, von welcher die grausame Wirklichkeit ihres Leidens ausgeschlossen war. Dann konnte sie dem Arzte Versicherungen geben, daß sie keinen Ball besuche, dem Justizrath Luzius ein baldiges Testament versprechen, dem Sohn einen ernsten Vorhalt machen und zuletzt ihren „geliebten Mann“ umarmen und liebkosen. War sie aber allein, ohne Anregung und versagte ihr die Kraft, sich aufzuschwingen, Gesellschaft zu sehen, dann traten alle Schreckgestalten vor ihr Auge. Dann waren Wolny und Martha bereits verbunden! Dann verkaufte jener die Fabrik, zog in glücklichere Gegenden, in wonnige Gefilde, in die Schweiz, schwelgte mit der schönen schlanken Geliebten in Italien – während sie im Grabe moderte – ha! dann hätte nur ein Beweis geführt </p> </div> </body> </text> </TEI> [143/0149]
Hof auf die Straße. Schlackenreste aus den Oefen bezeichneten ringsum die Wege, so sauber es auch im Innern des Hauses aussah. Er war der Wohnung der Marloff ziemlich nahe, Pallisadenstraße 13. Er wollte vigiliren, ob er es wagen konnte, sie bei Tage zu besuchen – – –
Inzwischen war um die Commerzienräthin schon jene Lebendigkeit eingetreten, die um sie her herrschen mußte, um sie in dem Glauben an die Unzerstörbarkeit ihres Lebens zu erhalten. Wenn sie nur Menschen sah, wenn ihr nur prächtige Kleiderstoffe entgegen lachten, Carossen der Aristokratie vorfuhren, dann hatte sie Anhalt an die Welt, von welcher die grausame Wirklichkeit ihres Leidens ausgeschlossen war. Dann konnte sie dem Arzte Versicherungen geben, daß sie keinen Ball besuche, dem Justizrath Luzius ein baldiges Testament versprechen, dem Sohn einen ernsten Vorhalt machen und zuletzt ihren „geliebten Mann“ umarmen und liebkosen. War sie aber allein, ohne Anregung und versagte ihr die Kraft, sich aufzuschwingen, Gesellschaft zu sehen, dann traten alle Schreckgestalten vor ihr Auge. Dann waren Wolny und Martha bereits verbunden! Dann verkaufte jener die Fabrik, zog in glücklichere Gegenden, in wonnige Gefilde, in die Schweiz, schwelgte mit der schönen schlanken Geliebten in Italien – während sie im Grabe moderte – ha! dann hätte nur ein Beweis geführt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-02-19T12:27:44Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-02-19T12:27:44Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-1<a>)
(2013-07-01T14:33:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |