[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.darüber, und theilen das Epos unseres Daseins nicht so sehr nach seinen Strömungen und Wallungen, Klippen und Häfen ein, als nach Strophen und numerischer Reihefolge der Gesänge. Weil wir in der That die Künste nur im Schutze des Throns blühen sehen, so lieben wir diese aus denselben Gründen, die uns zur Kunst begeistern. Aus angeborner Leibeigenschaft knieen wir nicht vor den Königen und demüthigen uns, nur aus Gemüthlichkeit. Wir haben einmal Alle eine Geschichte gehört, wie vomtreuen Eckart, und wenn uns der Zufall dabei nicht die erste Rolle gab, so nehmen wir mit Freuden die zweite. Wie liebenswürdig ich meinen Feind schildere! Warum reißt Du mir nur die noch leeren Seiten dieses Briefbogens nicht ab, daß ich mit der unaufgelös'ten Dissonanz, in die mein Herz und der mich beschäftigende Gegenstand gerathen sind, allen ästhetischen Regeln Hohn sprechend von Dir scheide. Ich wollte beweisen, so war meine Absicht, daß wenigstens drei Messen mit erzromantisch historischen Geniestücken aus dem Leben und Treiben der constitutionellen Prätendenten auf dem Doppelthron der iberischen Halbinsel versorgt werden könnten; aber meine deutsche Natur sträubt sich dagegen; ich bin überhaupt ein viel zu gemüthlicher Narr. Die Regierung will ja nur das Beste des Landes, darüber, und theilen das Epos unseres Daseins nicht so sehr nach seinen Strömungen und Wallungen, Klippen und Häfen ein, als nach Strophen und numerischer Reihefolge der Gesänge. Weil wir in der That die Künste nur im Schutze des Throns blühen sehen, so lieben wir diese aus denselben Gründen, die uns zur Kunst begeistern. Aus angeborner Leibeigenschaft knieen wir nicht vor den Königen und demüthigen uns, nur aus Gemüthlichkeit. Wir haben einmal Alle eine Geschichte gehört, wie vomtreuen Eckart, und wenn uns der Zufall dabei nicht die erste Rolle gab, so nehmen wir mit Freuden die zweite. Wie liebenswürdig ich meinen Feind schildere! Warum reißt Du mir nur die noch leeren Seiten dieses Briefbogens nicht ab, daß ich mit der unaufgelös’ten Dissonanz, in die mein Herz und der mich beschäftigende Gegenstand gerathen sind, allen ästhetischen Regeln Hohn sprechend von Dir scheide. Ich wollte beweisen, so war meine Absicht, daß wenigstens drei Messen mit erzromantisch historischen Geniestücken aus dem Leben und Treiben der constitutionellen Prätendenten auf dem Doppelthron der iberischen Halbinsel versorgt werden könnten; aber meine deutsche Natur sträubt sich dagegen; ich bin überhaupt ein viel zu gemüthlicher Narr. Die Regierung will ja nur das Beste des Landes, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0062" n="49"/> darüber, und theilen das Epos unseres Daseins nicht so sehr nach seinen Strömungen und Wallungen, Klippen und Häfen ein, als nach Strophen und numerischer Reihefolge der Gesänge. Weil wir in der That die Künste nur im Schutze des Throns blühen sehen, so lieben wir diese aus denselben Gründen, die uns zur Kunst begeistern. Aus angeborner Leibeigenschaft knieen wir nicht vor den Königen und demüthigen uns, nur aus Gemüthlichkeit. Wir haben einmal Alle eine Geschichte gehört, <ref xml:id="TEXTwievomtreuenEckart" target="BrN4E.htm#ERLwievomtreuenEckart">wie vomtreuen Eckart</ref>, und wenn uns der Zufall dabei nicht die erste Rolle gab, so nehmen wir mit Freuden die zweite.</p> <p>Wie liebenswürdig ich meinen Feind schildere! Warum reißt Du mir nur die noch leeren Seiten dieses Briefbogens nicht ab, daß ich mit der unaufgelös’ten Dissonanz, in die mein Herz und der mich beschäftigende Gegenstand gerathen sind, allen ästhetischen Regeln Hohn sprechend von Dir scheide. Ich wollte beweisen, so war meine Absicht, daß wenigstens drei Messen mit erzromantisch historischen Geniestücken aus dem <ref xml:id="TEXTLebenundTreibenBISHalbinsel" target="BrN4E.htm#ERLLebenundTreibenBISHalbinsel">Leben und Treiben der constitutionellen Prätendenten auf dem Doppelthron der iberischen Halbinsel</ref> versorgt werden könnten; aber meine deutsche Natur sträubt sich dagegen; ich bin überhaupt ein viel zu gemüthlicher Narr. Die Regierung will ja nur das Beste des Landes, </p> </div> </body> </text> </TEI> [49/0062]
darüber, und theilen das Epos unseres Daseins nicht so sehr nach seinen Strömungen und Wallungen, Klippen und Häfen ein, als nach Strophen und numerischer Reihefolge der Gesänge. Weil wir in der That die Künste nur im Schutze des Throns blühen sehen, so lieben wir diese aus denselben Gründen, die uns zur Kunst begeistern. Aus angeborner Leibeigenschaft knieen wir nicht vor den Königen und demüthigen uns, nur aus Gemüthlichkeit. Wir haben einmal Alle eine Geschichte gehört, wie vomtreuen Eckart, und wenn uns der Zufall dabei nicht die erste Rolle gab, so nehmen wir mit Freuden die zweite.
Wie liebenswürdig ich meinen Feind schildere! Warum reißt Du mir nur die noch leeren Seiten dieses Briefbogens nicht ab, daß ich mit der unaufgelös’ten Dissonanz, in die mein Herz und der mich beschäftigende Gegenstand gerathen sind, allen ästhetischen Regeln Hohn sprechend von Dir scheide. Ich wollte beweisen, so war meine Absicht, daß wenigstens drei Messen mit erzromantisch historischen Geniestücken aus dem Leben und Treiben der constitutionellen Prätendenten auf dem Doppelthron der iberischen Halbinsel versorgt werden könnten; aber meine deutsche Natur sträubt sich dagegen; ich bin überhaupt ein viel zu gemüthlicher Narr. Die Regierung will ja nur das Beste des Landes,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax des Gutzkow Editionsprojekts.
(2013-07-01T14:33:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus dem Gutzkow Editionsprojekt entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-07-01T14:33:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung vom Markup des Gutzkow Editionsprojekts nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-07-01T14:33:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |