[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.Liebe und Leben gebracht hat. So wird unser deutsches Fürstengeschlecht jener Kölner Bischof sein, der für den frevelhaften Uebermuth, mit dem er seine Unterthanen täuschte und würgte, durch diese Macht der kleinen Umstände bestraft wurde. Er baute sich, von Mäusen verfolgt, einen Thurm auf einer Insel im Rhein, auf den ihm aber seine Peiniger auch folgten, bis er jämmerlich zerfressen war. Die Polen haben eine Sage von einem Könige, Namens Popel, den Gott für seinen Frevel durch dieselben Geschöpfe strafte. Der russische Nikolai dürfte vielleicht einst dieser polnische Popel werden, den die kleinen Unannehmlichkeiten seines Sieges bis aufs Blut zerfleischen. Ich gönne es diesem verdüsterten Fanatiker, der es auf den Straßen von Petersburg unter dem freien Himmel, dem wir auch unsere Blicke zuwenden, gewagt hat, einen Gott, den diese Tollen den christlichen, also unsern Gott, nennen, um Rache und blutige Zeichen anzuflehen. Dich eigentlich sollt' ich zur Verantwortung ziehen, dieses Kaisers eifrigste Vertheidigerin! Ich denke mir, Du willst in Dorpat angestellt, Collegienrath und Wladimirritter werden. Denn nur ein deutscher Professor kann auf den Gedanken Liebe und Leben gebracht hat. So wird unser deutsches Fürstengeschlecht jener Kölner Bischof sein, der für den frevelhaften Uebermuth, mit dem er seine Unterthanen täuschte und würgte, durch diese Macht der kleinen Umstände bestraft wurde. Er baute sich, von Mäusen verfolgt, einen Thurm auf einer Insel im Rhein, auf den ihm aber seine Peiniger auch folgten, bis er jämmerlich zerfressen war. Die Polen haben eine Sage von einem Könige, Namens Popel, den Gott für seinen Frevel durch dieselben Geschöpfe strafte. Der russische Nikolai dürfte vielleicht einst dieser polnische Popel werden, den die kleinen Unannehmlichkeiten seines Sieges bis aufs Blut zerfleischen. Ich gönne es diesem verdüsterten Fanatiker, der es auf den Straßen von Petersburg unter dem freien Himmel, dem wir auch unsere Blicke zuwenden, gewagt hat, einen Gott, den diese Tollen den christlichen, also unsern Gott, nennen, um Rache und blutige Zeichen anzuflehen. Dich eigentlich sollt’ ich zur Verantwortung ziehen, dieses Kaisers eifrigste Vertheidigerin! Ich denke mir, Du willst in Dorpat angestellt, Collegienrath und Wladimirritter werden. Denn nur ein deutscher Professor kann auf den Gedanken <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0302" n="289"/> Liebe und Leben gebracht hat. So wird unser deutsches Fürstengeschlecht jener Kölner Bischof sein, der für den frevelhaften Uebermuth, mit dem er seine Unterthanen täuschte und würgte, durch diese Macht der kleinen Umstände bestraft wurde. Er baute sich, von Mäusen verfolgt, einen Thurm auf einer Insel im Rhein, auf den ihm aber seine Peiniger auch folgten, bis er jämmerlich zerfressen war.</p> <p>Die Polen haben eine Sage von einem Könige, Namens Popel, den Gott für seinen Frevel durch dieselben Geschöpfe strafte. Der russische Nikolai dürfte vielleicht einst dieser polnische Popel werden, den die kleinen Unannehmlichkeiten seines Sieges bis aufs Blut zerfleischen.</p> <p>Ich gönne es diesem verdüsterten Fanatiker, der es auf den Straßen von Petersburg unter dem freien Himmel, dem wir auch unsere Blicke zuwenden, gewagt hat, einen Gott, den diese Tollen den christlichen, also unsern Gott, nennen, um Rache und blutige Zeichen anzuflehen.</p> <p>Dich eigentlich sollt’ ich zur Verantwortung ziehen, dieses Kaisers eifrigste Vertheidigerin! Ich denke mir, Du willst in Dorpat angestellt, Collegienrath und Wladimirritter werden. Denn nur ein deutscher Professor kann auf den Gedanken </p> </div> </body> </text> </TEI> [289/0302]
Liebe und Leben gebracht hat. So wird unser deutsches Fürstengeschlecht jener Kölner Bischof sein, der für den frevelhaften Uebermuth, mit dem er seine Unterthanen täuschte und würgte, durch diese Macht der kleinen Umstände bestraft wurde. Er baute sich, von Mäusen verfolgt, einen Thurm auf einer Insel im Rhein, auf den ihm aber seine Peiniger auch folgten, bis er jämmerlich zerfressen war.
Die Polen haben eine Sage von einem Könige, Namens Popel, den Gott für seinen Frevel durch dieselben Geschöpfe strafte. Der russische Nikolai dürfte vielleicht einst dieser polnische Popel werden, den die kleinen Unannehmlichkeiten seines Sieges bis aufs Blut zerfleischen.
Ich gönne es diesem verdüsterten Fanatiker, der es auf den Straßen von Petersburg unter dem freien Himmel, dem wir auch unsere Blicke zuwenden, gewagt hat, einen Gott, den diese Tollen den christlichen, also unsern Gott, nennen, um Rache und blutige Zeichen anzuflehen.
Dich eigentlich sollt’ ich zur Verantwortung ziehen, dieses Kaisers eifrigste Vertheidigerin! Ich denke mir, Du willst in Dorpat angestellt, Collegienrath und Wladimirritter werden. Denn nur ein deutscher Professor kann auf den Gedanken
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