eines ehrgeizigen Helden, kein angeborner Muth, der, um seinen Stolz zu retten, selbst den Erfolg in die Schanze schlägt, sondern eine kluge Berechnung, die sich zu beherrschen weiß, die in Hoffnung größerer kleine Vortheile aufgibt und nicht in Verzweiflung geräth, wenn sich ein Tag langweilig an den andern reiht.
So lange Mehemed noch nicht im Zuge seiner Intrigue war, verdarb er es mit keiner Partei, weder mit der Pforte und ihren Gesandten, noch mit den Beys. Der Zwiespalt unter diesen selbst kam ihm da¬ bei trefflich zu statten. Er nahm die Miene an, als sei er dem von der Pforte geschickten Statthalter Kus¬ ruf treu ergeben, ließ sich aber zweimal von den Ma¬ melucken schlagen; Taher Pascha diente ihm, indem er Kusruf stürzte, Kusruf wieder gegen Achmed Pascha, der Taher verdrängt hatte. Kusruf war aber nur ein Name, und Mehemed brauchte eine Macht; da that er einen Schritt, der dem Scheine nach kühn war, den er aber als gefahrlos kannte: er ging ins Lager der Mamelucken und verband sich mit Bardissy.
Aber auch hier, eingedenk des Grundsatzes, daß der Theilende herrscht, trennte er sogleich die Interessen, und schied sich einen neuen Hinterhalt, die Albanesen, heraus. Die Albanesen mußten ihm später zu Allem
Mehemed Ali von Aegypten.
eines ehrgeizigen Helden, kein angeborner Muth, der, um ſeinen Stolz zu retten, ſelbſt den Erfolg in die Schanze ſchlaͤgt, ſondern eine kluge Berechnung, die ſich zu beherrſchen weiß, die in Hoffnung groͤßerer kleine Vortheile aufgibt und nicht in Verzweiflung geraͤth, wenn ſich ein Tag langweilig an den andern reiht.
So lange Mehemed noch nicht im Zuge ſeiner Intrigue war, verdarb er es mit keiner Partei, weder mit der Pforte und ihren Geſandten, noch mit den Beys. Der Zwieſpalt unter dieſen ſelbſt kam ihm da¬ bei trefflich zu ſtatten. Er nahm die Miene an, als ſei er dem von der Pforte geſchickten Statthalter Kus¬ ruf treu ergeben, ließ ſich aber zweimal von den Ma¬ melucken ſchlagen; Taher Paſcha diente ihm, indem er Kusruf ſtuͤrzte, Kusruf wieder gegen Achmed Paſcha, der Taher verdraͤngt hatte. Kusruf war aber nur ein Name, und Mehemed brauchte eine Macht; da that er einen Schritt, der dem Scheine nach kuͤhn war, den er aber als gefahrlos kannte: er ging ins Lager der Mamelucken und verband ſich mit Bardiſſy.
Aber auch hier, eingedenk des Grundſatzes, daß der Theilende herrſcht, trennte er ſogleich die Intereſſen, und ſchied ſich einen neuen Hinterhalt, die Albaneſen, heraus. Die Albaneſen mußten ihm ſpaͤter zu Allem
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Mehemed Ali von Aegypten.
eines ehrgeizigen Helden, kein angeborner Muth, der,
um ſeinen Stolz zu retten, ſelbſt den Erfolg in die
Schanze ſchlaͤgt, ſondern eine kluge Berechnung, die
ſich zu beherrſchen weiß, die in Hoffnung groͤßerer kleine
Vortheile aufgibt und nicht in Verzweiflung geraͤth,
wenn ſich ein Tag langweilig an den andern reiht.
So lange Mehemed noch nicht im Zuge ſeiner
Intrigue war, verdarb er es mit keiner Partei, weder
mit der Pforte und ihren Geſandten, noch mit den
Beys. Der Zwieſpalt unter dieſen ſelbſt kam ihm da¬
bei trefflich zu ſtatten. Er nahm die Miene an, als
ſei er dem von der Pforte geſchickten Statthalter Kus¬
ruf treu ergeben, ließ ſich aber zweimal von den Ma¬
melucken ſchlagen; Taher Paſcha diente ihm, indem er
Kusruf ſtuͤrzte, Kusruf wieder gegen Achmed Paſcha,
der Taher verdraͤngt hatte. Kusruf war aber nur ein
Name, und Mehemed brauchte eine Macht; da that
er einen Schritt, der dem Scheine nach kuͤhn war, den
er aber als gefahrlos kannte: er ging ins Lager der
Mamelucken und verband ſich mit Bardiſſy.
Aber auch hier, eingedenk des Grundſatzes, daß der
Theilende herrſcht, trennte er ſogleich die Intereſſen,
und ſchied ſich einen neuen Hinterhalt, die Albaneſen,
heraus. Die Albaneſen mußten ihm ſpaͤter zu Allem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie angelegten Reflexionen über "Öffentliche Charaktere" in der Augsburger Allgemeinen Zeitung erscheinen. In Buchform erschien ein erster Band 1835 bei Hoffmann und Campe in Hamburg. Zur Publikation der weiteren geplanten Teile kam es nicht.
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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/116>, abgerufen am 16.02.2025.
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