Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Martinez de la Rosa. Wirkung hervor. Der Kampf des Romanticismusund der Klassiker konnte ihm nicht fremd bleiben, und seine spätern Produkte bezeugen, daß er in seiner alten Stellung wankend gemacht wurde. Victor Hugo, welch' ein Beispiel! Martinez mochte seine Extravaganzen hassen, aber vielleicht ließen ihn die Lorbeeren des Dich¬ ters nicht schlafen, vielleicht quälte ihn ein unerklärli¬ ches Etwas aus seinen alten Ansichten heraus. Wel¬ cher wahrhafte Dichter gäbe sich so bald zur Ruhe! Er wird niemals mit sich zufrieden werden, und von seinem Nächsten immer die Hoffnung haben, daß es das Vorangegangene übertreffen werde. Martinez kam mit dem französischen Theater in Berührung, Scribe übersetzte ein Lustspiel von ihm, er war nun in die Bewegung hineingerissen und versuchte, ob ihm bei verändertem Glaubensbekenntnisse die Muse heißere Um¬ armungen gönnen würde. Sein Aben Humeya gelang ihm ungleich besser: er hat hier den Kothurn abgewor¬ fen und tritt in leichter, freier Prosa auf. Die Sprache ist frisch, leidenschaftlich, bilderreich; die Scenen sind nicht übermäßig ausgemalt, sondern sie brechen plötzlich ab, wenn ein Ereigniß dem andern folgt. In der Ver¬ schwörung von Venedig, demselben Drama, das in Madrid mit einem Applaus aufgenommen wurde, der Martinez de la Roſa. Wirkung hervor. Der Kampf des Romanticismusund der Klaſſiker konnte ihm nicht fremd bleiben, und ſeine ſpaͤtern Produkte bezeugen, daß er in ſeiner alten Stellung wankend gemacht wurde. Victor Hugo, welch' ein Beiſpiel! Martinez mochte ſeine Extravaganzen haſſen, aber vielleicht ließen ihn die Lorbeeren des Dich¬ ters nicht ſchlafen, vielleicht quaͤlte ihn ein unerklaͤrli¬ ches Etwas aus ſeinen alten Anſichten heraus. Wel¬ cher wahrhafte Dichter gaͤbe ſich ſo bald zur Ruhe! Er wird niemals mit ſich zufrieden werden, und von ſeinem Naͤchſten immer die Hoffnung haben, daß es das Vorangegangene uͤbertreffen werde. Martinez kam mit dem franzoͤſiſchen Theater in Beruͤhrung, Scribe uͤberſetzte ein Luſtſpiel von ihm, er war nun in die Bewegung hineingeriſſen und verſuchte, ob ihm bei veraͤndertem Glaubensbekenntniſſe die Muſe heißere Um¬ armungen goͤnnen wuͤrde. Sein Aben Humeya gelang ihm ungleich beſſer: er hat hier den Kothurn abgewor¬ fen und tritt in leichter, freier Proſa auf. Die Sprache iſt friſch, leidenſchaftlich, bilderreich; die Scenen ſind nicht uͤbermaͤßig ausgemalt, ſondern ſie brechen ploͤtzlich ab, wenn ein Ereigniß dem andern folgt. In der Ver¬ ſchwoͤrung von Venedig, demſelben Drama, das in Madrid mit einem Applaus aufgenommen wurde, der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="45"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Martinez de la Roſa</hi>.<lb/></fw>Wirkung hervor. Der Kampf des Romanticismus<lb/> und der Klaſſiker konnte ihm nicht fremd bleiben, und<lb/> ſeine ſpaͤtern Produkte bezeugen, daß er in ſeiner alten<lb/> Stellung wankend gemacht wurde. Victor Hugo, welch'<lb/> ein Beiſpiel! Martinez mochte ſeine Extravaganzen<lb/> haſſen, aber vielleicht ließen ihn die Lorbeeren des Dich¬<lb/> ters nicht ſchlafen, vielleicht quaͤlte ihn ein unerklaͤrli¬<lb/> ches Etwas aus ſeinen alten Anſichten heraus. Wel¬<lb/> cher wahrhafte Dichter gaͤbe ſich ſo bald zur Ruhe!<lb/> Er wird niemals mit ſich zufrieden werden, und von<lb/> ſeinem Naͤchſten immer die Hoffnung haben, daß es<lb/> das Vorangegangene uͤbertreffen werde. Martinez kam<lb/> mit dem franzoͤſiſchen Theater in Beruͤhrung, Scribe<lb/> uͤberſetzte ein Luſtſpiel von ihm, er war nun in die<lb/> Bewegung hineingeriſſen und verſuchte, ob ihm bei<lb/> veraͤndertem Glaubensbekenntniſſe die Muſe heißere Um¬<lb/> armungen goͤnnen wuͤrde. Sein Aben Humeya gelang<lb/> ihm ungleich beſſer: er hat hier den Kothurn abgewor¬<lb/> fen und tritt in leichter, freier Proſa auf. Die Sprache<lb/> iſt friſch, leidenſchaftlich, bilderreich; die Scenen ſind<lb/> nicht uͤbermaͤßig ausgemalt, ſondern ſie brechen ploͤtzlich<lb/> ab, wenn ein Ereigniß dem andern folgt. In der Ver¬<lb/> ſchwoͤrung von Venedig, demſelben Drama, das in<lb/> Madrid mit einem Applaus aufgenommen wurde, der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [45/0063]
Martinez de la Roſa.
Wirkung hervor. Der Kampf des Romanticismus
und der Klaſſiker konnte ihm nicht fremd bleiben, und
ſeine ſpaͤtern Produkte bezeugen, daß er in ſeiner alten
Stellung wankend gemacht wurde. Victor Hugo, welch'
ein Beiſpiel! Martinez mochte ſeine Extravaganzen
haſſen, aber vielleicht ließen ihn die Lorbeeren des Dich¬
ters nicht ſchlafen, vielleicht quaͤlte ihn ein unerklaͤrli¬
ches Etwas aus ſeinen alten Anſichten heraus. Wel¬
cher wahrhafte Dichter gaͤbe ſich ſo bald zur Ruhe!
Er wird niemals mit ſich zufrieden werden, und von
ſeinem Naͤchſten immer die Hoffnung haben, daß es
das Vorangegangene uͤbertreffen werde. Martinez kam
mit dem franzoͤſiſchen Theater in Beruͤhrung, Scribe
uͤberſetzte ein Luſtſpiel von ihm, er war nun in die
Bewegung hineingeriſſen und verſuchte, ob ihm bei
veraͤndertem Glaubensbekenntniſſe die Muſe heißere Um¬
armungen goͤnnen wuͤrde. Sein Aben Humeya gelang
ihm ungleich beſſer: er hat hier den Kothurn abgewor¬
fen und tritt in leichter, freier Proſa auf. Die Sprache
iſt friſch, leidenſchaftlich, bilderreich; die Scenen ſind
nicht uͤbermaͤßig ausgemalt, ſondern ſie brechen ploͤtzlich
ab, wenn ein Ereigniß dem andern folgt. In der Ver¬
ſchwoͤrung von Venedig, demſelben Drama, das in
Madrid mit einem Applaus aufgenommen wurde, der
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