Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.wenn wir erfahren, daß bei ihr kein Vortheil im Hintergrunde stand. So feindselig für Börne's Gemüth und Sinnesweise z. B. die Bestechlichkeit eines Mirabeau, die geniale Unsittlichkeit eines Danton wirken mußten, so sehr zog ihn im Gegentheil alles an, was man über Robespierre's häusliches Leben erfahren hat, die Armuth, in der er starb, die Einfachheit seiner Lebensweise, ja, um noch eins zu nennen, was für Börne's Seelenleben entscheidend ist, die Kunde von Robespierre's Hypochondrie und Schüchternheit im Umgang; der Menschenhaß, den man bei diesem dunkeln Charakter gewöhnlich als die Ursache seiner Grausamkeit anzunehmen pflegt, schien Börne eher ein Unglück, als eine Leidenschaft zu sein. Je mehr er in Erfahrung brachte, daß Robespierre im Leben linkisch war, nicht reden konnte, sparsam lebte, an Hypochondrie litt, in einem kleinen Hause still und traulich bei seiner Schwester wohnte, endlich für Geld und Sinnlichkeit unempfänglich war, desto gerechtfertigter wurde ihm die historische Erscheinung und fürchterliche Stellung desselben zur Geschichte. Wenn sich Börne geirrt hätte, so beweist diese Art des Irrthums doch die Tiefe seines Gemüths und einen sittlichen Ernst, der in der That auch sein ganzes Leben verklärte. wenn wir erfahren, daß bei ihr kein Vortheil im Hintergrunde stand. So feindselig für Börne’s Gemüth und Sinnesweise z. B. die Bestechlichkeit eines Mirabeau, die geniale Unsittlichkeit eines Danton wirken mußten, so sehr zog ihn im Gegentheil alles an, was man über Robespierre’s häusliches Leben erfahren hat, die Armuth, in der er starb, die Einfachheit seiner Lebensweise, ja, um noch eins zu nennen, was für Börne’s Seelenleben entscheidend ist, die Kunde von Robespierre’s Hypochondrie und Schüchternheit im Umgang; der Menschenhaß, den man bei diesem dunkeln Charakter gewöhnlich als die Ursache seiner Grausamkeit anzunehmen pflegt, schien Börne eher ein Unglück, als eine Leidenschaft zu sein. Je mehr er in Erfahrung brachte, daß Robespierre im Leben linkisch war, nicht reden konnte, sparsam lebte, an Hypochondrie litt, in einem kleinen Hause still und traulich bei seiner Schwester wohnte, endlich für Geld und Sinnlichkeit unempfänglich war, desto gerechtfertigter wurde ihm die historische Erscheinung und fürchterliche Stellung desselben zur Geschichte. Wenn sich Börne geirrt hätte, so beweist diese Art des Irrthums doch die Tiefe seines Gemüths und einen sittlichen Ernst, der in der That auch sein ganzes Leben verklärte. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0054" n="12"/> wenn wir erfahren, daß bei ihr kein Vortheil im Hintergrunde stand. So feindselig für Börne’s Gemüth und Sinnesweise z. B. die Bestechlichkeit eines Mirabeau, die geniale Unsittlichkeit eines Danton wirken mußten, so sehr zog ihn im Gegentheil alles an, was man über Robespierre’s häusliches Leben erfahren hat, die Armuth, in der er starb, die Einfachheit seiner Lebensweise, ja, um noch eins zu nennen, was für Börne’s Seelenleben entscheidend ist, die Kunde von Robespierre’s Hypochondrie und Schüchternheit im Umgang; der Menschenhaß, den man bei diesem dunkeln Charakter gewöhnlich als die Ursache seiner Grausamkeit anzunehmen pflegt, schien Börne eher ein Unglück, als eine Leidenschaft zu sein. Je mehr er in Erfahrung brachte, daß Robespierre im Leben linkisch war, nicht reden konnte, sparsam lebte, an Hypochondrie litt, in einem kleinen Hause still und traulich bei seiner Schwester wohnte, endlich für Geld und Sinnlichkeit unempfänglich war, desto gerechtfertigter wurde ihm die historische Erscheinung und fürchterliche Stellung desselben zur Geschichte. Wenn sich Börne geirrt hätte, so beweist diese Art des Irrthums doch die Tiefe seines Gemüths und einen sittlichen Ernst, der in der That auch sein ganzes Leben verklärte.</p> </div> </body> </text> </TEI> [12/0054]
wenn wir erfahren, daß bei ihr kein Vortheil im Hintergrunde stand. So feindselig für Börne’s Gemüth und Sinnesweise z. B. die Bestechlichkeit eines Mirabeau, die geniale Unsittlichkeit eines Danton wirken mußten, so sehr zog ihn im Gegentheil alles an, was man über Robespierre’s häusliches Leben erfahren hat, die Armuth, in der er starb, die Einfachheit seiner Lebensweise, ja, um noch eins zu nennen, was für Börne’s Seelenleben entscheidend ist, die Kunde von Robespierre’s Hypochondrie und Schüchternheit im Umgang; der Menschenhaß, den man bei diesem dunkeln Charakter gewöhnlich als die Ursache seiner Grausamkeit anzunehmen pflegt, schien Börne eher ein Unglück, als eine Leidenschaft zu sein. Je mehr er in Erfahrung brachte, daß Robespierre im Leben linkisch war, nicht reden konnte, sparsam lebte, an Hypochondrie litt, in einem kleinen Hause still und traulich bei seiner Schwester wohnte, endlich für Geld und Sinnlichkeit unempfänglich war, desto gerechtfertigter wurde ihm die historische Erscheinung und fürchterliche Stellung desselben zur Geschichte. Wenn sich Börne geirrt hätte, so beweist diese Art des Irrthums doch die Tiefe seines Gemüths und einen sittlichen Ernst, der in der That auch sein ganzes Leben verklärte.
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