[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.Du aber auch, daß wenn Du die Menschen ehren willst, sie Dich für sonderbar halten werden? Die Gewöhnlichen lassen sich nur nach einer Durchschnittsrechnung behandeln, sie können zwar Stolz nicht, aber auch Bescheidenheit nicht ertragen. Die Großmuth ist ihnen jenes sanfte Joch; denn der großmüthige Sieger ist immer so edel, den Besiegten seine Unterwerfung nicht fühlen zu lassen! Lern' hieraus noch einige praktische Regeln! Unter allen Blößen, die ich geben könnte, wäre die größte, sie einzugestehen. Du hältst die Aufrichtigkeit für die schönste Tugend, aber die Tugend ist nur da, um von Schelmen benutzt zu werden. Ich habe lieber, daß mich die Menschen mit ihren Vorurtheilen verdammen, als daß sie mich loben und betrügen. Schier Dich um nichts, Beste, tritt handfester auf, nimm kein Blatt vor den Mund, wirf mit Grobheiten um Dich. Sie küssen Dir die Hand, wenn sie von Ohrfeigen ermüdet ist. Darum gib keinen Geist aus Deinen Schriften! Wer dankt Dir die Mühe, die Du auf das Zurückbehaltene verwandt hast? sie werden selbst Deinen redlichen Willen, noch mehr die Mühe des Sichtens und Ausscheidens verkennen. Mit Deinen noch nicht geschriebenen Werken kommst Du mir vor, wie Adams Lende und in ihr die Präexistenz des allgemeinen Menschenge- Du aber auch, daß wenn Du die Menschen ehren willst, sie Dich für sonderbar halten werden? Die Gewöhnlichen lassen sich nur nach einer Durchschnittsrechnung behandeln, sie können zwar Stolz nicht, aber auch Bescheidenheit nicht ertragen. Die Großmuth ist ihnen jenes sanfte Joch; denn der großmüthige Sieger ist immer so edel, den Besiegten seine Unterwerfung nicht fühlen zu lassen! Lern’ hieraus noch einige praktische Regeln! Unter allen Blößen, die ich geben könnte, wäre die größte, sie einzugestehen. Du hältst die Aufrichtigkeit für die schönste Tugend, aber die Tugend ist nur da, um von Schelmen benutzt zu werden. Ich habe lieber, daß mich die Menschen mit ihren Vorurtheilen verdammen, als daß sie mich loben und betrügen. Schier Dich um nichts, Beste, tritt handfester auf, nimm kein Blatt vor den Mund, wirf mit Grobheiten um Dich. Sie küssen Dir die Hand, wenn sie von Ohrfeigen ermüdet ist. Darum gib keinen Geist aus Deinen Schriften! Wer dankt Dir die Mühe, die Du auf das Zurückbehaltene verwandt hast? sie werden selbst Deinen redlichen Willen, noch mehr die Mühe des Sichtens und Ausscheidens verkennen. Mit Deinen noch nicht geschriebenen Werken kommst Du mir vor, wie Adams Lende und in ihr die Präexistenz des allgemeinen Menschenge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0181" n="168"/> Du aber auch, daß wenn Du die Menschen ehren willst, sie Dich für sonderbar halten werden? Die Gewöhnlichen lassen sich nur nach einer Durchschnittsrechnung behandeln, sie können zwar Stolz nicht, aber auch Bescheidenheit nicht ertragen. Die Großmuth ist ihnen jenes sanfte Joch; denn der großmüthige Sieger ist immer so edel, den Besiegten seine Unterwerfung nicht fühlen zu lassen! Lern’ hieraus noch einige praktische Regeln!</p> <p>Unter allen Blößen, die ich geben könnte, wäre die größte, sie einzugestehen. Du hältst die Aufrichtigkeit für die schönste Tugend, aber die Tugend ist nur da, um von Schelmen benutzt zu werden. Ich habe lieber, daß mich die Menschen mit ihren Vorurtheilen verdammen, als daß sie mich loben und betrügen. Schier Dich um nichts, Beste, tritt handfester auf, nimm kein Blatt vor den Mund, wirf mit Grobheiten um Dich. Sie küssen Dir die Hand, wenn sie von Ohrfeigen ermüdet ist. Darum gib keinen Geist aus Deinen Schriften! Wer dankt Dir die Mühe, die Du auf das Zurückbehaltene verwandt hast? sie werden selbst Deinen redlichen Willen, noch mehr die Mühe des Sichtens und Ausscheidens verkennen.</p> <p>Mit Deinen noch nicht geschriebenen Werken kommst Du mir vor, wie Adams Lende und in ihr die Präexistenz des allgemeinen Menschenge- </p> </div> </body> </text> </TEI> [168/0181]
Du aber auch, daß wenn Du die Menschen ehren willst, sie Dich für sonderbar halten werden? Die Gewöhnlichen lassen sich nur nach einer Durchschnittsrechnung behandeln, sie können zwar Stolz nicht, aber auch Bescheidenheit nicht ertragen. Die Großmuth ist ihnen jenes sanfte Joch; denn der großmüthige Sieger ist immer so edel, den Besiegten seine Unterwerfung nicht fühlen zu lassen! Lern’ hieraus noch einige praktische Regeln!
Unter allen Blößen, die ich geben könnte, wäre die größte, sie einzugestehen. Du hältst die Aufrichtigkeit für die schönste Tugend, aber die Tugend ist nur da, um von Schelmen benutzt zu werden. Ich habe lieber, daß mich die Menschen mit ihren Vorurtheilen verdammen, als daß sie mich loben und betrügen. Schier Dich um nichts, Beste, tritt handfester auf, nimm kein Blatt vor den Mund, wirf mit Grobheiten um Dich. Sie küssen Dir die Hand, wenn sie von Ohrfeigen ermüdet ist. Darum gib keinen Geist aus Deinen Schriften! Wer dankt Dir die Mühe, die Du auf das Zurückbehaltene verwandt hast? sie werden selbst Deinen redlichen Willen, noch mehr die Mühe des Sichtens und Ausscheidens verkennen.
Mit Deinen noch nicht geschriebenen Werken kommst Du mir vor, wie Adams Lende und in ihr die Präexistenz des allgemeinen Menschenge-
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