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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Rothschild.
Brautpaaren; darum versehen wir uns nichts Gutes
hier an dem Quartiere Israels.

Aber großmüthiges Volk, nichts als leben willst
du, nichts als jenes unblutige, vor Moses gerechte
Fleisch, das der Schächter seinen Kunden zuträgt,
nichts als die duftende Zwiebel, und Menschen, welche
Lust zu handeln haben, Menschen, welche gute, hei¬
lige Kronenthaler auf Pfänder nehmen! Hier ist keine
Rache und ich verdamme meine Phantasie, wenn ich
auf dem Gemüse-Markt stehe, wo die alten grauhaa¬
rigen Rebecken und Rachel mit den Hökern um den
Frühling handeln, und ich mir über Eurer dunkeln
Gasse, über diesem von allen Nebengebäuden und den
Beistraßen isolirten Exil den rothen Hahn des Zigeu¬
ners unwillkührlich machen muß, als sei diese ganze
romantische Antiquität dazu bestimmt, in Kurzem ein
Raub der Flammen zu werden. Erschreckt nicht! Ich
bin keine Cassandra!

In der Frankfurter Judengasse wurde der alte
Herr geboren, welcher der Stifter des Hauses Roth¬
schild war, Mayer Anselm Rothschild. Es war einige
Jahre früher, ehe die Frau des Patriziers Goethe in
die weltberühmten Wochen kam. Mayer Anselm hatte
vielleicht auch einen Traum erlebt, wie der junge Wolf¬

Rothſchild.
Brautpaaren; darum verſehen wir uns nichts Gutes
hier an dem Quartiere Iſraels.

Aber großmuͤthiges Volk, nichts als leben willſt
du, nichts als jenes unblutige, vor Moſes gerechte
Fleiſch, das der Schaͤchter ſeinen Kunden zutraͤgt,
nichts als die duftende Zwiebel, und Menſchen, welche
Luſt zu handeln haben, Menſchen, welche gute, hei¬
lige Kronenthaler auf Pfaͤnder nehmen! Hier iſt keine
Rache und ich verdamme meine Phantaſie, wenn ich
auf dem Gemuͤſe-Markt ſtehe, wo die alten grauhaa¬
rigen Rebecken und Rachel mit den Hoͤkern um den
Fruͤhling handeln, und ich mir uͤber Eurer dunkeln
Gaſſe, uͤber dieſem von allen Nebengebaͤuden und den
Beiſtraßen iſolirten Exil den rothen Hahn des Zigeu¬
ners unwillkuͤhrlich machen muß, als ſei dieſe ganze
romantiſche Antiquitaͤt dazu beſtimmt, in Kurzem ein
Raub der Flammen zu werden. Erſchreckt nicht! Ich
bin keine Caſſandra!

In der Frankfurter Judengaſſe wurde der alte
Herr geboren, welcher der Stifter des Hauſes Roth¬
ſchild war, Mayer Anſelm Rothſchild. Es war einige
Jahre fruͤher, ehe die Frau des Patriziers Goethe in
die weltberuͤhmten Wochen kam. Mayer Anſelm hatte
vielleicht auch einen Traum erlebt, wie der junge Wolf¬

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[283/0301] Rothſchild. Brautpaaren; darum verſehen wir uns nichts Gutes hier an dem Quartiere Iſraels. Aber großmuͤthiges Volk, nichts als leben willſt du, nichts als jenes unblutige, vor Moſes gerechte Fleiſch, das der Schaͤchter ſeinen Kunden zutraͤgt, nichts als die duftende Zwiebel, und Menſchen, welche Luſt zu handeln haben, Menſchen, welche gute, hei¬ lige Kronenthaler auf Pfaͤnder nehmen! Hier iſt keine Rache und ich verdamme meine Phantaſie, wenn ich auf dem Gemuͤſe-Markt ſtehe, wo die alten grauhaa¬ rigen Rebecken und Rachel mit den Hoͤkern um den Fruͤhling handeln, und ich mir uͤber Eurer dunkeln Gaſſe, uͤber dieſem von allen Nebengebaͤuden und den Beiſtraßen iſolirten Exil den rothen Hahn des Zigeu¬ ners unwillkuͤhrlich machen muß, als ſei dieſe ganze romantiſche Antiquitaͤt dazu beſtimmt, in Kurzem ein Raub der Flammen zu werden. Erſchreckt nicht! Ich bin keine Caſſandra! In der Frankfurter Judengaſſe wurde der alte Herr geboren, welcher der Stifter des Hauſes Roth¬ ſchild war, Mayer Anſelm Rothſchild. Es war einige Jahre fruͤher, ehe die Frau des Patriziers Goethe in die weltberuͤhmten Wochen kam. Mayer Anſelm hatte vielleicht auch einen Traum erlebt, wie der junge Wolf¬

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/301>, abgerufen am 24.11.2024.