[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.wenn gerufen ist: a bas les hauteurs immesurees! so wird sie siegreich durchgehen. Die Art, wenn die freien Güterbesitzer aufkommen müssen, wird die seyn. Erst freie Schußgerechtigkeit, man wird in den unermeßlichen Forsten der Aristokratie jagen dürfen. Ist man erst in ihnen, so werden sie abgetragen, theils zur Feuerung, theils zur Erlangung eines urbaren Bodens, theils endlich zu Scheiterhaufen für all den Tand und Flitterstaat, den die erstürmten Burgen enthalten. Mich schmerzen die herrlichen Gemälde- und Büchersammlungen, diese prächtigen Kupferstichgallerien, diese mit so beispiellosem Aufwande zusammengebrachten Schätze; aber in Irland wird der Lärm seinen Anfang, in England noch nicht sein Ende nehmen. Wo soll da noch der Sinn für das Schöne, Edle gedeihen! Mordbrenner sind zwar die besten Staffagen der Schönheit, wie der Teufel, aber eine Welt voll solcher Bösewichter! Doch ich beschwöre Dich, Freundin, hör' endlich mit solchen Schreckbildern auf! Du kennst die schwache Verfassung meiner Nerven, und wenn ich über solche Aussichten, wie Du mir sie da eben gegeben hast, nicht einmal weinen kann, so steigert sich mein Schmerz zu einer Höhe, auf der ich vergehen muß. Du bist auch so schonungslos, und deckst die grellen Seiten Deiner Gemälde so wenn gerufen ist: à bas les hauteurs immesurées! so wird sie siegreich durchgehen. Die Art, wenn die freien Güterbesitzer aufkommen müssen, wird die seyn. Erst freie Schußgerechtigkeit, man wird in den unermeßlichen Forsten der Aristokratie jagen dürfen. Ist man erst in ihnen, so werden sie abgetragen, theils zur Feuerung, theils zur Erlangung eines urbaren Bodens, theils endlich zu Scheiterhaufen für all den Tand und Flitterstaat, den die erstürmten Burgen enthalten. Mich schmerzen die herrlichen Gemälde- und Büchersammlungen, diese prächtigen Kupferstichgallerien, diese mit so beispiellosem Aufwande zusammengebrachten Schätze; aber in Irland wird der Lärm seinen Anfang, in England noch nicht sein Ende nehmen. Wo soll da noch der Sinn für das Schöne, Edle gedeihen! Mordbrenner sind zwar die besten Staffagen der Schönheit, wie der Teufel, aber eine Welt voll solcher Bösewichter! Doch ich beschwöre Dich, Freundin, hör’ endlich mit solchen Schreckbildern auf! Du kennst die schwache Verfassung meiner Nerven, und wenn ich über solche Aussichten, wie Du mir sie da eben gegeben hast, nicht einmal weinen kann, so steigert sich mein Schmerz zu einer Höhe, auf der ich vergehen muß. Du bist auch so schonungslos, und deckst die grellen Seiten Deiner Gemälde so <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0134" n="121"/> wenn gerufen ist: <hi rendition="#aq">à bas les hauteurs immesurées!</hi> so wird sie siegreich durchgehen. Die Art, wenn die freien Güterbesitzer aufkommen müssen, wird die seyn. Erst freie Schußgerechtigkeit, man wird in den unermeßlichen Forsten der Aristokratie jagen dürfen. Ist man erst in ihnen, so werden sie abgetragen, theils zur Feuerung, theils zur Erlangung eines urbaren Bodens, theils endlich zu Scheiterhaufen für all den Tand und Flitterstaat, den die erstürmten Burgen enthalten. Mich schmerzen die herrlichen Gemälde- und Büchersammlungen, diese prächtigen Kupferstichgallerien, diese mit so beispiellosem Aufwande zusammengebrachten Schätze; aber in Irland wird der Lärm seinen Anfang, in England noch nicht sein Ende nehmen. Wo soll da noch der Sinn für das Schöne, Edle gedeihen! Mordbrenner sind zwar die besten Staffagen der Schönheit, wie der Teufel, aber eine Welt voll solcher Bösewichter!</p> <p>Doch ich beschwöre Dich, Freundin, hör’ endlich mit solchen Schreckbildern auf! Du kennst die schwache Verfassung meiner Nerven, und wenn ich über solche Aussichten, wie Du mir sie da eben gegeben hast, nicht einmal weinen kann, so steigert sich mein Schmerz zu einer Höhe, auf der ich vergehen muß. Du bist auch so schonungslos, und deckst die grellen Seiten Deiner Gemälde so </p> </div> </body> </text> </TEI> [121/0134]
wenn gerufen ist: à bas les hauteurs immesurées! so wird sie siegreich durchgehen. Die Art, wenn die freien Güterbesitzer aufkommen müssen, wird die seyn. Erst freie Schußgerechtigkeit, man wird in den unermeßlichen Forsten der Aristokratie jagen dürfen. Ist man erst in ihnen, so werden sie abgetragen, theils zur Feuerung, theils zur Erlangung eines urbaren Bodens, theils endlich zu Scheiterhaufen für all den Tand und Flitterstaat, den die erstürmten Burgen enthalten. Mich schmerzen die herrlichen Gemälde- und Büchersammlungen, diese prächtigen Kupferstichgallerien, diese mit so beispiellosem Aufwande zusammengebrachten Schätze; aber in Irland wird der Lärm seinen Anfang, in England noch nicht sein Ende nehmen. Wo soll da noch der Sinn für das Schöne, Edle gedeihen! Mordbrenner sind zwar die besten Staffagen der Schönheit, wie der Teufel, aber eine Welt voll solcher Bösewichter!
Doch ich beschwöre Dich, Freundin, hör’ endlich mit solchen Schreckbildern auf! Du kennst die schwache Verfassung meiner Nerven, und wenn ich über solche Aussichten, wie Du mir sie da eben gegeben hast, nicht einmal weinen kann, so steigert sich mein Schmerz zu einer Höhe, auf der ich vergehen muß. Du bist auch so schonungslos, und deckst die grellen Seiten Deiner Gemälde so
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Zitationshilfe: | [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/134>, abgerufen am 16.02.2025. |