sie erhob, innerlich verwünscht und seinen Feinden die Kostbarkeiten verkauft, welche er ihnen hinterließ.
Diese Ueberreste haben ihre eigenen Straßen, welche sie in Europa nur einschlagen dürfen, ihre eigenen Tage, wo sie bei ihren legitimen Schwägern zum Be¬ suche kommen, sie sind bei allen Dingen auf gewisse Gränzen angewiesen, und verschleudern den Ruhm ih¬ res Bruders, um den ihre Augen nicht mehr naß werden.
Napoleon hatte sich an denen, welche älter waren, als er, für die Tyrannei in der Kinderschule, beim Spiel und Vesperbrod empfindlich gerächt; er hatte sie in Lagen gebracht, denen sie nicht gewachsen waren, und sie nur deshalb mit Geschenken überhäuft, um sie desto besser unter seiner Zuchtruthe zu haben. Die jün¬ geren zog er vor, seine Schwestern liebte er und tanzte sogar mit ihnen, ja seine erheiratheten Verwandten, den Prinzen Eugen und Hortense, betete er an mit seiner Zärtlichkeit, die ihm so schön stand; aber Alle hat er sie entweder so verwöhnt, oder so geknechtet, daß sie we¬ nig Sympathie für ihn empfanden und ihn noch jetzt anklagen, wenn einmal ihre Finanzen nicht in Ordnung sind, oder sie von den Siegern eine Zurücksetzung er¬ fahren.
Dies ist eine bekannte Thatsache und soll mich ver¬
Die Napoleoniden.
ſie erhob, innerlich verwuͤnſcht und ſeinen Feinden die Koſtbarkeiten verkauft, welche er ihnen hinterließ.
Dieſe Ueberreſte haben ihre eigenen Straßen, welche ſie in Europa nur einſchlagen duͤrfen, ihre eigenen Tage, wo ſie bei ihren legitimen Schwaͤgern zum Be¬ ſuche kommen, ſie ſind bei allen Dingen auf gewiſſe Graͤnzen angewieſen, und verſchleudern den Ruhm ih¬ res Bruders, um den ihre Augen nicht mehr naß werden.
Napoleon hatte ſich an denen, welche aͤlter waren, als er, fuͤr die Tyrannei in der Kinderſchule, beim Spiel und Veſperbrod empfindlich geraͤcht; er hatte ſie in Lagen gebracht, denen ſie nicht gewachſen waren, und ſie nur deshalb mit Geſchenken uͤberhaͤuft, um ſie deſto beſſer unter ſeiner Zuchtruthe zu haben. Die juͤn¬ geren zog er vor, ſeine Schweſtern liebte er und tanzte ſogar mit ihnen, ja ſeine erheiratheten Verwandten, den Prinzen Eugen und Hortenſe, betete er an mit ſeiner Zaͤrtlichkeit, die ihm ſo ſchoͤn ſtand; aber Alle hat er ſie entweder ſo verwoͤhnt, oder ſo geknechtet, daß ſie we¬ nig Sympathie fuͤr ihn empfanden und ihn noch jetzt anklagen, wenn einmal ihre Finanzen nicht in Ordnung ſind, oder ſie von den Siegern eine Zuruͤckſetzung er¬ fahren.
Dies iſt eine bekannte Thatſache und ſoll mich ver¬
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Die Napoleoniden.
ſie erhob, innerlich verwuͤnſcht und ſeinen Feinden die
Koſtbarkeiten verkauft, welche er ihnen hinterließ.
Dieſe Ueberreſte haben ihre eigenen Straßen, welche
ſie in Europa nur einſchlagen duͤrfen, ihre eigenen
Tage, wo ſie bei ihren legitimen Schwaͤgern zum Be¬
ſuche kommen, ſie ſind bei allen Dingen auf gewiſſe
Graͤnzen angewieſen, und verſchleudern den Ruhm ih¬
res Bruders, um den ihre Augen nicht mehr naß werden.
Napoleon hatte ſich an denen, welche aͤlter waren,
als er, fuͤr die Tyrannei in der Kinderſchule, beim
Spiel und Veſperbrod empfindlich geraͤcht; er hatte ſie
in Lagen gebracht, denen ſie nicht gewachſen waren,
und ſie nur deshalb mit Geſchenken uͤberhaͤuft, um ſie
deſto beſſer unter ſeiner Zuchtruthe zu haben. Die juͤn¬
geren zog er vor, ſeine Schweſtern liebte er und tanzte
ſogar mit ihnen, ja ſeine erheiratheten Verwandten, den
Prinzen Eugen und Hortenſe, betete er an mit ſeiner
Zaͤrtlichkeit, die ihm ſo ſchoͤn ſtand; aber Alle hat er ſie
entweder ſo verwoͤhnt, oder ſo geknechtet, daß ſie we¬
nig Sympathie fuͤr ihn empfanden und ihn noch jetzt
anklagen, wenn einmal ihre Finanzen nicht in Ordnung
ſind, oder ſie von den Siegern eine Zuruͤckſetzung er¬
fahren.
Dies iſt eine bekannte Thatſache und ſoll mich ver¬
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie angelegten Reflexionen über "Öffentliche Charaktere" in der Augsburger Allgemeinen Zeitung erscheinen. In Buchform erschien ein erster Band 1835 bei Hoffmann und Campe in Hamburg. Zur Publikation der weiteren geplanten Teile kam es nicht.
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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/135>, abgerufen am 16.02.2025.
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