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[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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Schüler hast Du sehr gut mit Instrumenten verglichen, die nur auf eine bestimmte Anzahl Musikstücke gesetzt sind. Von der Geschichte der Philosophie wissen sie nicht mehr, als ihres Meisters drei Stellungen zur Objectivität, die Philosopheme, die wir Beide schon vor Jahrtausenden lehrten, kennen sie gar nicht.

Die harte Nuß des Nachfolgers ist noch immer nicht geknackt. Sollten denn die ständischen Zuhörer aus Nro. 8, Herrn Wilhelm Beer an der Spitze, noch nicht reif sein? Wie ist's mit Herrn von Henning, Hegels von Staatswegen berufenem und verordnetem Hermeneuten und Dolmetscher, zugleich auch seiner militärischen Sauvegarde erstem Flügelmann? Hat Herr Michelet mit seiner demonstrirenden linken Faust sich noch nicht Nachdruck genug gegeben? O, bitte, verschweig' mir Nichts!

Um aber von Etwas Anderem zu sprechen, Du willst Lieder herausgeben, Wanderlieder, unter dem Titel einer fahrenden Jungfer. Nur eile damit, ehe so etwas aus der Mode kommt, und recht persönlich, rath' ich Dir!

Und nun seh' ich, ist auf diesem weißen Bogen schon wieder die Nacht mit ihren schwarzdintenen Rabenfedern gezogen. Der Wächter ruft auf der Zinne. Die Stunde des Scheidens hat

Schüler hast Du sehr gut mit Instrumenten verglichen, die nur auf eine bestimmte Anzahl Musikstücke gesetzt sind. Von der Geschichte der Philosophie wissen sie nicht mehr, als ihres Meisters drei Stellungen zur Objectivität, die Philosopheme, die wir Beide schon vor Jahrtausenden lehrten, kennen sie gar nicht.

Die harte Nuß des Nachfolgers ist noch immer nicht geknackt. Sollten denn die ständischen Zuhörer aus Nro. 8, Herrn Wilhelm Beer an der Spitze, noch nicht reif sein? Wie ist’s mit Herrn von Henning, Hegels von Staatswegen berufenem und verordnetem Hermeneuten und Dolmetscher, zugleich auch seiner militärischen Sauvegarde erstem Flügelmann? Hat Herr Michelet mit seiner demonstrirenden linken Faust sich noch nicht Nachdruck genug gegeben? O, bitte, verschweig’ mir Nichts!

Um aber von Etwas Anderem zu sprechen, Du willst Lieder herausgeben, Wanderlieder, unter dem Titel einer fahrenden Jungfer. Nur eile damit, ehe so etwas aus der Mode kommt, und recht persönlich, rath’ ich Dir!

Und nun seh’ ich, ist auf diesem weißen Bogen schon wieder die Nacht mit ihren schwarzdintenen Rabenfedern gezogen. Der Wächter ruft auf der Zinne. Die Stunde des Scheidens hat

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[165/0178] Schüler hast Du sehr gut mit Instrumenten verglichen, die nur auf eine bestimmte Anzahl Musikstücke gesetzt sind. Von der Geschichte der Philosophie wissen sie nicht mehr, als ihres Meisters drei Stellungen zur Objectivität, die Philosopheme, die wir Beide schon vor Jahrtausenden lehrten, kennen sie gar nicht. Die harte Nuß des Nachfolgers ist noch immer nicht geknackt. Sollten denn die ständischen Zuhörer aus Nro. 8, Herrn Wilhelm Beer an der Spitze, noch nicht reif sein? Wie ist’s mit Herrn von Henning, Hegels von Staatswegen berufenem und verordnetem Hermeneuten und Dolmetscher, zugleich auch seiner militärischen Sauvegarde erstem Flügelmann? Hat Herr Michelet mit seiner demonstrirenden linken Faust sich noch nicht Nachdruck genug gegeben? O, bitte, verschweig’ mir Nichts! Um aber von Etwas Anderem zu sprechen, Du willst Lieder herausgeben, Wanderlieder, unter dem Titel einer fahrenden Jungfer. Nur eile damit, ehe so etwas aus der Mode kommt, und recht persönlich, rath’ ich Dir! Und nun seh’ ich, ist auf diesem weißen Bogen schon wieder die Nacht mit ihren schwarzdintenen Rabenfedern gezogen. Der Wächter ruft auf der Zinne. Die Stunde des Scheidens hat

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/178>, abgerufen am 24.11.2024.