Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

Kirche zu Pisa sehr zerstreut gewesen sein, als sein Blick auf eine in der Luft schwebende Ampel fiel, die ihm Veranlassung gab, die berühmten Gesetze der Pendelschwingungen in Anregung zu bringen. Newton mochte unter seinem Apfelbaume eben gedacht haben, er wäre durch seinen heutigen Fleiß der Unsterblichkeit mit vollen Segeln näher gekommen, als ein Apfel vom Baume herabfiel und er anfing über den Einfluß der Schwere und der Höhe auf die Beschleunigung des Falles nachzudenken, Untersuchungen, die zu seinen größten Verdiensten gehören.

Ich weiß wohl, daß mir tausend Aepfel auf die Nase fallen könnten, ehe ich anfinge, darüber Berechnungen anzustellen, daß ich stundenlang den Seifenblasen meiner Kinder zusehen möchte, ohne daß mir dabei gewisse Gesetze von der Brechung der Lichtstrahlen einfielen; aber was war dem Galiläi und Newton ihr Genie, wenn die Wünschelruthe des Zufalls es nicht auf einen silberhaltigen Gang geführt hätte?

Ebenso in der Geschichte. Der Tyrann Hipparch hätte seinen Nachkommen vielleicht auf Jahrhunderte den Besitz Athens und von hier aus des ganzen Griechenlands gesichert, wenn er nicht in einen nackten Jüngling entbrannt gewesen wäre, ihn zu seiner Lust gezwungen und die Rache des

Kirche zu Pisa sehr zerstreut gewesen sein, als sein Blick auf eine in der Luft schwebende Ampel fiel, die ihm Veranlassung gab, die berühmten Gesetze der Pendelschwingungen in Anregung zu bringen. Newton mochte unter seinem Apfelbaume eben gedacht haben, er wäre durch seinen heutigen Fleiß der Unsterblichkeit mit vollen Segeln näher gekommen, als ein Apfel vom Baume herabfiel und er anfing über den Einfluß der Schwere und der Höhe auf die Beschleunigung des Falles nachzudenken, Untersuchungen, die zu seinen größten Verdiensten gehören.

Ich weiß wohl, daß mir tausend Aepfel auf die Nase fallen könnten, ehe ich anfinge, darüber Berechnungen anzustellen, daß ich stundenlang den Seifenblasen meiner Kinder zusehen möchte, ohne daß mir dabei gewisse Gesetze von der Brechung der Lichtstrahlen einfielen; aber was war dem Galiläi und Newton ihr Genie, wenn die Wünschelruthe des Zufalls es nicht auf einen silberhaltigen Gang geführt hätte?

Ebenso in der Geschichte. Der Tyrann Hipparch hätte seinen Nachkommen vielleicht auf Jahrhunderte den Besitz Athens und von hier aus des ganzen Griechenlands gesichert, wenn er nicht in einen nackten Jüngling entbrannt gewesen wäre, ihn zu seiner Lust gezwungen und die Rache des

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0298" n="285"/>
Kirche zu Pisa sehr zerstreut gewesen sein, als sein Blick auf eine in der Luft schwebende Ampel fiel, die ihm Veranlassung gab, die berühmten Gesetze der Pendelschwingungen in Anregung zu bringen. Newton mochte unter seinem Apfelbaume eben gedacht haben, er wäre durch seinen heutigen Fleiß der Unsterblichkeit mit vollen Segeln näher gekommen, als ein Apfel vom Baume herabfiel und er anfing über den Einfluß der Schwere und der Höhe auf die Beschleunigung des Falles nachzudenken, Untersuchungen, die zu seinen größten Verdiensten gehören.</p>
        <p>Ich weiß wohl, daß mir tausend Aepfel auf die Nase fallen könnten, ehe ich anfinge, darüber Berechnungen anzustellen, daß ich stundenlang den Seifenblasen meiner Kinder zusehen möchte, ohne daß mir dabei gewisse Gesetze von der Brechung der Lichtstrahlen einfielen; aber was war dem Galiläi und Newton ihr Genie, wenn die Wünschelruthe des Zufalls es nicht auf einen silberhaltigen Gang geführt hätte?</p>
        <p>Ebenso in der Geschichte. Der Tyrann Hipparch hätte seinen Nachkommen vielleicht auf Jahrhunderte den Besitz Athens und von hier aus des ganzen Griechenlands gesichert, wenn er nicht in einen nackten Jüngling entbrannt gewesen wäre, ihn zu seiner Lust gezwungen und die Rache des
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[285/0298] Kirche zu Pisa sehr zerstreut gewesen sein, als sein Blick auf eine in der Luft schwebende Ampel fiel, die ihm Veranlassung gab, die berühmten Gesetze der Pendelschwingungen in Anregung zu bringen. Newton mochte unter seinem Apfelbaume eben gedacht haben, er wäre durch seinen heutigen Fleiß der Unsterblichkeit mit vollen Segeln näher gekommen, als ein Apfel vom Baume herabfiel und er anfing über den Einfluß der Schwere und der Höhe auf die Beschleunigung des Falles nachzudenken, Untersuchungen, die zu seinen größten Verdiensten gehören. Ich weiß wohl, daß mir tausend Aepfel auf die Nase fallen könnten, ehe ich anfinge, darüber Berechnungen anzustellen, daß ich stundenlang den Seifenblasen meiner Kinder zusehen möchte, ohne daß mir dabei gewisse Gesetze von der Brechung der Lichtstrahlen einfielen; aber was war dem Galiläi und Newton ihr Genie, wenn die Wünschelruthe des Zufalls es nicht auf einen silberhaltigen Gang geführt hätte? Ebenso in der Geschichte. Der Tyrann Hipparch hätte seinen Nachkommen vielleicht auf Jahrhunderte den Besitz Athens und von hier aus des ganzen Griechenlands gesichert, wenn er nicht in einen nackten Jüngling entbrannt gewesen wäre, ihn zu seiner Lust gezwungen und die Rache des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax des Gutzkow Editionsprojekts. (2013-07-01T14:33:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus dem Gutzkow Editionsprojekt entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-01T14:33:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung vom Markup des Gutzkow Editionsprojekts nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Zeilenumbrüche innerhalb eines Absatzes werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Anmerkungen und Erläuterungen der Herausgeber der Gutzkow-Edition sind im XML mit <ref target="[Ziel]">...</ref> wiedergegeben. [Ziel] benennt die HTM-Datei und den Abschnitt der jeweiligen Erläuterung auf den Seiten des Gutzkow-Editionsprojekts.
  • Druckfehler und andere Fehler der Vorlage wurden in der Transkription behoben. Zu den hierbei vorgenommenen Textänderungen und zu problematischen Textstellen siehe Abschnitt 2.1.1: Textänderungen auf den Seiten des Gutzkow-Editionsprojekts.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/298
Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/298>, abgerufen am 22.11.2024.