[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.lacht die Thorheit, wenn er sie nach dieser Auferstehungswonne recht eigentlich sein lieblichstes Poema nennt. Kann eine Fürstentochter mit einem Jakobiner Freundschaft halten? Darf sie je zugeben, daß ihr, wie einer Vagabondin, der freie Zutritt in civilisirte Staaten, wie Preußen, untersagt ist. Nun klagt der Arme, singt Palinodien auf Gott, Sklaverey und Unsterblichkeit, will nie an Götter, Freiheit und ewigen Tod geglaubt haben. Ich gönne ihm die Vortheile dieses Widerrufs recht gern, aber das ärgert mich, wenn nun so ein Wilibald Alexis in den Leipziger Unterhaltungsblättern drucken läßt, von dem jungen, talentvollen Heine ließe sich noch nichts festsetzen, da er den eigentlichen Fittig seines Schwunges noch nicht entfaltet habe. Ach! Geliebte, ich sattle am Ende auch noch einmal um. Es ist einem doch nicht um die Strecke, sondern nur ums Reiten zu thun. Wer nur die Jugend wieder findet, hat der nicht Alles gefunden? Ich wandere und wandere, und wenn ich auch im Cirkel gehe, so sehe ich doch die liebe Heimath wieder, und höre den Alpenreigen und das wohlbekannte Glockengeläute, jenes wonnesüße Weh empfindend, an dem ich einst sterben möchte. Wenn ein Fürst die Art seiner Anschauungsweise auf 1777 zurückdatirt, so hat er gewiß ver- lacht die Thorheit, wenn er sie nach dieser Auferstehungswonne recht eigentlich sein lieblichstes Poema nennt. Kann eine Fürstentochter mit einem Jakobiner Freundschaft halten? Darf sie je zugeben, daß ihr, wie einer Vagabondin, der freie Zutritt in civilisirte Staaten, wie Preußen, untersagt ist. Nun klagt der Arme, singt Palinodien auf Gott, Sklaverey und Unsterblichkeit, will nie an Götter, Freiheit und ewigen Tod geglaubt haben. Ich gönne ihm die Vortheile dieses Widerrufs recht gern, aber das ärgert mich, wenn nun so ein Wilibald Alexis in den Leipziger Unterhaltungsblättern drucken läßt, von dem jungen, talentvollen Heine ließe sich noch nichts festsetzen, da er den eigentlichen Fittig seines Schwunges noch nicht entfaltet habe. Ach! Geliebte, ich sattle am Ende auch noch einmal um. Es ist einem doch nicht um die Strecke, sondern nur ums Reiten zu thun. Wer nur die Jugend wieder findet, hat der nicht Alles gefunden? Ich wandere und wandere, und wenn ich auch im Cirkel gehe, so sehe ich doch die liebe Heimath wieder, und höre den Alpenreigen und das wohlbekannte Glockengeläute, jenes wonnesüße Weh empfindend, an dem ich einst sterben möchte. Wenn ein Fürst die Art seiner Anschauungsweise auf 1777 zurückdatirt, so hat er gewiß ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0089" n="76"/> lacht die Thorheit, wenn er sie nach dieser Auferstehungswonne recht eigentlich sein lieblichstes Poema nennt. Kann eine Fürstentochter mit einem Jakobiner Freundschaft halten? Darf sie je zugeben, daß ihr, wie einer Vagabondin, der freie Zutritt in civilisirte Staaten, wie Preußen, untersagt ist. Nun klagt der Arme, singt Palinodien auf Gott, Sklaverey und Unsterblichkeit, will nie an Götter, Freiheit und ewigen Tod geglaubt haben. Ich gönne ihm die Vortheile dieses Widerrufs recht gern, aber das ärgert mich, <ref xml:id="TEXTwennnunsoeinBISdruckenlaesst" target="BrN4E.htm#ERLwennnunsoeinBISdruckenlaesst">wenn nun so ein Wilibald Alexis in den Leipziger Unterhaltungsblättern drucken läßt</ref>, von dem jungen, talentvollen Heine ließe sich noch nichts festsetzen, da er den eigentlichen Fittig seines Schwunges noch nicht entfaltet habe.</p> <p>Ach! Geliebte, ich sattle am Ende auch noch einmal um. Es ist einem doch nicht um die Strecke, sondern nur ums Reiten zu thun. Wer nur die Jugend wieder findet, hat der nicht Alles gefunden? Ich wandere und wandere, und wenn ich auch im Cirkel gehe, so sehe ich doch die liebe Heimath wieder, und höre den Alpenreigen und das wohlbekannte Glockengeläute, jenes wonnesüße Weh empfindend, an dem ich einst sterben möchte.</p> <p><ref xml:id="TEXTWenneinFuerstBISzurueckdatirt" target="BrN4E.htm#ERLWenneinFuerstBISzurueckdatirt">Wenn ein Fürst die Art seiner Anschauungsweise auf 1777 zurückdatirt</ref>, so hat er gewiß ver- </p> </div> </body> </text> </TEI> [76/0089]
lacht die Thorheit, wenn er sie nach dieser Auferstehungswonne recht eigentlich sein lieblichstes Poema nennt. Kann eine Fürstentochter mit einem Jakobiner Freundschaft halten? Darf sie je zugeben, daß ihr, wie einer Vagabondin, der freie Zutritt in civilisirte Staaten, wie Preußen, untersagt ist. Nun klagt der Arme, singt Palinodien auf Gott, Sklaverey und Unsterblichkeit, will nie an Götter, Freiheit und ewigen Tod geglaubt haben. Ich gönne ihm die Vortheile dieses Widerrufs recht gern, aber das ärgert mich, wenn nun so ein Wilibald Alexis in den Leipziger Unterhaltungsblättern drucken läßt, von dem jungen, talentvollen Heine ließe sich noch nichts festsetzen, da er den eigentlichen Fittig seines Schwunges noch nicht entfaltet habe.
Ach! Geliebte, ich sattle am Ende auch noch einmal um. Es ist einem doch nicht um die Strecke, sondern nur ums Reiten zu thun. Wer nur die Jugend wieder findet, hat der nicht Alles gefunden? Ich wandere und wandere, und wenn ich auch im Cirkel gehe, so sehe ich doch die liebe Heimath wieder, und höre den Alpenreigen und das wohlbekannte Glockengeläute, jenes wonnesüße Weh empfindend, an dem ich einst sterben möchte.
Wenn ein Fürst die Art seiner Anschauungsweise auf 1777 zurückdatirt, so hat er gewiß ver-
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