Eroberung oder Vertheidigung; die Existenz ist ambu¬ lant; noch ist die Zeit der Aufopferung nicht gekom¬ men; die Contraste siegen nicht in Paris.
Der Kampf des Tiersparti und der Doktrinäre kann niemals zu positiven Resultaten führen, wenn nicht Unvorsichtigkeit wie bei geladenen Flinten aus dem Spiele Ernst machen sollte.
Der Tiersparti mag von der gelehrten Miene der Doktrin belästigt seyn; er mag es beleidigend finden, wenn die Doktrin bei jedem Streit erst eine Weile schweigt, und sich dann vornehm erhebt, um die Frage auf ein ganz anderes Feld zu schieben: in Frankreich entscheidet nicht die Manier, sondern die Gesinnung.
Was könnte wohl der Tiersparti wollen, das die Doktrin nicht unterschriebe? Hat die Doktrin gegen den Tiersparti etwas Anderes im Schilde, als einen andern Ausdruck für dieselbe Sache? Kann der Tiersparti mit seinen bürgerlichen Manieren, mit seinen linkischen Complimenten, mit seinen Röcken von zwei Reihen Knöpfen, seinem kurzgeschnittenen, ungelockten Haar, mit seinen benägelten Stiefeln und der Unbeholfenheit, die ihn bei einem vornehmen Diner, wo er Pasteten mit der Gabel ißt, lächerlich machen -- kann er mit
Armand Carrel.
Eroberung oder Vertheidigung; die Exiſtenz iſt ambu¬ lant; noch iſt die Zeit der Aufopferung nicht gekom¬ men; die Contraſte ſiegen nicht in Paris.
Der Kampf des Tiersparti und der Doktrinaͤre kann niemals zu poſitiven Reſultaten fuͤhren, wenn nicht Unvorſichtigkeit wie bei geladenen Flinten aus dem Spiele Ernſt machen ſollte.
Der Tiersparti mag von der gelehrten Miene der Doktrin belaͤſtigt ſeyn; er mag es beleidigend finden, wenn die Doktrin bei jedem Streit erſt eine Weile ſchweigt, und ſich dann vornehm erhebt, um die Frage auf ein ganz anderes Feld zu ſchieben: in Frankreich entſcheidet nicht die Manier, ſondern die Geſinnung.
Was koͤnnte wohl der Tiersparti wollen, das die Doktrin nicht unterſchriebe? Hat die Doktrin gegen den Tiersparti etwas Anderes im Schilde, als einen andern Ausdruck fuͤr dieſelbe Sache? Kann der Tiersparti mit ſeinen buͤrgerlichen Manieren, mit ſeinen linkiſchen Complimenten, mit ſeinen Roͤcken von zwei Reihen Knoͤpfen, ſeinem kurzgeſchnittenen, ungelockten Haar, mit ſeinen benaͤgelten Stiefeln und der Unbeholfenheit, die ihn bei einem vornehmen Diner, wo er Paſteten mit der Gabel ißt, laͤcherlich machen — kann er mit
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Armand Carrel.
Eroberung oder Vertheidigung; die Exiſtenz iſt ambu¬
lant; noch iſt die Zeit der Aufopferung nicht gekom¬
men; die Contraſte ſiegen nicht in Paris.
Der Kampf des Tiersparti und der Doktrinaͤre
kann niemals zu poſitiven Reſultaten fuͤhren, wenn
nicht Unvorſichtigkeit wie bei geladenen Flinten aus dem
Spiele Ernſt machen ſollte.
Der Tiersparti mag von der gelehrten Miene der
Doktrin belaͤſtigt ſeyn; er mag es beleidigend finden,
wenn die Doktrin bei jedem Streit erſt eine Weile
ſchweigt, und ſich dann vornehm erhebt, um die Frage
auf ein ganz anderes Feld zu ſchieben: in Frankreich
entſcheidet nicht die Manier, ſondern die Geſinnung.
Was koͤnnte wohl der Tiersparti wollen, das die
Doktrin nicht unterſchriebe? Hat die Doktrin gegen den
Tiersparti etwas Anderes im Schilde, als einen andern
Ausdruck fuͤr dieſelbe Sache? Kann der Tiersparti mit
ſeinen buͤrgerlichen Manieren, mit ſeinen linkiſchen
Complimenten, mit ſeinen Roͤcken von zwei Reihen
Knoͤpfen, ſeinem kurzgeſchnittenen, ungelockten Haar,
mit ſeinen benaͤgelten Stiefeln und der Unbeholfenheit,
die ihn bei einem vornehmen Diner, wo er Paſteten
mit der Gabel ißt, laͤcherlich machen — kann er mit
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie angelegten Reflexionen über "Öffentliche Charaktere" in der Augsburger Allgemeinen Zeitung erscheinen. In Buchform erschien ein erster Band 1835 bei Hoffmann und Campe in Hamburg. Zur Publikation der weiteren geplanten Teile kam es nicht.
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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/238>, abgerufen am 27.07.2024.
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