nen, sie mußte alle ihre Streitkräfte gegen Brasilien wenden, welches Ansprüche machte auf die Banda Oriental. Diese Zwistigkeiten währten bis zum Jahr 1828, wo endlich der Friede von Rio de Janeiro der jungen Republik Athem schaffte.
Rechnet man die Anstrengungen hinzu, welche die Propaganda nach Westen hin kostete, so begreift man, wie viel Zeit die Usurpation von Paraguay gewann, sich zu befestigen, sich chinesisch gegen das Ausland und die schwankende Tagesgeschichte abzuschließen, und einen Zustand zu erhalten, der uns für den vulkanischen Bo¬ den von Südamerika unmöglich scheinen möchte.
Paraguay selbst ist einer der fruchtbarsten Binnenstriche von Südamerika. Reichthum der Vegetation wie über¬ all in diesem gesegneten Welttheile. Die großen Ebe¬ nen begünstigen die Zucht der Stiere und Pferde, de¬ ren Häute nebst dem berühmten Paraguaythee die Han¬ delsartikel des Landes bilden. Warum mußte auch Bonpland so neugierig sein, und die Theepflanze so sorgfältig beobachten! Man hielt ihn für einen Feind des Nationalreichthums und des persönlichen Einkom¬ mens des Diktators; denn er selbst, der Doktor, ist erster Theehändler und Staatsgerber. Man glaubte
Doktor Francia.
nen, ſie mußte alle ihre Streitkraͤfte gegen Braſilien wenden, welches Anſpruͤche machte auf die Banda Oriental. Dieſe Zwiſtigkeiten waͤhrten bis zum Jahr 1828, wo endlich der Friede von Rio de Janeiro der jungen Republik Athem ſchaffte.
Rechnet man die Anſtrengungen hinzu, welche die Propaganda nach Weſten hin koſtete, ſo begreift man, wie viel Zeit die Uſurpation von Paraguay gewann, ſich zu befeſtigen, ſich chineſiſch gegen das Ausland und die ſchwankende Tagesgeſchichte abzuſchließen, und einen Zuſtand zu erhalten, der uns fuͤr den vulkaniſchen Bo¬ den von Suͤdamerika unmoͤglich ſcheinen moͤchte.
Paraguay ſelbſt iſt einer der fruchtbarſten Binnenſtriche von Suͤdamerika. Reichthum der Vegetation wie uͤber¬ all in dieſem geſegneten Welttheile. Die großen Ebe¬ nen beguͤnſtigen die Zucht der Stiere und Pferde, de¬ ren Haͤute nebſt dem beruͤhmten Paraguaythee die Han¬ delsartikel des Landes bilden. Warum mußte auch Bonpland ſo neugierig ſein, und die Theepflanze ſo ſorgfaͤltig beobachten! Man hielt ihn fuͤr einen Feind des Nationalreichthums und des perſoͤnlichen Einkom¬ mens des Diktators; denn er ſelbſt, der Doktor, iſt erſter Theehaͤndler und Staatsgerber. Man glaubte
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0223"n="205"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Doktor Francia</hi>.<lb/></fw> nen, ſie mußte alle ihre Streitkraͤfte gegen Braſilien<lb/>
wenden, welches Anſpruͤche machte auf die Banda<lb/>
Oriental. Dieſe Zwiſtigkeiten waͤhrten bis zum Jahr<lb/>
1828, wo endlich der Friede von Rio de Janeiro der<lb/>
jungen Republik Athem ſchaffte.</p><lb/><p>Rechnet man die Anſtrengungen hinzu, welche die<lb/>
Propaganda nach Weſten hin koſtete, ſo begreift man,<lb/>
wie viel Zeit die Uſurpation von Paraguay gewann,<lb/>ſich zu befeſtigen, ſich chineſiſch gegen das Ausland und<lb/>
die ſchwankende Tagesgeſchichte abzuſchließen, und einen<lb/>
Zuſtand zu erhalten, der uns fuͤr den vulkaniſchen Bo¬<lb/>
den von Suͤdamerika unmoͤglich ſcheinen moͤchte.</p><lb/><p>Paraguay ſelbſt iſt einer der fruchtbarſten Binnenſtriche<lb/>
von Suͤdamerika. Reichthum der Vegetation wie uͤber¬<lb/>
all in dieſem geſegneten Welttheile. Die großen Ebe¬<lb/>
nen beguͤnſtigen die Zucht der Stiere und Pferde, de¬<lb/>
ren Haͤute nebſt dem beruͤhmten Paraguaythee die Han¬<lb/>
delsartikel des Landes bilden. Warum mußte auch<lb/>
Bonpland ſo neugierig ſein, und die Theepflanze ſo<lb/>ſorgfaͤltig beobachten! Man hielt ihn fuͤr einen Feind<lb/>
des Nationalreichthums und des perſoͤnlichen Einkom¬<lb/>
mens des Diktators; denn er ſelbſt, der Doktor, iſt<lb/>
erſter Theehaͤndler und Staatsgerber. Man glaubte<lb/></p></div></body></text></TEI>
[205/0223]
Doktor Francia.
nen, ſie mußte alle ihre Streitkraͤfte gegen Braſilien
wenden, welches Anſpruͤche machte auf die Banda
Oriental. Dieſe Zwiſtigkeiten waͤhrten bis zum Jahr
1828, wo endlich der Friede von Rio de Janeiro der
jungen Republik Athem ſchaffte.
Rechnet man die Anſtrengungen hinzu, welche die
Propaganda nach Weſten hin koſtete, ſo begreift man,
wie viel Zeit die Uſurpation von Paraguay gewann,
ſich zu befeſtigen, ſich chineſiſch gegen das Ausland und
die ſchwankende Tagesgeſchichte abzuſchließen, und einen
Zuſtand zu erhalten, der uns fuͤr den vulkaniſchen Bo¬
den von Suͤdamerika unmoͤglich ſcheinen moͤchte.
Paraguay ſelbſt iſt einer der fruchtbarſten Binnenſtriche
von Suͤdamerika. Reichthum der Vegetation wie uͤber¬
all in dieſem geſegneten Welttheile. Die großen Ebe¬
nen beguͤnſtigen die Zucht der Stiere und Pferde, de¬
ren Haͤute nebſt dem beruͤhmten Paraguaythee die Han¬
delsartikel des Landes bilden. Warum mußte auch
Bonpland ſo neugierig ſein, und die Theepflanze ſo
ſorgfaͤltig beobachten! Man hielt ihn fuͤr einen Feind
des Nationalreichthums und des perſoͤnlichen Einkom¬
mens des Diktators; denn er ſelbſt, der Doktor, iſt
erſter Theehaͤndler und Staatsgerber. Man glaubte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie angelegten Reflexionen über "Öffentliche Charaktere" in der Augsburger Allgemeinen Zeitung erscheinen. In Buchform erschien ein erster Band 1835 bei Hoffmann und Campe in Hamburg. Zur Publikation der weiteren geplanten Teile kam es nicht.
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/223>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.