jährter Ruhm! Eine Grausamkeit, welche einen tiefen Blick in unsere Zeit werfen läßt!
Und doch ist in diesem Falle nicht Alles Egoismus oder das erhabene Interesse der Völkerfreiheit; es ist möglich, daß bei der Gleichgültigkeit gegen den Herzog von Wellington einige andere Triebfedern mit unter¬ laufen, welche nicht in der Zeit, oder in der Person, sondern in seinem Ruhme selbst liegen. Es ist mög¬ lich, daß der Herzog von Wellington in der That kein so großer Mann ist, als sieben Feldmarschallstäbe und drei glückliche Feldzüge uns überreden wollen. Wäre dem so, so verriethen die rücksichtslosen Anklagen des englischen Volkes einen feinen Instinkt oder eine sehr unterrichtete Kenntniß ihres großen verhaßten Helden. Wir wollen sehen, ob sich hierüber eine feste Meinung fassen läßt.
Es gibt eine Anlage zum Ruhm, welche zwar mit uns geboren wird, aber nicht in unsern Talenten liegt; ein Privilegium der Unsterblichkeit, welches un¬ gleich vertheilt, und keineswegs hoffnungsvolle Jugend, blitzendes Auge, ein kraniologisches Symptom ist, son¬ dern eine Mitgift des Standes, die Laune des Zufalls, welche den größten Schwachkopf in hohen Regionen geboren werden ließ. Auch hat der Soldat (natürlich
10 *
Wellington.
jaͤhrter Ruhm! Eine Grauſamkeit, welche einen tiefen Blick in unſere Zeit werfen laͤßt!
Und doch iſt in dieſem Falle nicht Alles Egoismus oder das erhabene Intereſſe der Voͤlkerfreiheit; es iſt moͤglich, daß bei der Gleichguͤltigkeit gegen den Herzog von Wellington einige andere Triebfedern mit unter¬ laufen, welche nicht in der Zeit, oder in der Perſon, ſondern in ſeinem Ruhme ſelbſt liegen. Es iſt moͤg¬ lich, daß der Herzog von Wellington in der That kein ſo großer Mann iſt, als ſieben Feldmarſchallſtaͤbe und drei gluͤckliche Feldzuͤge uns uͤberreden wollen. Waͤre dem ſo, ſo verriethen die ruͤckſichtsloſen Anklagen des engliſchen Volkes einen feinen Inſtinkt oder eine ſehr unterrichtete Kenntniß ihres großen verhaßten Helden. Wir wollen ſehen, ob ſich hieruͤber eine feſte Meinung faſſen laͤßt.
Es gibt eine Anlage zum Ruhm, welche zwar mit uns geboren wird, aber nicht in unſern Talenten liegt; ein Privilegium der Unſterblichkeit, welches un¬ gleich vertheilt, und keineswegs hoffnungsvolle Jugend, blitzendes Auge, ein kraniologiſches Symptom iſt, ſon¬ dern eine Mitgift des Standes, die Laune des Zufalls, welche den groͤßten Schwachkopf in hohen Regionen geboren werden ließ. Auch hat der Soldat (natuͤrlich
10 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0165"n="147"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Wellington</hi>.<lb/></fw>jaͤhrter Ruhm! Eine Grauſamkeit, welche einen tiefen<lb/>
Blick in unſere Zeit werfen laͤßt!</p><lb/><p>Und doch iſt in dieſem Falle nicht Alles Egoismus<lb/>
oder das erhabene Intereſſe der Voͤlkerfreiheit; es iſt<lb/>
moͤglich, daß bei der Gleichguͤltigkeit gegen den Herzog<lb/>
von Wellington einige andere Triebfedern mit unter¬<lb/>
laufen, welche nicht in der Zeit, oder in der Perſon,<lb/>ſondern in ſeinem Ruhme ſelbſt liegen. Es iſt moͤg¬<lb/>
lich, daß der Herzog von Wellington in der That kein<lb/>ſo großer Mann iſt, als ſieben Feldmarſchallſtaͤbe und<lb/>
drei gluͤckliche Feldzuͤge uns uͤberreden wollen. Waͤre<lb/>
dem ſo, ſo verriethen die ruͤckſichtsloſen Anklagen des<lb/>
engliſchen Volkes einen feinen Inſtinkt oder eine ſehr<lb/>
unterrichtete Kenntniß ihres großen verhaßten Helden.<lb/>
Wir wollen ſehen, ob ſich hieruͤber eine feſte Meinung<lb/>
faſſen laͤßt.</p><lb/><p>Es gibt eine Anlage zum Ruhm, welche zwar<lb/>
mit uns geboren wird, aber nicht in unſern Talenten<lb/>
liegt; ein Privilegium der Unſterblichkeit, welches un¬<lb/>
gleich vertheilt, und keineswegs hoffnungsvolle Jugend,<lb/>
blitzendes Auge, ein kraniologiſches Symptom iſt, ſon¬<lb/>
dern eine Mitgift des Standes, die Laune des Zufalls,<lb/>
welche den groͤßten Schwachkopf in hohen Regionen<lb/>
geboren werden ließ. Auch hat der Soldat (natuͤrlich<lb/><fwplace="bottom"type="sig">10 *<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[147/0165]
Wellington.
jaͤhrter Ruhm! Eine Grauſamkeit, welche einen tiefen
Blick in unſere Zeit werfen laͤßt!
Und doch iſt in dieſem Falle nicht Alles Egoismus
oder das erhabene Intereſſe der Voͤlkerfreiheit; es iſt
moͤglich, daß bei der Gleichguͤltigkeit gegen den Herzog
von Wellington einige andere Triebfedern mit unter¬
laufen, welche nicht in der Zeit, oder in der Perſon,
ſondern in ſeinem Ruhme ſelbſt liegen. Es iſt moͤg¬
lich, daß der Herzog von Wellington in der That kein
ſo großer Mann iſt, als ſieben Feldmarſchallſtaͤbe und
drei gluͤckliche Feldzuͤge uns uͤberreden wollen. Waͤre
dem ſo, ſo verriethen die ruͤckſichtsloſen Anklagen des
engliſchen Volkes einen feinen Inſtinkt oder eine ſehr
unterrichtete Kenntniß ihres großen verhaßten Helden.
Wir wollen ſehen, ob ſich hieruͤber eine feſte Meinung
faſſen laͤßt.
Es gibt eine Anlage zum Ruhm, welche zwar
mit uns geboren wird, aber nicht in unſern Talenten
liegt; ein Privilegium der Unſterblichkeit, welches un¬
gleich vertheilt, und keineswegs hoffnungsvolle Jugend,
blitzendes Auge, ein kraniologiſches Symptom iſt, ſon¬
dern eine Mitgift des Standes, die Laune des Zufalls,
welche den groͤßten Schwachkopf in hohen Regionen
geboren werden ließ. Auch hat der Soldat (natuͤrlich
10 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie angelegten Reflexionen über "Öffentliche Charaktere" in der Augsburger Allgemeinen Zeitung erscheinen. In Buchform erschien ein erster Band 1835 bei Hoffmann und Campe in Hamburg. Zur Publikation der weiteren geplanten Teile kam es nicht.
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/165>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.