[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.wurden. Wenn es auch Augenblicke der Noth gab, wie in der Pest, wo Aller Augen auf ihn sahen, so mußt' er sich doch oft selbst auf dem Markte vertheidigen, und es gelang nur dem Zauber seiner Rede, nicht immer seinen Beweisen, daß er sich die verlornen Herzen wieder gewann. Alexander wurde nur von Soldaten geliebt, und Cäsar möcht' ich nie sein, weil ich gern bei Philippi gegen ihn gefochten hätte, und die Liebe des Volkes verschmähe, wenn ich sie mir mit vertheilter Beute und hundert Sestertien auf jeden Bettler erkaufen kann. Auch an Karls des Großen Ruhm beim Volke glaub' ich nicht, weil das Volk weder wiederum jene Bettler sind, die an der Thür des Aachner Doms auf seine spendende Hand warteten, noch jene Ritter, die ihn in ihre Tafelrunde einführten. Man verfolge die ganze Reihe der römischen Kaiser, von Augustus bis Franzerl, man wird Keinen finden, dem jedes Herz im tiers etat offen gestanden hätte, und wenn es hier und da, bei dem es sich der Mühe verlohnte, ihn zu beneiden. Die schwäbischen Bauern zerstörten den Stammsitz der Hohenstauffen, die für sie gekämpft hatten; und wie viele Wegelagerer aufgehängt wurden, die Habsburger sind mir immer zuwider gewesen. wurden. Wenn es auch Augenblicke der Noth gab, wie in der Pest, wo Aller Augen auf ihn sahen, so mußt’ er sich doch oft selbst auf dem Markte vertheidigen, und es gelang nur dem Zauber seiner Rede, nicht immer seinen Beweisen, daß er sich die verlornen Herzen wieder gewann. Alexander wurde nur von Soldaten geliebt, und Cäsar möcht’ ich nie sein, weil ich gern bei Philippi gegen ihn gefochten hätte, und die Liebe des Volkes verschmähe, wenn ich sie mir mit vertheilter Beute und hundert Sestertien auf jeden Bettler erkaufen kann. Auch an Karls des Großen Ruhm beim Volke glaub’ ich nicht, weil das Volk weder wiederum jene Bettler sind, die an der Thür des Aachner Doms auf seine spendende Hand warteten, noch jene Ritter, die ihn in ihre Tafelrunde einführten. Man verfolge die ganze Reihe der römischen Kaiser, von Augustus bis Franzerl, man wird Keinen finden, dem jedes Herz im tiers état offen gestanden hätte, und wenn es hier und da, bei dem es sich der Mühe verlohnte, ihn zu beneiden. Die schwäbischen Bauern zerstörten den Stammsitz der Hohenstauffen, die für sie gekämpft hatten; und wie viele Wegelagerer aufgehängt wurden, die Habsburger sind mir immer zuwider gewesen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0273" n="260"/> wurden. Wenn es auch Augenblicke der Noth gab, wie in der Pest, wo Aller Augen auf ihn sahen, so mußt’ er sich doch oft selbst auf dem Markte vertheidigen, und es gelang nur dem Zauber seiner Rede, nicht immer seinen Beweisen, daß er sich die verlornen Herzen wieder gewann.</p> <p>Alexander wurde nur von Soldaten geliebt, und Cäsar möcht’ ich nie sein, weil ich gern bei Philippi gegen ihn gefochten hätte, und die Liebe des Volkes verschmähe, wenn ich sie mir mit vertheilter Beute und hundert Sestertien auf jeden Bettler erkaufen kann.</p> <p>Auch an Karls des Großen Ruhm beim Volke glaub’ ich nicht, weil das Volk weder wiederum jene Bettler sind, die an der Thür des Aachner Doms auf seine spendende Hand warteten, noch jene Ritter, die ihn in ihre Tafelrunde einführten. Man verfolge die ganze Reihe der römischen Kaiser, von Augustus bis Franzerl, man wird Keinen finden, dem jedes Herz im <hi rendition="#aq">tiers état</hi> offen gestanden hätte, und wenn es hier und da, bei dem es sich der Mühe verlohnte, ihn zu beneiden. Die schwäbischen Bauern zerstörten den Stammsitz der Hohenstauffen, die für sie gekämpft hatten; und wie viele Wegelagerer aufgehängt wurden, die Habsburger sind mir immer zuwider gewesen.</p> </div> </body> </text> </TEI> [260/0273]
wurden. Wenn es auch Augenblicke der Noth gab, wie in der Pest, wo Aller Augen auf ihn sahen, so mußt’ er sich doch oft selbst auf dem Markte vertheidigen, und es gelang nur dem Zauber seiner Rede, nicht immer seinen Beweisen, daß er sich die verlornen Herzen wieder gewann.
Alexander wurde nur von Soldaten geliebt, und Cäsar möcht’ ich nie sein, weil ich gern bei Philippi gegen ihn gefochten hätte, und die Liebe des Volkes verschmähe, wenn ich sie mir mit vertheilter Beute und hundert Sestertien auf jeden Bettler erkaufen kann.
Auch an Karls des Großen Ruhm beim Volke glaub’ ich nicht, weil das Volk weder wiederum jene Bettler sind, die an der Thür des Aachner Doms auf seine spendende Hand warteten, noch jene Ritter, die ihn in ihre Tafelrunde einführten. Man verfolge die ganze Reihe der römischen Kaiser, von Augustus bis Franzerl, man wird Keinen finden, dem jedes Herz im tiers état offen gestanden hätte, und wenn es hier und da, bei dem es sich der Mühe verlohnte, ihn zu beneiden. Die schwäbischen Bauern zerstörten den Stammsitz der Hohenstauffen, die für sie gekämpft hatten; und wie viele Wegelagerer aufgehängt wurden, die Habsburger sind mir immer zuwider gewesen.
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