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[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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bol. Schwärmend voller Lust im weiten Raume, den süßesten Staub aus allen Blumenkelchen saugend, aber auch stechend den, der den Heiligthümern, deren Dienst mein Leben geweiht war, nicht mit frommer Scheu nahete. Damals hieß ich Jean Paul.

Ist die Welt eine Schöpfung Deines Gedankens, oder hat sie nur Deinem Gedanken Licht, Deinem Gefühle Wärme gegeben? Wenn Du eine Blume an der Quelle eines Stromes in die Fluth warfest, hast Du sie noch da, wo sie ins Weltmeer trieb, duftend und schön gefunden? Wenn die Welt verlangt, daß wir die Herren unserer Einbildung seien, fühlen wir, daß wir ihre Sclaven sind. Wenn einst himmlischer Seelenfriede mein Traum war, jetzt welch ein Erwachen! Die Liebe soll die Zauberformel sein, die uns die Hölle in den Himmel verwandelt. Liebe! Liebe ist die Frucht der Eitelkeit. Hört sie nicht auf, Liebe zu sein, wenn sie Treue wird? Ehe! Sie ist ein Institut des Staates, das Gefühl der Hinfälligkeit, künftigen Schwäche und Verlassenheit ihre Grundlage. Religion! Es gibt einen Gränzstein, wo sie Lüge wird, wo ist der? Auf welcher Station bin ich noch im Gebiete Gottes, auf welcher schon im Gebiet des Teufels? Solche Fragen nannte meine Zeit Zweifel, Doctor Faustthum.

bol. Schwärmend voller Lust im weiten Raume, den süßesten Staub aus allen Blumenkelchen saugend, aber auch stechend den, der den Heiligthümern, deren Dienst mein Leben geweiht war, nicht mit frommer Scheu nahete. Damals hieß ich Jean Paul.

Ist die Welt eine Schöpfung Deines Gedankens, oder hat sie nur Deinem Gedanken Licht, Deinem Gefühle Wärme gegeben? Wenn Du eine Blume an der Quelle eines Stromes in die Fluth warfest, hast Du sie noch da, wo sie ins Weltmeer trieb, duftend und schön gefunden? Wenn die Welt verlangt, daß wir die Herren unserer Einbildung seien, fühlen wir, daß wir ihre Sclaven sind. Wenn einst himmlischer Seelenfriede mein Traum war, jetzt welch ein Erwachen! Die Liebe soll die Zauberformel sein, die uns die Hölle in den Himmel verwandelt. Liebe! Liebe ist die Frucht der Eitelkeit. Hört sie nicht auf, Liebe zu sein, wenn sie Treue wird? Ehe! Sie ist ein Institut des Staates, das Gefühl der Hinfälligkeit, künftigen Schwäche und Verlassenheit ihre Grundlage. Religion! Es gibt einen Gränzstein, wo sie Lüge wird, wo ist der? Auf welcher Station bin ich noch im Gebiete Gottes, auf welcher schon im Gebiet des Teufels? Solche Fragen nannte meine Zeit Zweifel, Doctor Faustthum.

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[229/0242] bol. Schwärmend voller Lust im weiten Raume, den süßesten Staub aus allen Blumenkelchen saugend, aber auch stechend den, der den Heiligthümern, deren Dienst mein Leben geweiht war, nicht mit frommer Scheu nahete. Damals hieß ich Jean Paul. Ist die Welt eine Schöpfung Deines Gedankens, oder hat sie nur Deinem Gedanken Licht, Deinem Gefühle Wärme gegeben? Wenn Du eine Blume an der Quelle eines Stromes in die Fluth warfest, hast Du sie noch da, wo sie ins Weltmeer trieb, duftend und schön gefunden? Wenn die Welt verlangt, daß wir die Herren unserer Einbildung seien, fühlen wir, daß wir ihre Sclaven sind. Wenn einst himmlischer Seelenfriede mein Traum war, jetzt welch ein Erwachen! Die Liebe soll die Zauberformel sein, die uns die Hölle in den Himmel verwandelt. Liebe! Liebe ist die Frucht der Eitelkeit. Hört sie nicht auf, Liebe zu sein, wenn sie Treue wird? Ehe! Sie ist ein Institut des Staates, das Gefühl der Hinfälligkeit, künftigen Schwäche und Verlassenheit ihre Grundlage. Religion! Es gibt einen Gränzstein, wo sie Lüge wird, wo ist der? Auf welcher Station bin ich noch im Gebiete Gottes, auf welcher schon im Gebiet des Teufels? Solche Fragen nannte meine Zeit Zweifel, Doctor Faustthum.

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/242>, abgerufen am 22.11.2024.