XVIII., und das Terrain war groß, welches der Dich¬ ter zu besorgen hatte. Nein, wir wollen nicht spotten, es ging nicht weiter, als eine Meile im Umkreis von Gent.
Chateaubriand schrieb zwar eine vortreffliche Note an Europa, aber er war eine Figur von Pappe, die nur so hingestellt war, er war die Improvisation eines Ministers, ein Minister mit einem Portefeuille, das man in die Brusttasche stecken konnte. Das gerade aber war die Thorheit der zweiten Restauration, daß sie aus dem Schattenspiele von Gent in Paris eine Wahrheit machte.
Chateaubriand gab zwar sein Duodezportefeuille ab, behielt aber den Titel als Staatsminister, und trat unter die Pairs und die ersten Räthe des Königs.
Von jetzt an wollte sich der edle Vicomte rächen für den brennenden Balken, der ihn bei Thionville verwundete; er, der nur das Ritterthum und die Ma¬ ria des Mittelalters bisher verkündet hatte, sprach jetzt auch von den Privilegien desselben. Er trat in die Partei der Rache und des Unverstandes, und stimmte wie Labourdonnaye. Er übertrug die Vergangenheit auf die Gegenwart, und träumte sich in einem wirkli¬
Chateaubriand.
XVIII., und das Terrain war groß, welches der Dich¬ ter zu beſorgen hatte. Nein, wir wollen nicht ſpotten, es ging nicht weiter, als eine Meile im Umkreis von Gent.
Chateaubriand ſchrieb zwar eine vortreffliche Note an Europa, aber er war eine Figur von Pappe, die nur ſo hingeſtellt war, er war die Improviſation eines Miniſters, ein Miniſter mit einem Portefeuille, das man in die Bruſttaſche ſtecken konnte. Das gerade aber war die Thorheit der zweiten Reſtauration, daß ſie aus dem Schattenſpiele von Gent in Paris eine Wahrheit machte.
Chateaubriand gab zwar ſein Duodezportefeuille ab, behielt aber den Titel als Staatsminiſter, und trat unter die Pairs und die erſten Raͤthe des Koͤnigs.
Von jetzt an wollte ſich der edle Vicomte raͤchen fuͤr den brennenden Balken, der ihn bei Thionville verwundete; er, der nur das Ritterthum und die Ma¬ ria des Mittelalters bisher verkuͤndet hatte, ſprach jetzt auch von den Privilegien deſſelben. Er trat in die Partei der Rache und des Unverſtandes, und ſtimmte wie Labourdonnaye. Er uͤbertrug die Vergangenheit auf die Gegenwart, und traͤumte ſich in einem wirkli¬
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Chateaubriand.
XVIII., und das Terrain war groß, welches der Dich¬
ter zu beſorgen hatte. Nein, wir wollen nicht ſpotten,
es ging nicht weiter, als eine Meile im Umkreis von
Gent.
Chateaubriand ſchrieb zwar eine vortreffliche Note
an Europa, aber er war eine Figur von Pappe, die
nur ſo hingeſtellt war, er war die Improviſation eines
Miniſters, ein Miniſter mit einem Portefeuille, das
man in die Bruſttaſche ſtecken konnte. Das gerade
aber war die Thorheit der zweiten Reſtauration, daß
ſie aus dem Schattenſpiele von Gent in Paris eine
Wahrheit machte.
Chateaubriand gab zwar ſein Duodezportefeuille ab,
behielt aber den Titel als Staatsminiſter, und trat
unter die Pairs und die erſten Raͤthe des Koͤnigs.
Von jetzt an wollte ſich der edle Vicomte raͤchen
fuͤr den brennenden Balken, der ihn bei Thionville
verwundete; er, der nur das Ritterthum und die Ma¬
ria des Mittelalters bisher verkuͤndet hatte, ſprach jetzt
auch von den Privilegien deſſelben. Er trat in die
Partei der Rache und des Unverſtandes, und ſtimmte
wie Labourdonnaye. Er uͤbertrug die Vergangenheit
auf die Gegenwart, und traͤumte ſich in einem wirkli¬
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie angelegten Reflexionen über "Öffentliche Charaktere" in der Augsburger Allgemeinen Zeitung erscheinen. In Buchform erschien ein erster Band 1835 bei Hoffmann und Campe in Hamburg. Zur Publikation der weiteren geplanten Teile kam es nicht.
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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/92>, abgerufen am 16.02.2025.
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