Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Martinez de la Rosa.
dem Ministerium diese Gefahr geringer, als die, welche
im Lager selbst drohte. Es glaubte keinen andern
Feind bekämpfen zu müssen als den Jakobinismus der
Klubbs. Die Reden in der Fontana d'Oro, die Auf¬
sätze der Zuriaga und des Terzerols beschäftigten die
Minister mehr, als die Fortschritte, welche die Insur¬
rektion der Misa, Jaimes, Zabala und Quesada machte.
Man kann das Ministerium des Martinez de la Rosa
von jener Zeit das Direktorium der spanischen Revo¬
lution nennen: der Moderantismus desselben, welcher
nicht durch vorangegangene, sondern parallele Ausschwei¬
fungen gerechtfertigt werden konnte, brachte unter Spa¬
niens damaligen Umständen nichts zuwege, als eine
Keckheit des Royalismus, der immer mehr um sich
griff. Der Moderantismus war, wenn nicht offene
Verrätherei, was wir nicht glauben, doch jedenfalls die
verfehlteste Maßregel, um die spanische Freiheit zu ret¬
ten. Wenn er die Demokratie kurz am Zügel fassen
wollte, so arbeitete er der Reaktion in die Hände.
Auch war die Demokratie nie mächtiger, als damals.
Die Klubbs, die Communeros donnerten, die Cortes
machten die Beschlüsse derselben gesetzlich. Riego rauchte
mit Ferdinand Cigarren zum Zeichen ihres Einverständ¬
nisses, und seine Hymne, mit der er das Heer von

Martinez de la Roſa.
dem Miniſterium dieſe Gefahr geringer, als die, welche
im Lager ſelbſt drohte. Es glaubte keinen andern
Feind bekaͤmpfen zu muͤſſen als den Jakobinismus der
Klubbs. Die Reden in der Fontana d'Oro, die Auf¬
ſaͤtze der Zuriaga und des Terzerols beſchaͤftigten die
Miniſter mehr, als die Fortſchritte, welche die Inſur¬
rektion der Miſa, Jaimes, Zabala und Queſada machte.
Man kann das Miniſterium des Martinez de la Roſa
von jener Zeit das Direktorium der ſpaniſchen Revo¬
lution nennen: der Moderantismus deſſelben, welcher
nicht durch vorangegangene, ſondern parallele Ausſchwei¬
fungen gerechtfertigt werden konnte, brachte unter Spa¬
niens damaligen Umſtaͤnden nichts zuwege, als eine
Keckheit des Royalismus, der immer mehr um ſich
griff. Der Moderantismus war, wenn nicht offene
Verraͤtherei, was wir nicht glauben, doch jedenfalls die
verfehlteſte Maßregel, um die ſpaniſche Freiheit zu ret¬
ten. Wenn er die Demokratie kurz am Zuͤgel faſſen
wollte, ſo arbeitete er der Reaktion in die Haͤnde.
Auch war die Demokratie nie maͤchtiger, als damals.
Die Klubbs, die Communeros donnerten, die Cortes
machten die Beſchluͤſſe derſelben geſetzlich. Riego rauchte
mit Ferdinand Cigarren zum Zeichen ihres Einverſtaͤnd¬
niſſes, und ſeine Hymne, mit der er das Heer von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0058" n="40"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Martinez de la Ro&#x017F;a</hi>.<lb/></fw>dem Mini&#x017F;terium die&#x017F;e Gefahr geringer, als die, welche<lb/>
im Lager &#x017F;elb&#x017F;t drohte. Es glaubte keinen andern<lb/>
Feind beka&#x0364;mpfen zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en als den Jakobinismus der<lb/>
Klubbs. Die Reden in der Fontana d'Oro, die Auf¬<lb/>
&#x017F;a&#x0364;tze der Zuriaga und des Terzerols be&#x017F;cha&#x0364;ftigten die<lb/>
Mini&#x017F;ter mehr, als die Fort&#x017F;chritte, welche die In&#x017F;ur¬<lb/>
rektion der Mi&#x017F;a, Jaimes, Zabala und Que&#x017F;ada machte.<lb/>
Man kann das Mini&#x017F;terium des Martinez de la Ro&#x017F;a<lb/>
von jener Zeit das Direktorium der &#x017F;pani&#x017F;chen Revo¬<lb/>
lution nennen: der Moderantismus de&#x017F;&#x017F;elben, welcher<lb/>
nicht durch vorangegangene, &#x017F;ondern parallele Aus&#x017F;chwei¬<lb/>
fungen gerechtfertigt werden konnte, brachte unter Spa¬<lb/>
niens damaligen Um&#x017F;ta&#x0364;nden nichts zuwege, als eine<lb/>
Keckheit des Royalismus, der immer mehr um &#x017F;ich<lb/>
griff. Der Moderantismus war, wenn nicht offene<lb/>
Verra&#x0364;therei, was wir nicht glauben, doch jedenfalls die<lb/>
verfehlte&#x017F;te Maßregel, um die &#x017F;pani&#x017F;che Freiheit zu ret¬<lb/>
ten. Wenn er die Demokratie kurz am Zu&#x0364;gel fa&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wollte, &#x017F;o arbeitete er der Reaktion in die Ha&#x0364;nde.<lb/>
Auch war die Demokratie nie ma&#x0364;chtiger, als damals.<lb/>
Die Klubbs, die Communeros donnerten, die Cortes<lb/>
machten die Be&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der&#x017F;elben ge&#x017F;etzlich. Riego rauchte<lb/>
mit Ferdinand Cigarren zum Zeichen ihres Einver&#x017F;ta&#x0364;nd¬<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;es, und &#x017F;eine Hymne, mit der er das Heer von<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0058] Martinez de la Roſa. dem Miniſterium dieſe Gefahr geringer, als die, welche im Lager ſelbſt drohte. Es glaubte keinen andern Feind bekaͤmpfen zu muͤſſen als den Jakobinismus der Klubbs. Die Reden in der Fontana d'Oro, die Auf¬ ſaͤtze der Zuriaga und des Terzerols beſchaͤftigten die Miniſter mehr, als die Fortſchritte, welche die Inſur¬ rektion der Miſa, Jaimes, Zabala und Queſada machte. Man kann das Miniſterium des Martinez de la Roſa von jener Zeit das Direktorium der ſpaniſchen Revo¬ lution nennen: der Moderantismus deſſelben, welcher nicht durch vorangegangene, ſondern parallele Ausſchwei¬ fungen gerechtfertigt werden konnte, brachte unter Spa¬ niens damaligen Umſtaͤnden nichts zuwege, als eine Keckheit des Royalismus, der immer mehr um ſich griff. Der Moderantismus war, wenn nicht offene Verraͤtherei, was wir nicht glauben, doch jedenfalls die verfehlteſte Maßregel, um die ſpaniſche Freiheit zu ret¬ ten. Wenn er die Demokratie kurz am Zuͤgel faſſen wollte, ſo arbeitete er der Reaktion in die Haͤnde. Auch war die Demokratie nie maͤchtiger, als damals. Die Klubbs, die Communeros donnerten, die Cortes machten die Beſchluͤſſe derſelben geſetzlich. Riego rauchte mit Ferdinand Cigarren zum Zeichen ihres Einverſtaͤnd¬ niſſes, und ſeine Hymne, mit der er das Heer von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/58
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/58>, abgerufen am 22.11.2024.