Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Börne selbst sehr witzig auf den frankfurter Senat angewandt, der nun auch vor den fremden bei ihm eingelegten Garnisonen Mores machen müsse. Die vierzehn nur erlaubten jährlichen Ehen sind zwar der Aufklärung der Zeit gewichen; sogar einige der reichsten Banquiers sind in das christliche Casino aufgenommen worden; aber sonst dauert die Abneigung und die Trennung immer noch fort. Der jüdische Knabe ist in der kecken Sprache der Stadt ein "Juddebub"; die Casinos und die Gesellschaften vermischen sich nicht, die jungen noch so reichen und höchst gebildeten jüdischen Damen kommen mit den weiblichen Sprößlingen der stolzen Patriziergeschlechter in keinerlei Berührung; nur im Theater und Conzert läßt sich die Begegnung nicht vermeiden; sogar die Freimaurerlogen, die doch der Bruderliebe und dem Gott, der das "höchste Wesen" ist, mag er nun Brahma, Allah, Jehova oder Christus heißen, gewidmet sind, selbst diese schließen sich einander aus und mauern jede nach ihrem eignen Religionsbekenntnisse. Wenn sich auch hier wohl Manches zur Entschuldigung der Christen sagen ließe, und die Absondrung, deßwegen, weil die Juden meist sehr wohlhabend sind, und immer den Chef von Frankfurt, Rothschild, an ihrer Spitze haben, Börne selbst sehr witzig auf den frankfurter Senat angewandt, der nun auch vor den fremden bei ihm eingelegten Garnisonen Mores machen müsse. Die vierzehn nur erlaubten jährlichen Ehen sind zwar der Aufklärung der Zeit gewichen; sogar einige der reichsten Banquiers sind in das christliche Casino aufgenommen worden; aber sonst dauert die Abneigung und die Trennung immer noch fort. Der jüdische Knabe ist in der kecken Sprache der Stadt ein „Juddebub"; die Casinos und die Gesellschaften vermischen sich nicht, die jungen noch so reichen und höchst gebildeten jüdischen Damen kommen mit den weiblichen Sprößlingen der stolzen Patriziergeschlechter in keinerlei Berührung; nur im Theater und Conzert läßt sich die Begegnung nicht vermeiden; sogar die Freimaurerlogen, die doch der Bruderliebe und dem Gott, der das „höchste Wesen“ ist, mag er nun Brahma, Allah, Jehova oder Christus heißen, gewidmet sind, selbst diese schließen sich einander aus und mauern jede nach ihrem eignen Religionsbekenntnisse. Wenn sich auch hier wohl Manches zur Entschuldigung der Christen sagen ließe, und die Absondrung, deßwegen, weil die Juden meist sehr wohlhabend sind, und immer den Chef von Frankfurt, Rothschild, an ihrer Spitze haben, <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0066" n="24"/> Börne selbst sehr witzig auf den frankfurter Senat angewandt, der nun auch vor den fremden bei ihm eingelegten Garnisonen <hi rendition="#aq">Mores</hi> machen müsse. Die vierzehn nur erlaubten jährlichen Ehen sind zwar der Aufklärung der Zeit gewichen; sogar einige der reichsten Banquiers sind in das christliche Casino aufgenommen worden; aber sonst dauert die Abneigung und die Trennung immer noch fort. Der jüdische Knabe ist in der kecken Sprache der Stadt ein „Juddebub"; die Casinos und die Gesellschaften vermischen sich nicht, die jungen noch so reichen und höchst gebildeten jüdischen Damen kommen mit den weiblichen Sprößlingen der stolzen Patriziergeschlechter in keinerlei Berührung; nur im Theater und Conzert läßt sich die Begegnung nicht vermeiden; sogar die Freimaurerlogen, die doch der Bruderliebe und dem Gott, der das „höchste Wesen“ ist, mag er nun Brahma, Allah, Jehova oder Christus heißen, gewidmet sind, selbst diese schließen sich einander aus und mauern jede nach ihrem eignen Religionsbekenntnisse. Wenn sich auch hier wohl Manches zur Entschuldigung der Christen sagen ließe, und die Absondrung, deßwegen, weil die Juden meist sehr wohlhabend sind, und immer den Chef von Frankfurt, Rothschild, an ihrer Spitze haben, </p> </div> </body> </text> </TEI> [24/0066]
Börne selbst sehr witzig auf den frankfurter Senat angewandt, der nun auch vor den fremden bei ihm eingelegten Garnisonen Mores machen müsse. Die vierzehn nur erlaubten jährlichen Ehen sind zwar der Aufklärung der Zeit gewichen; sogar einige der reichsten Banquiers sind in das christliche Casino aufgenommen worden; aber sonst dauert die Abneigung und die Trennung immer noch fort. Der jüdische Knabe ist in der kecken Sprache der Stadt ein „Juddebub"; die Casinos und die Gesellschaften vermischen sich nicht, die jungen noch so reichen und höchst gebildeten jüdischen Damen kommen mit den weiblichen Sprößlingen der stolzen Patriziergeschlechter in keinerlei Berührung; nur im Theater und Conzert läßt sich die Begegnung nicht vermeiden; sogar die Freimaurerlogen, die doch der Bruderliebe und dem Gott, der das „höchste Wesen“ ist, mag er nun Brahma, Allah, Jehova oder Christus heißen, gewidmet sind, selbst diese schließen sich einander aus und mauern jede nach ihrem eignen Religionsbekenntnisse. Wenn sich auch hier wohl Manches zur Entschuldigung der Christen sagen ließe, und die Absondrung, deßwegen, weil die Juden meist sehr wohlhabend sind, und immer den Chef von Frankfurt, Rothschild, an ihrer Spitze haben,
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