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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Chateaubriand.
mürbe reitet, mit der er auf Reisen geht, die er apor¬
tiren lehrt, wie einen Pudel; zu einer Idee, die bald
eine Chimäre wurde.

Wenn Ihr wollt, Chateaubriand ist auch unglück¬
lich gewesen. Aber Ihr wißt, daß im Schmerz eine
Wollust liegt. Chateaubriand, diese romantische Ruine,
liebte es, zu leiden. Der Dichter braucht für sein Le¬
ben eine poetische Staffage, und die eines erträglichen
Unglücks pflegt ihm die liebste zu sein. Chateaubriand
ist nicht einmal ein solcher Märtyrer wie Lafitte; denn
wenn er zwar so arm ist wie dieser; so war er auch
niemals so reich wie Lafitte. Er stürzte von keinen
Höhen herunter; die, auf welchen er eine Zeitlang
stand, hatte er im Traume bestiegen; wann hatte der
kleine Kadet von der Goldküste, der vor der Revolu¬
tion floh, daran gedacht, Minister zu werden?

Glaubt mir, Chateaubriand hüllte sich gern in die
Schatten der Melancholie; verbannte er sich doch selbst
aus Frankreich, als die Bourbone nach Holyrood zo¬
gen, und kehrte, ungeachtet der ewigen Zeiten, auf die
er Frankreich in Trauer werfen wollte, wieder zurück,
weil es keine Kleinigkeit ist, sich selbst zu schneiden, und
dann nicht einmal von Andern verbunden zu werden.

Chateaubriand.
muͤrbe reitet, mit der er auf Reiſen geht, die er apor¬
tiren lehrt, wie einen Pudel; zu einer Idee, die bald
eine Chimaͤre wurde.

Wenn Ihr wollt, Chateaubriand iſt auch ungluͤck¬
lich geweſen. Aber Ihr wißt, daß im Schmerz eine
Wolluſt liegt. Chateaubriand, dieſe romantiſche Ruine,
liebte es, zu leiden. Der Dichter braucht fuͤr ſein Le¬
ben eine poetiſche Staffage, und die eines ertraͤglichen
Ungluͤcks pflegt ihm die liebſte zu ſein. Chateaubriand
iſt nicht einmal ein ſolcher Maͤrtyrer wie Lafitte; denn
wenn er zwar ſo arm iſt wie dieſer; ſo war er auch
niemals ſo reich wie Lafitte. Er ſtuͤrzte von keinen
Hoͤhen herunter; die, auf welchen er eine Zeitlang
ſtand, hatte er im Traume beſtiegen; wann hatte der
kleine Kadet von der Goldkuͤſte, der vor der Revolu¬
tion floh, daran gedacht, Miniſter zu werden?

Glaubt mir, Chateaubriand huͤllte ſich gern in die
Schatten der Melancholie; verbannte er ſich doch ſelbſt
aus Frankreich, als die Bourbone nach Holyrood zo¬
gen, und kehrte, ungeachtet der ewigen Zeiten, auf die
er Frankreich in Trauer werfen wollte, wieder zuruͤck,
weil es keine Kleinigkeit iſt, ſich ſelbſt zu ſchneiden, und
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[62/0080] Chateaubriand. muͤrbe reitet, mit der er auf Reiſen geht, die er apor¬ tiren lehrt, wie einen Pudel; zu einer Idee, die bald eine Chimaͤre wurde. Wenn Ihr wollt, Chateaubriand iſt auch ungluͤck¬ lich geweſen. Aber Ihr wißt, daß im Schmerz eine Wolluſt liegt. Chateaubriand, dieſe romantiſche Ruine, liebte es, zu leiden. Der Dichter braucht fuͤr ſein Le¬ ben eine poetiſche Staffage, und die eines ertraͤglichen Ungluͤcks pflegt ihm die liebſte zu ſein. Chateaubriand iſt nicht einmal ein ſolcher Maͤrtyrer wie Lafitte; denn wenn er zwar ſo arm iſt wie dieſer; ſo war er auch niemals ſo reich wie Lafitte. Er ſtuͤrzte von keinen Hoͤhen herunter; die, auf welchen er eine Zeitlang ſtand, hatte er im Traume beſtiegen; wann hatte der kleine Kadet von der Goldkuͤſte, der vor der Revolu¬ tion floh, daran gedacht, Miniſter zu werden? Glaubt mir, Chateaubriand huͤllte ſich gern in die Schatten der Melancholie; verbannte er ſich doch ſelbſt aus Frankreich, als die Bourbone nach Holyrood zo¬ gen, und kehrte, ungeachtet der ewigen Zeiten, auf die er Frankreich in Trauer werfen wollte, wieder zuruͤck, weil es keine Kleinigkeit iſt, ſich ſelbſt zu ſchneiden, und dann nicht einmal von Andern verbunden zu werden.

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/80>, abgerufen am 25.11.2024.