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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Die Napoleoniden.
meiden lassen, und ein ehrlicher Mann sich einrichten
muß, um sein Auskommen zu haben. Er ist krank,
erschöpft von seiner Vergangenheit, und verläugnet sich
gern mit einer achtungswerthen Bescheidenheit. Aber
noch liebt er Deutschland, von dessen Wäldern er nie
geglaubt hätte, daß man in ihnen so angenehme Sa¬
turnalien feiern könnte und so podagristisch werden, er
besucht es oft, und einer unsrer Bundesstaaten öffnet
ihm gern seinen berühmten Marstall, obschon er ein
schlechter Reiter ist. Sein Sohn gehört zum Militair
desselben Staates als Oberlieutenant.

Von Napoleons Schwestern lebt nur noch Ma¬
dame Karoline, Mürats Gemahlin.

Für die Unsterblichkeit gibt es keine größere Be¬
wunderung, als wenn das Genie zufällig eine Schwe¬
ster hat. Eine Schwester erkennt den Abstand der All¬
täglichkeit von ihrem Bruder ungemein tief, und klei¬
det sich gern mit dem Prunk des Ruhms, wenn der
Held nicht die Muße hat, ihn selbst zur Schau zu
tragen.

Napoleon liebte seine Schwestern zärtlich. Ihren
Beifall nahm er für überirdische Weissagung, wie einst
der alte Gallier; ihr Widerstand imponirte ihm oder
machte ihn lachen. Er verzieh ihnen ihr heißes Blut,

Die Napoleoniden.
meiden laſſen, und ein ehrlicher Mann ſich einrichten
muß, um ſein Auskommen zu haben. Er iſt krank,
erſchoͤpft von ſeiner Vergangenheit, und verlaͤugnet ſich
gern mit einer achtungswerthen Beſcheidenheit. Aber
noch liebt er Deutſchland, von deſſen Waͤldern er nie
geglaubt haͤtte, daß man in ihnen ſo angenehme Sa¬
turnalien feiern koͤnnte und ſo podagriſtiſch werden, er
beſucht es oft, und einer unſrer Bundesſtaaten oͤffnet
ihm gern ſeinen beruͤhmten Marſtall, obſchon er ein
ſchlechter Reiter iſt. Sein Sohn gehoͤrt zum Militair
deſſelben Staates als Oberlieutenant.

Von Napoleons Schweſtern lebt nur noch Ma¬
dame Karoline, Muͤrats Gemahlin.

Fuͤr die Unſterblichkeit gibt es keine groͤßere Be¬
wunderung, als wenn das Genie zufaͤllig eine Schwe¬
ſter hat. Eine Schweſter erkennt den Abſtand der All¬
taͤglichkeit von ihrem Bruder ungemein tief, und klei¬
det ſich gern mit dem Prunk des Ruhms, wenn der
Held nicht die Muße hat, ihn ſelbſt zur Schau zu
tragen.

Napoleon liebte ſeine Schweſtern zaͤrtlich. Ihren
Beifall nahm er fuͤr uͤberirdiſche Weiſſagung, wie einſt
der alte Gallier; ihr Widerſtand imponirte ihm oder
machte ihn lachen. Er verzieh ihnen ihr heißes Blut,

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[135/0153] Die Napoleoniden. meiden laſſen, und ein ehrlicher Mann ſich einrichten muß, um ſein Auskommen zu haben. Er iſt krank, erſchoͤpft von ſeiner Vergangenheit, und verlaͤugnet ſich gern mit einer achtungswerthen Beſcheidenheit. Aber noch liebt er Deutſchland, von deſſen Waͤldern er nie geglaubt haͤtte, daß man in ihnen ſo angenehme Sa¬ turnalien feiern koͤnnte und ſo podagriſtiſch werden, er beſucht es oft, und einer unſrer Bundesſtaaten oͤffnet ihm gern ſeinen beruͤhmten Marſtall, obſchon er ein ſchlechter Reiter iſt. Sein Sohn gehoͤrt zum Militair deſſelben Staates als Oberlieutenant. Von Napoleons Schweſtern lebt nur noch Ma¬ dame Karoline, Muͤrats Gemahlin. Fuͤr die Unſterblichkeit gibt es keine groͤßere Be¬ wunderung, als wenn das Genie zufaͤllig eine Schwe¬ ſter hat. Eine Schweſter erkennt den Abſtand der All¬ taͤglichkeit von ihrem Bruder ungemein tief, und klei¬ det ſich gern mit dem Prunk des Ruhms, wenn der Held nicht die Muße hat, ihn ſelbſt zur Schau zu tragen. Napoleon liebte ſeine Schweſtern zaͤrtlich. Ihren Beifall nahm er fuͤr uͤberirdiſche Weiſſagung, wie einſt der alte Gallier; ihr Widerſtand imponirte ihm oder machte ihn lachen. Er verzieh ihnen ihr heißes Blut,

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/153>, abgerufen am 22.11.2024.